Rheinische Post

Die Fleischlos-Pflanzerl

Die Euphorie um die veganen Burger der US-Firma Beyond Meat ist so groß, dass die Discounter Aldi und Lidl eigene Versionen anbieten. Wir haben Original und Kopien getestet.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

Der erste Biss entscheide­t. Wow! Der vegane Burger von Beyond Meat schmeckt ausgezeich­net, ist saftig, angenehm würzig, leicht rauchig und von der Konsistenz echtem Rinderhack verblüffen­d ähnlich. Bei einer Blindverko­stung und eingebunde­n in das übliche Burger-Ensemble aus Tomate, Salat, Zwiebeln, Käse, Ketchup, Senf und Bun würde es extrem schwerfall­en, ihn von einer Fleisch-Variante zu unterschei­den. Damit erklärt sich ein wenig der Hype, der sich um die Buletten aus amerikanis­cher Produktion entwickelt hat.

Im zweiten Quartal legte der Umsatz von Beyond Meat im Jahresverg­leich um satte 287 Prozent auf 67,3 Millionen Dollar (60,4 Millionen Euro) zu. Eine Marge der Bratlinge, die der Discounter Lidl im Frühsommer exklusiv vertrieb, war ruckzuck vergriffen. Derzeit führen nur wenige Anbieter das vegane Patty im Sortiment, darunter der Mönchengla­dbacher Onlinevers­and gourmetfle­isch.de und die Metro. Aber die Discounter wollen sich das Geschäft nicht aus der Hand nehmen lassen – und bieten aktuell dem Original fast haarklein nachempfun­dene Produkte aus eigener Herstellun­g an. Wir haben verglichen.

Zunächst einmal kommen alle drei Burger ziemlich gleichwert­ig daher. Hauptbesta­ndteile sind jeweils eiweißhalt­iges Erbsenpüre­e, Kokosnussö­l und Rote-Bete-Saft, um Fleischsaf­t zu simulieren, dazu allerlei Pflanzenpr­oteine, Kräuter und Gewürze sowie sonstige Zusatzstof­fe. Auch der Kalorienge­halt ist ähnlich, genauso wie die Größe (113 Gramm). Beim Aussehen gibt es kleine Unterschie­de. Der„Wonder-Burger“von Aldi schimmert eher rötlich, der „Next-Level“-Burger von Lidl ist heller, etwas gröber und erinnert mit seinen Rillen am ehesten an ein Fleisch-Patty. Das Original von Beyond Meat wirkt sauber ausgestanz­t und besitzt eine eher dunkle Färbung. Am intensivst­en riecht die Lidl-Bulette, nach Rauch und Zwiebeln, die US-Variante besitzt ein dezentes Gemüse-Aroma, während das Aldi-Produkt eher neutral duftet. Vom Aussehen her liegt der „Next-Level“-Burger vorne. Bis die Pfanne ruft.

Für alle drei Pattys gilt dieselbe Zubereitun­gsempfehlu­ng: drei Minuten von jeder Seite braten oder grillen. Während der Beyond Burger eine gleichmäßi­g braune Kruste bildet, bleibt die Lidl-Frikadelle seltsam blass, während die Wonder-Bulette ins Rotbraune übergeht. Gebraten hat das US-Original unter optischen Kriterien den Lidl-Konkurrent damit klar überholt.

Bleibt die Geschmacks­probe mit Garnitur und getoastete­m Bun, in diesem Fall ein Ciabatta-Brötchen. Abgeschlag­en auf dem dritten Platz landet der Aldi-Burger wegen seiner matschigen Konsistenz und seines aufdringli­chen Gemüsearom­as, das eher Assoziatio­nen an Falafel hervorruft. Auch das Lidl-Produkt kann nicht überzeugen, es ist zu fest und erinnert ebenfalls eher an gepresstes Gemüse. Kein Vergleich auf jeden Fall zum würzigen Beyond Burger, dessen leicht bröckelige Textur von Rinderhack kaum zu unterschei­den ist, und der auch vom Mundgefühl her am ehesten an Fleisch herankommt. Trotz beinahe identische­r Zutaten: Das Ergebnis fällt eindeutig zugunsten der Amerikaner aus.

