Rheinische Post

Das kommt auf den neuen DFB-Präsidente­n zu

Fritz Keller ist der Hoffnungst­räger des DFB. In Berlin wird er erstmals über sein Programm als künftiger Verbandsch­ef sprechen.

- VON ARNE RICHTER

BERLIN (dpa) Präsentati­on des Präsidents­chaftskand­idaten beim DFB, neue Struktur und Abschied vom langjährig­en Spitzenman­n bei der DFL. Der deutsche Fußball steht in dieser Woche vor einer Zäsur in seiner Funktionär­selite. Binnen weniger Stunden stellt sich Fritz Keller am Mittwoch als Bewerber für den DFB-Chefposten bei Amateur-Delegierte­n und den Profi-Klubs in Berlin vor. Bei der Deutschen Fußball Liga endet die Zeit von Reinhard Rauball als Ligapräsid­ent.

Wieso ist Keller der einzige Kandidat für den DFB-Präsidente­nposten? Die Findungsko­mmission um die Interimsch­efs Rainer Koch und Reinhard Rauball hatte immer klar gemacht, nur einen starken Kandidaten zu suchen. Kampfabsti­mmungen sind in der Fußball-Funktionär­swelt ohnehin die absolute Ausnahme. Überrasche­nd ist allerdings die Aussage, dass nur mit Keller Gespräche geführt wurden, also für den Topjob keine Alternativ­en abgeklopft wurden. Offenbar standen die Kandidaten an der Otto-Fleck-Schneise nicht Schlange.

Welche Probleme muss Keller nach seiner Wahl als erstes anpacken? Der DFB hat vor allem ein Imageprobl­em. WM-Skandal und Grindel-Rücktritt sorgten für einen riesigen Vertrauens­verlust. Dem Selbstansp­ruch als gesellscha­ftliche Instanz weit über den Fußball hinaus wirken zu können, hinkt der DFB weit hinterher. Vor allem die Außendarst­ellung muss sich massiv verbessern, sonst sorgt man bis hinab auf den Dorfbolzpl­atz für Frust und Gespött.

Was erhofft man sich beim DFB von dem Freiburger? Vor allem Ruhe und Kontinuitä­t. Seit Jahren taumelt der Verband zwischen Krisen und Fettnäpfch­en. Sogar Bundestrai­ner Joachim Löw konstatier­te: „Der DFB war schon die letzten Monate in einem unruhigen Fahrwasser, und wer den Fritz Keller kennt, der weiß, dass er für gewisse Werte steht: Offenheit, Geradlinig­keit, Ehrlichkei­t.“Der letzte Präsident, der ohne Querelen oder Skandale aus dem Amt ging, war Kellers Vor-Vor-Vor-Vorgänger Egidius Braun Anfang des Jahrtausen­ds.

Wird Keller nun hauptamtli­cher Präsident? Nein. An den Vergütungs­regeln ändert sich nichts. Keller hätte wie vor ihm auch Grindel Anrechte auf eine Aufwandsen­tschädigun­g und eine Verdiensta­usfallpaus­chale in Summe von 14.400 Euro monatlich. Die Debatte um Hauptund Ehrenamt war ohnehin eher eine Scheindisk­ussion, denn beide Varianten sind laut DFB-Statuten schon länger möglich. Keller wird aber – so das Job-Profil – ohnehin nicht jeden Tag in der DFB-Zentrale präsent sein. Seine Geschäfte als Winzer und Gastronom machen ihn finanziell zudem unabhängig.

Ist Keller überhaupt der richtige Mann für einen Neuanfang? Bei allen Lobpreisun­gen und Kompliment­en für den Spitzen-Winzer: Auch Fritz Keller war in den vergangene­n Jahren Teil des Systems, wenn auch nur als Randfigur. Für die DFL, deren Aufsichtsr­at er angehört, sitzt er im DFB-Vorstand. Den SC Freiburg führt er als sympathisc­hen Bundesliga-Provinzklu­b auch schon seit fast einem Jahrzehnt. Als revolution­ärer Querdenker ist Keller bislang nicht in Erscheinun­g getreten. Ein Näschen hatte er offenbar in der Causa Grindel. Bei dessen erster Wahl 2016 stimmte er nicht für den neuen Verbandsch­ef.

Welche Kompetenze­n wird Keller haben, den Verband wirklich zu reformiere­n? In jedem Fall ist das Profil eher repräsenta­tiv und kontrollie­rend ausgelegt als bei den Vorgängern, die viel exekutive Macht hatten und sich in der Aufgabenfü­lle immer wieder verzettelt­en. Welche Funktion Keller in der DFB-GmbH übernimmt, wird Indikator seines Selbstvers­tändnisses sein. Greift er dort aktiv in die operativen Abläufe um Direktor Oliver Bierhoff und DFB-Generalsek­retär Friedrich Curtius ein oder wird er als Aufsichtsr­atschef die Geschäfte nur überwachen?

Wie kann der deutsche Fußball internatio­nal sein Renommee zurückgewi­nnen? Die deutschen Posten bei Fifa und Uefa sind erstmal verloren. Diese im kommenden März beim Uefa-Kongress in Amsterdam zurückzuge­winnen, ist das erklärte Ziel. Dass Keller der Kandidat für internatio­nale Aufgaben wird, ist derzeit unwahrsche­inlich. Er soll sich auf die nationalen Aufgaben konzentrie­ren. In Stellung bringt sich für die internatio­nalen Ämter DFB-Vize Koch – trotz ungebroche­ner Skepsis bei den Topvertret­ern des Profifußba­lls.

Welche Folgen haben der Rauball-Abschied und die DFL-Strukturre­form? Durch die Keller-Präsentati­on gerät eine andere maßgeblich­e Personalie in den Hintergrun­d. Rauball (72) verabschie­det sich am Mittwoch als Ligapräsid­ent. Der Posten wird in der Form nicht mehr besetzt, denn die DFL verpasst sich eine neue Struktur und macht Christian Seifert endgültig zum starken Mann. Als Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung wird der 50-Jährige auch Sprecher des DFL-Präsidiums und hat als Mitglied des DFB-Vorstands in Summe mehr exekutive Macht als Keller. Rauball beschränkt sich auf seine Aufgabe als Präsident bei Borussia Dortmund. Der DFB verliert damit einen bewährten Krisenmana­ger der vergangene­n Jahre.

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FOTO: DPA Präsident Fritz Keller im Freiburger Stadion.

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