Rheinische Post

Xhaka – ein Anführer made in Gladbach

Beim FC Arsenal nennen sie den Ex-Borussen „The Boss“. Zuletzt trug er die Kapitänsbi­nde. Borussia hat an dieser Entwicklun­g ihren Anteil.

- VON KARSTEN KELLERMANN

LONDON Für seine Kollegen beim FC Arsenal ist Granit Xhaka„The Boss“. Trainer Unai Emery hat dem in vielen Spielen der Vorbereitu­ng auf diese Saison und auch im ersten Saisonspie­l des Londoner Premier-League-Klubs gegen Newcastle United (2:1) Rechnung getragen und dem 26-Jährigen die Kapitänsbi­nde gegeben. Emery hat sich in der Frage, wer sein Team offiziell anführt, zwar noch nicht offiziell festgelegt. Doch dürfte den Job auch beim bevorstehe­nden Doppelpack gegen die Champions-League-Finalisten – erst beim FC Liverpool, dann gegen Tottenham Hotspur – ebenfalls Xhaka machen. Neu ist das nicht für ihn, schließlic­h war er auch Kapitän des Bundesligi­sten Borussia Mönchengla­dbach, bevor er 2016 für 45 Millionen Euro nach London wechselte.

Die Chef-Werdung des Granit Xhaka war am Niederrhei­n indes eine mit Umwegen. Als er 2012 vom FC Basel kam, war er schon ein gefeierter Star: U17-Weltmeiste­r, Schweizer Meister und Pokalsiege­r sowie Stammspiel­er beim eidgenössi­schen Spitzenklu­b. Doch in Gladbach, in der Bundesliga, wurde Xhaka wieder zum Lehrling, er war gekommen, um die Fußballwel­t zu erobern, saß aber erst einmal oft auf der Bank. Das war für den Ehrgeizige­n schwer zu verdauen. Wie jetzt für Michael Cuisance, der sich den Widerständ­en entzogen hat durch denWechsel zum FC Bayern, anstatt zu versuchen, sich durchzuset­zen. Xhaka blieb. Und reifte zum Star.

„Granit ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was daraus werden kann, wenn man die Mentalität hat, sich auch mal gegen Widerständ­e zu wehren. Er war Kapitän bei uns, jetzt trägt er auch bei Arsenal die Binde, also ist er ein großer Spieler“, sagt Gladbachs Sportdirek­tor Max Eberl. Xhaka sieht rückblicke­nd vieles von dem, was er damals als Ungemach empfunden hat, jetzt als entscheide­nd für seine Entwicklun­g. „Die vier Jahre in Gladbach haben mich sehr stark geprägt und zu dem Spieler gemacht, der ich jetzt bin. Hier habe ich meine ersten manchmal auch harten Lektionen, etwa auch einmal länger auf der Bank zu sitzen, gelernt. Ich habe in der Zeit viel Disziplin und vor allem Fußballtak­tisches gelernt, von dem ich heute noch profitiere“, sagt Xhaka.

Ein „Kapitän made in Gladbach“ist kein Einzelfall in Europas TopKlubs. Lothar Matthäus und Stefan Effenberg wurden nach ihrer Zeit am Niederrhei­n Kapitän des FC Bayern. In der Jetztzeit trägt Marco Reus bei Borussia Dortmund die Binde. Und Marc-André ter Stegen hatte sie beim FC Bacelona auch schon am Arm, auch ohne das Stoffstück ist der gebürtige Gladbacher einer der Barca-Bosse. Xhaka weiß, „Wir haben bereits als sehr junge Spieler in der Mannschaft und im Verein Verantwort­ung übernommen und sind vorangegan­gen. Diese Möglichkei­t und vor allem das Vertrauen, diese Rolle zu übernehmen hat uns allen dreien die Borussia bereits in sehr jungen Jahren gegeben, und davon profitiere­n nun unsere aktuellen Vereine immens“, erklärt er, warum Gladbach nicht nur eine Talent-, sondern auch eine Anführer-Schmiede ist.

Xhaka ist, sagt mancher, „ein geborener Boss“. Dazu gehört, auch mal anzuecken. Reibung erzeugt Energie. „Das gehört dazu“, sagt Xhaka. Und, die Kollegen anzusporne­n, wenn nötig auch mit großen Worten. Das hat er in Gladbach getan, um dann auf dem Rasen voranzugeh­en, beispielsw­eise als Siegtorsch­ütze im Derby gegen Köln am 14. Februar 2015. Xhaka hatte die Szene lange in seinem Mobiltelef­on gespeicher­t, wohl auch, weil es einer der Momente war, die wichtig für ihn waren auf dem Weg zum Führungssp­ieler.

André Schubert machte ihn, als er Cheftraine­r wurde, gleich zum Kapitän – mit 23. Schubert kanalisier­te damit Xhakas Energie, das gab den vielleicht entscheide­nden Schub zum „Boss“. „Natürlich war das in Gladbach alles noch neu, und jetzt habe ich einige Jahre mehr Führungser­fahrung, aber Aufgabe und Druck sind derselbe“, sagt Xhaka. Darum trägt er die Binde mit dem nötigen Respekt, denn„nicht zuletzt war und ist mir bewusst: In beiden Vereinen tritt man in große Fußstapfen wie etwa von Netzer, Vieira oder Henry, das ist schon eine wirkliche Ehre das Team führen dürfen“, sagt Xhaka.

Als Arsenals Kapitän würde er gern auch im Gladbacher Borussia-Park auflaufen. Möglich wäre das, wenn sein aktueller und sein früherer Klub in der Europa League zusammenge­lost würden. „Das wäre ein absolutes Highlight für mich, keine Frage“, sagt Xhaka.

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FOTO: DPA Beim Saisonauft­akt gegen Newcastle United war Ex-Borusse Granit Xhaka Kapitän des FC Arsenal. Das könnte nun in Liverpool auch so sein.

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