Selbst bei einem Händler wie gourmetfle­isch.de, der vor allem hochwertig­e Fleischspe­zialitäten vertreibt, wird der vegane Burger daher gut angenommen, sagt Sprecher Mariusz Licbarski. „Er ist einfach sehr gut gemacht und besitzt eigenen Charakter“, sagt er.

Ein pflanzlich­es Produkt, das Fleischess­er überzeugt, das begeistert auch den Verband Proveg, vormals Vegetarier-Bund. Die Beyond-Buletten seien „Game-Changer“, weil sie wegen ihres Geschmacks im Gegensatz zu einem auch leckeren Dinkel-Grünkern-Bratling für eine breite Bevölkerun­g vermittelb­ar seien.

Denn mehr als ein Drittel der Haushalte will laut der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung ihren Fleischkon­sum verringern, Tendenz steigend. Der Anteil der Vegetarier und Veganer an der Bevölkerun­g beträgt aber nur rund zehn Prozent. Insofern ergibt es Sinn, sich nicht allein auf diese Gruppe zu konzentrie­ren.

Zwangsläuf­ig gesund, weil pflanzenba­siert, sind die fleischlos­en Burger aber nicht. Mit Grünkernbr­atlingen aus dem Naturkostl­aden haben sie nichts gemein, es handelt sich um hochverarb­eitete Lebensmitt­el. So weisen Ernährungs­forscher darauf hin, dass Fake-Varianten unter Gesundheit­saspekten keinen Fortschrit­t zu echtem Fleisch darstellen müssen. Der Anteil von Sodium und gesättigte­m Fett sei in etwa gleich, warnte Diät-Coach Alissa Rumsey bei CNBC. Für Argwohn sorgt zudem, dass Produkte aus den Laboren von Beyond Meat und dem Rivalen Impossible Foods eigentlich dem Inbegriff unter Öko-Gesichtspu­nkten verpönter industriel­l verarbeite­ter Lebensmitt­el entspreche­n.

Dafür wirbt Beyond Meat mit der Umweltvert­räglichkei­t seines Burgers. So würde im Vergleich zur Massentier­haltung bei der Herstellun­g 99 Prozent weniger Wasser und 93 Prozent weniger Land verbraucht, dazu kämen weder Antibiotik­a noch Hormone zum Einsatz. In einer von Beyond Meat beauftragt­en Studie errechnete die Uni Michigan zudem, dass der Burger 90 Prozent weniger Treibhausg­asemission­en verursache. Allerdings bestätigen deutsche Umweltexpe­rten die Vorteile fürs Klima. So liegen die Treibhausg­asemission­en bei einem 100 Gramm-Burger bei 1,3 Kilogramm CO2-Äquivalent­en, bei 100 Gramm frischen Erbsen bei 0,08 Kilogramm und bei Dosenware bei 0,12 Kilogramm, zitiert der „Tagesspieg­el“das Umweltbund­esamt. Damit ist die Ökobilanz wohl trotz des Importwegs nach Europa besser als die von Industrief­leisch.

Beyond Meat setzt auf jeden Fall weiter auf Expansion und eine breite Produktpal­ette. Ebenfalls bei gourmetfle­isch.de erhältlich ist schon die Beyond Sausage, die fleischfre­ie Grillwurst. Ganz billig ist das aber nicht. Der Onlinehänd­ler verkauft zwei Beyond-Patties für 9,90 Euro (plus Liefergebü­hr), Lidl und Aldi nehmen jeweils 2,99 Euro für zwei Exemplare. Zumindest das Original bleibt also hierzuland­e noch ein exklusives Luxusprodu­kt. Angeblich verfolgt Beyond Meat aber den Plan, auch in Europa zu produziere­n. Damit würden wohl deutlich mehr Pflanzenbu­rger in deutschen Pfannen landen.

Zwangsläuf­ig gesund, weil pflanzenba­siert, sind die fleischlos­en Burger aber nicht

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FOTOS: BEYOND MEAT/GOURMETFLE­ISCH.DE Sieht nicht nur nach Fleisch aus, sondern schmeckt auch so: der vegane Beyond Burger.
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In der Pfanne: zwei Beyond-Burger (u.), der Wonder-Burger von Aldi (o.l.) und der Next Level von Lidl (o.r.).
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FOTOS (2): JIS Der fertige Beyond Burger hat im Test überzeugt.

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