Rheinische Post

Die Liga hofft auf Münchner Schwächen

Serienmeis­ter Bayern ist erneut der Top-Favorit in der Bundesliga, aber die Spitzentea­ms signalisie­ren gewachsene­s Selbstvert­rauen

- VON ROBERT PETERS

DÜSSELDORF Eigentlich ist es wie immer. Irgend jemand fragt vor der Saison mal bei den Bundesliga-Trainern herum, wen sie sich denn als deutschen Meister vorstellen können. Und alle, jedenfalls fast alle, sagen: Bayern München, das am Freitag die Meistersch­aft in der Begegnung mit Hertha BSC eröffnet. So ist das auch diesmal. Nur Florian Kohfeldt, der Coach von Werder Bremen, legt sich auf Borussia Dortmund fest.

So richtig kühn ist das nicht, schließlic­h hat der BVB in der vergangene­n Spielzeit lange mit einem komfortabl­en Vorsprung die Tabelle angeführt und den Abo-Meister Bayern tüchtig geärgert. Im Grunde genommen hat Dortmund den Titel verspielt. Und weil die Westfalen aus lauter Wut darüber einerseits mächtig Geld in sehr passende neue Spieler investiert haben und anderersei­ts längst nicht mehr verschämt um Meistersch­aftsambiti­onen herumdruck­sen, gehören sie ganz sicher zu den Topfavorit­en.

Aber die Liga scheint insgesamt etwas mutiger an ihr Geschäft heranzugeh­en. Julian Nagelsmann, dem noch niemand einen Mangel an Selbstbewu­sstsein unterstell­en durfte, findet: „Es wird der Klasse der sieben, acht Mannschaft­en im oberen Drittel nicht gerecht, wenn nur zwei Mannschaft­en als Meisterkan­didaten genannt werden.“Ohne falsche Bescheiden­heit rechnet der neue Trainer von RB Leipzig sein Team zu jenen, die zumindest auf Dauer mal am Thron der Bayern wackeln können.„In den nächsten vier Jahren sollte für Leipzig schon ein Titel drin sein“, erklärt Nagelsmann.

Wahrschein­lich hätte er nichts dagegen einzuwende­n, wenn dieser schöneVier­jahresplan schon viel zeitiger vollendet würde. Noch ist er dabei, den Leipzigern seine Idee vom Fußball zu vermitteln. Er sieht sich auf einem gutenWeg, das frühe Attackiere­n seines Vorgängers Ralf Rangnick um bedeutende Passagen des Ballbesitz­fußballs zu erweitern. Dass Rangnick ihm das Erbe eines dritten Rangs und den Einzug ins Pokalfinal­e hinterließ, erschreckt ihn nicht. Es ist ihm eher Ansporn.

Auch die Leverkusen­er machen sich nicht kleiner, als sie sind. Deshalb sagte Simon Rolfes, der Leiter der Direktion Sport, beim Fußballgip­fel der Rheinische­n Post bestimmt nicht zufällig jenen Satz, den sein Geschäftsf­ührer Rudi Völler zu eben diesem Anlass jahrelang geduldig wiederholt­e: „Wenn die Bayern schwächeln, dann müssen wir da sein.“Das heißt ja nicht: Wir freuen uns, wenn uns die Bayern das Stadion vollmachen, und in freundlich­er Anerkennun­g ihrer Verdienste geben wir die Punkte ab.

Aber werden die Bayern schwächeln? In den zurücklieg­enden sechs Jahren taten sie es genau zweimal. 2017, als Trainer Carlo Ancelotti offenkundi­g ein wenig zu viel entspannte Lebensart auf den Trainingsp­latz brachte, und 2018, als Niko Kovac die Ansprüche des Führungsdu­os Karl-Heinz Rummenigge/Uli Hoeneß noch nicht vollends verinnerli­cht hatte. Die erste Krise legten die Münchner bei, indem sie Jupp Heynckes von seinem Altenteil im niederrhei­nischen Dörfchen Fischeln holten. Die zweite erledigte Kovac mit dem ihm so eigenen Sinn für nüchterne Arbeit am Projekt. 2017 war weder Dortmund noch Leverkusen da, als die Bayern sich eine Blöße nach der anderen gaben, über 2018 sagen die Geschichts­bücher: Auch da kriegte München die Kurve. Aber diesmal war es bedeutend enger. Es sollte sich daher niemand wundern, wenn es 2019/20 richtig spannend wird.

Es sollte sich aber auch niemand wundern, wenn wieder die ewigen Bayern am Ende die Nase vorn haben.

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FOTO: AFP Marco Reus (l.) und Leon Goretzka im Zweikampf beim Supercup.

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