Von Audrey Hepburn bis Gunter Sachs: Die spanische Küstenstadt lockte einst viele Promis an. Was ist davon geblieben? Mythos Marbella
MARBELLA (dpa) Auf einem Esel kommt Alfonso Prinz zu Hohenlohe im Scheichkostüm auf die Party geritten. „Arabian Nights“lautete das Motto der Sause im berühmten Marbella Club Hotel – und die Reichen und Schönen kamen in Scharen. „Damals gab es jede Woche eine Themen-Party“, erinnert sich sein Vetter Rudolf Graf von Schönburg an die 60er und 70er, in denen der internationale Jetset an Marbella und Alfonso (1924-2003) nicht vorbeikam. Doch wie ist es heute um die Stadt bestellt?
Ein Blick zurück. „Conde Rudi“, wie der 86-jährige Graf von Schönburg allseits liebevoll betitelt wird, begann 1957 als Absolvent der Hotelfachschule in Lausanne seine Laufbahn im Marbella Club und führte die 1954 eröffnete Luxusherberge Alfonsos später jahrzehntelang als Direktor. Sein geschäftstüchtiger Cousin war viel in St. Moritz und Hollywood unterwegs und rührte die Werbetrommel für das kleine Paradies in Südspanien.
„Conde Rudi“hat sie alle persönlich gekannt, mit ihnen gefeiert und ihre Aufenthalte bis ins Detail betreut: den deutschen „Playboy“Gunter Sachs und Filmstar Brigitte Bardot, Opernsängerin Maria Callas und Reeder Aristoteles Onassis, Hollywoodgrößen wie Audrey Hepburn und Sean Connery, Präsidenten und Könige. Bis heute kommt er täglich ins Hotel, und nimmt auf einem weißen Korbsessel im andalusischen Patio Platz. Keiner kann besser als er aus dem Nähkästchen plaudern, wenn es um die Zeit geht, als Marbella in einem Atemzug mit Saint-Tropez und Capri genannt wurde.
„Wir haben fast jeden deutschen Kanzler hier gehabt, außer Helmut Schmidt, der kam nur zum Essen vorbei“, erzählt der Graf. „Der Schmidt meinte: ‚Ich kann doch nicht im Marbella Club wohnen. Das ist viel zu jetsetty, zu viel Highlife.’“Audrey Hepburn habe er besonders gemocht, erzählt er, „das war eine echte Dame“. Sein Blick schweift über die prachtvolle Pflanzenwelt des Innenhofs. Eine Oase der Stille, in der schicke Gäste flanieren und Kellner in Livree Drinks servieren.
Es sei kaum zu glauben, wie viele Promis der Marbella Club – der am Anfang nur 18 Zimmer hatte – in kurzer Zeit anlocken konnte. Die Gäste wohnten aber auch wie in einem Schloss und „nicht in schablonenartigen Hotelzimmern“.
Wenige Kilometer entfernt befindet sich ein weiterer Treffpunkt der High Society: der 1970 eingeweihte Hafen Puerto Banús. Auch im Sommer 2019 liegen riesige Yachten vor der Promenade, viele gehören arabischen Ölmillionären. Designerläden sind in schmucke weiße Häuser integriert, davor parken Porsche und Lamborghini. Touristen in Flipflops und Muskelshirts bewundern die Nobelkarossen und posieren grinsend für ein Foto.
„Marbella ist auch heute noch eine Welt der Reichen“, sagt der Franzose Sebastien, der als Kapitän teure Yachten hütet und die Besitzer zu Spritztouren auf das Meer fährt. „Es ist einer dieser Orte, wo die Leute zeigen können, was sie haben, und sich dabei mit anderen messen.“Im Ocean Club in Puerto Banús etwa, wo abends getanzt wird. Oder im Strandrestaurant Chiringuito des Hotels Puento Romano. Hier kocht ein Deutscher. Thomas Stork aus Oberbayern, der unter anderem bei Sternekoch Heinz Winkler in Aschau gelernt hat, verwöhnt auch häufig Promis in den diversen Restaurants des Hotels. Berühmt ist sein „Sea Grill“. Die Fußball-Weltmeister Manuel Neuer und Toni Kroos haben hier schon gespeist, ebenso Tennislegende Boris Becker, Model Adriana Lima und Mitglieder der spanischen Königsfamilie.
„Marbella ist heute wieder groß im Kommen“, sagt der 46-Jährige. Früher habe es höchstens drei richtig gute Restaurants gegeben, „heute gibt es viele Fünf-Sterne-Hotels und Spitzenlokale auf sehr hohem Niveau“. Dabei sei Marbella eine günstige Alternative zur Côte d’Azur.
Was viele immer wieder herlockt, ist das „Mikroklima“mit stets angenehmen Temperaturen. Das hat Marbella der Sierra Blanca mit dem Berg La Concha (1215 Meter) zu verdanken. „Man sitzt hier wegen der Sierra quasi im toten Winkel, wie in einem Nest“, erläutert „Conde Rudi“und deutet auf das Gebirge.
Dank des Klimas wuchert zudem eine üppige Vegetation. Diese ist auch in der malerischen Altstadt zu bewundern: Von den Balkonen schlängeln sich Blumen hinab, die Gässchen sind mit Palmen gesprenkelt. Die Uferpromenade ist dagegen ein bisschen weniger stilvoll. Gesichtslose Hochhäuser reihen sich aneinander, am Paseo Marítimo wimmelt es nur so von billigen Souvenirständen und Bars mit Plastikstühlen.
So wie in den 60er und 70er Jahren werde es sowieso nie mehr, sagt „Conde Rudi“nachdenklich: „Das ist der Lauf der Dinge.“Auch im Marbella Club Hotel „quillt es nicht mehr über vor lauter Promis“. Rocksänger Sting sei letztens da gewesen, Fußballstar Cristiano Ronaldo auch. Etwas Wehmut schwingt mit.
Nach jenen Zeiten, „als elegante Leute kamen, die sich hübsch angezogen haben und einfach Spaß haben wollten“, wie der Graf es formuliert. Nach den Kostümfesten im Beach Club unter freiem Himmel. Nach den Abenden, an denen Promis aller Couleur zusammen tanzten und turtelten. Und nach einem verkleideten Prinzen, der auf einem Esel zur arabischen Nacht ritt.