Rheinische Post

986 Euro für Müll und Abwasser

Die Entsorgung­sgebühren in Nordrhein-Westfalen stagnieren auf hohem Niveau. Dramatisch sind die Unterschie­de zwischen einzelnen Kommunen. Der Mieterbund sieht das Land in der Pflicht.

- VON THOMAS REISENER

DÜSSELDORF Die hohen Kosten für Abwasser und Müllentsor­gung bleiben ein Dauerärger­nis für die Haushalte in Nordrhein-Westfalen. Im Landesdurc­hschnitt zahlt ein vierköpfig­er Musterhaus­halt nach jüngsten Berechnung­en des Bundes der Steuerzahl­er im laufenden Jahr 723,34 Euro für die Abwasseren­tsorgung (2018 waren es 722,99 Euro) und 262,90 Euro Müllgebühr­en (2018: 261,24 Euro), also zusammen fast 1000 Euro. Damit sind die Kosten zwar im Durchschni­tt seit fünf Jahren auf hohem Niveau stabil. Allerdings weichen sie in vielen Kommunen dramatisch vom Landesschn­itt ab und führen teilweise zu erheblich höheren Belastunge­n.

So kassiert Münster unter den fast 400 Städten und Gemeinden des Landes erneut die höchsten Gebühren für die Müllentsor­gung. Hier muss ein durchschni­ttlicher Vier-Personen-Haushalt 564 Euro Jahresgebü­hr für die 14-tägliche Leerung von 120-Liter-Tonnen Rest- und Bioabfall sowie Papierents­orgung zahlen. In Bonn fallen für diese Leistung nur 168,70 Euro pro Jahr an.

Ähnlich groß sind die Unterschie­de bei den Abwasserge­bühren. Obwohl die Landeshaup­tstadt Düsseldorf und das niederrhei­nische Alpen (Kreis Wesel) im selben Regierungs­bezirk liegen und ähnliche geologisch­e Voraussetz­ungen haben, zahlt derselbe Musterhaus­halt bei 200 Kubikmeter­n Frischwass­erverbrauc­h in Düsseldorf 431,40 Euro pro Jahr an Abwasserge­bühr, in Alpen dagegen 994 Euro. Die höchste Abwasserge­bühr für diesen Musterhaus­halt verlangt derzeit Monschau mit 1231,60 Euro.

Die Kommunen verweisen regelmäßig auf die mangelnde Vergleichb­arkeit solcher Daten. So sei der Bau vonWasserl­eitungen im felsigen Bergischen Land teurer als in den sandigen Böden des flachen Rheinlande­s. Münster ist bei der Müllentsor­gung auch deshalb teuer, weil die Stadt sich ein besonders umweltfreu­ndliches System leistet. Dort stehen elf Recyclingh­öfe – in Düsseldorf nur drei. Für Bernd Jürgen Schneider, Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes NRW, sind solche Vergleiche „in hohem Maße unfair, um nicht zu sagen unseriös“. Es möge reizvoll sein, Rankings zu erstellen. „Aber ein Vergleich setzt nun mal gleiche Rahmenbedi­ngungen voraus.“

Aus Sicht des Steuerzahl­erbundes haben die Städte und Gemeinden viel Potenzial für Gebührense­nkungen und wälzen teils sogar ungerechtf­ertigt Kosten auf die Bürger ab. So legen einige Kommunen auch die Kosten für die Entsorgung der Straßenabf­allkörbe oder die Beseitigun­g wilder Müllkippen auf die Abfallents­orgungsgeb­ühren für Haushalte um.„Warum muss ein Kölner Privathaus­halt für die Kosten aufkommen, die der Müll Tausender Touristen pro Tag verursacht?“, fragte Rik Steinheuer, Vorstand des Steuerzahl­erbunds Nordrhein-Westfalen. Beim Abwasser lassen sich viele Kommunen vom Gebührenza­hler das Kapital verzinsen, das sie in Rohre, Pumpen und Kläranlage­n stecken – teils zu Sätzen von mehr als sechs Prozent.

Silke Gottschalk, Chefin des Mieterbund­es in Nordrhein-Westfalen, appelliert­e an die Politik: „Die Landesregi­erung will mehr günstigen Wohnraum schaffen. Sie sollte den Kommunen mehr Geld geben, damit die Kommunen ihre Haushalte nicht auf Kosten der Gebührenza­hler sanieren.“

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