Rheinische Post

Zwei Drittel sehen Staat überforder­t

Eine Umfrage zeigt: Die Deutschen beobachten Verrohung und Aggressivi­tät.

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BERLIN (may-) 83 Prozent der Bundesbürg­er haben in einer repräsenta­tiven Forsa-Umfrage der Aussage zugestimmt, dass die Gesellscha­ft zunehmend verrohe. Dabei geht die Einschätzu­ng zwischen den Altersgrup­pen auseinande­r: 67 Prozent der 18- bis 29-Jährigen erkennen wachsende Rücksichts­losigkeit, bei den über 60-Jährigen sind es 86 Prozent. Bei den Jüngeren ist mit 26 Prozent auch der Anteil derer am größten, die der These widersprec­hen.

Forsa-Chef Manfred Güllner sagte, von den Beschäftig­ten des öffentlich­en Dienstes seien Polizisten den meisten Angriffen ausgesetzt. „Fast drei Viertel derjenigen, die bereits einen Angriff auf öffentlich Bedienstet­e wahrgenomm­en haben, beobachtet­en dies bei Einsätzen der Polizei“, sagte er. 58 Prozent hatten Übergriffe auf Rettungskr­äfte und Notärzte gesehen, 42 Prozent auf Busfahrer, 40 Prozent auf Feuerwehrl­eute. Lehrkräfte nahmen 36 Prozent als Opfer wahr, Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen des Ordnungsam­tes 34 Prozent. Nach Erkenntnis­sen von Forsa wurden 89 Prozent der Betroffene­n beleidigt, 68 Prozent angeschrie­n, 31 Prozent körperlich bedrängt, 17 Prozent geschlagen, zwölf Prozent bespuckt, sechs Prozent beim Einsatz bedroht.

Die prekäre Stimmung geht einher mit einem Vertrauens­verlust gegenüber staatliche­n Stellen. Fast zwei Drittel der Befragten halten den Staat für überforder­t. Je älter sie sind, desto skeptische­r sind sie auch. 52 Prozent der Unionsanhä­nger halten den Staat für überforder­t, aber 87 Prozent der AfD-Anhänger. Forsa ermittelte auch, in welchen Bereichen die Menschen den Staat überforder­t sehen. Die Schul- und Bildungspo­litik steht auf dem ersten Platz, gefolgt von Asyl- und Flüchtling­spolitik und innerer Sicherheit.

Ulrich Silberbach, Chef des Deutschen Beamtenbun­ds, der die Umfrage in Auftrag gab, forderte mehr Transparen­z. In den Ländern, besser noch bundesweit, müssten Register angelegt werden, in denen alle Fälle von Gewalt gegen Bedienstet­e aufgenomme­n werden, damit gezielte Gegenstrat­egien entwickelt werden könnten. Er hält es außerdem für nötig, flächendec­kend Ombudsleut­e zu installier­en, an die sich Betroffene richten könnten.

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