1. Klasse in Regionalzügen soll bleiben
Linken-Chef Bernd Riexinger will die besseren Plätze abschaffen. Doch der Gegenwind ist groß.
BERLIN (dpa) Schneller ist sie nicht, aber angenehmer: Mit der 1. Klasse im Regiozug kommen Pendler meist entspannter ins Büro. Mehr Platz, mehr Ruhe – zum Arbeiten oder für ein Nickerchen. Nun heißt es: Hinweg die Glastüren mit der„1“! „Die sollten einfach für alle geöffnet werden“, fordert Linke-Chef Bernd Riexinger. Sein Ziel: die Abschaffung der 1. Klasse im Nahverkehr. „Dann hätten wir auf einen Schlag mehr Kapazität für alle – und zwar praktisch gratis.“
Doch so einfach ist es nicht. Widerspruch folgte prompt. „Sozialistische Gleichmacherei“, sieht der Bahnbeauftragte der Bundesregierung, Enak Ferlemann. „Grober Unfug“, kommentierte der Fahrgastverband Pro Bahn und der Verband deutscher Verkehrsunternehmen schloss sich an. Die Bahn selbst machte deutlich, dass es nicht viel bringen würde, die privilegierten Plätze abzubauen.
Was genau stört Riexinger? „Wir leisten es uns, in überfüllten Regionalexpressen fast leereWaggons mit Wagen der 1. Klasse mitzuschleppen“, erklärte der Linke-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Bus und Bahn müssten aber für alle gut werden, nicht „überfüllt für die einen und fast leer für die anderen“. Die 1. Klasse gehöre abgeschafft, im Bus gebe es sie ja auch nicht.
Allerdings gibt es gar nicht mehr so viele 1.-Klasse-Plätze wie früher. Bei der S-Bahn sind sie außer in Frankfurt und Stuttgart Geschichte. Und in Regionalzügen sind ganze Wagen für die besseren Plätze – wie von Riexinger beschrieben – äußerst selten. Es sind meist kleinere Bereiche oder einzelne Etagen in Doppelstockwagen.
Die Deutsche Bahn fährt zwei Drittel aller Regionalzüge in Deutschland. 6,5 Prozent ihrer rund eine Million Sitzplätze sind nach Konzernangaben noch der 1. Klasse vorbehalten. „Der Anteil der 1.-Klasse-Kapazitäten ist über die Jahre zurückgegangen, allerdings wird dieses Angebot weiterhin in vielen Regionen nachgefragt“, sagte ein Sprecher. Manchmal sind die Sitze nicht breiter als in der 2. Klasse. Die Bahn geht davon aus, dass ein Ende der 1. Klasse nur „sehr geringfügig“mehr Plätze bringen würde.
„Wenn ich mehr Platz schaffen will, brauche ich längere Züge“, sagte der Ehrenvorsitzende des Verbands Pro Bahn, Karl-Peter Naumann. Die 1. Klasse aber müsse bleiben. Gerade auf längeren Strecken und im Berufsverkehr schätzten Fahrgäste die Aussicht auf freie Sitzplätze und ruhiges Arbeiten. Fahre in einem Zug mal ein Wagen mit weniger 1.-Klasse-Plätzen als vorgesehen, gingen sofort Kundenbeschwerden ein, sagte ein Sprecher des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg. Der Verbund bestellt im Auftrag der Länder, Landkreise und StädteVerkehrsleistungen für die Region. So ist es bundesweit: Eisenbahnunternehmen statten ihre Züge so aus, wie es die öffentlichen Auftraggeber der Region möchten.