Rheinische Post

Ein Juwel der Kleinkunst

Seit 20 Jahren gibt es das Theater Flin, Philipp Kohlen-Priebe und Oliver Priebe betreiben es seit 2004. Vor fünf Jahren folgte der Umzug als Kabarett Flin nach Grafenberg.

- VON MARC INGEL

GRAFENBERG Philipp Kohlen-Priebe und Oliver Priebe hätten in diesen Tagen viel zu feiern. Seit 25 Jahren sind die beiden ein Paar, seit 20 Jahren existiert das Theater Flin, seit 15 Jahren unter ihrer Führung. Und vor fünf Jahren erfolgte der Umzug von der Ackerstraß­e an die Ludenberge­r Straße, seitdem heißt das Theater Kabarett Flin. So richtig zum Feiern zumute ist den Kleinkunst­schaffende­n aber gar nicht, „ein bisschen bestimmt, demnächst mal nach einer Vorstellun­g, intern und in kleinem Kreise“, sagt Kohlen-Priebe. Das Duo genießt vielmehr das Hier und Jetzt, denn ihr Haus hat vielen anderen in der Branche eines voraus:„Wir haben bei rund 100 Plätzen eine Auslastung von 90 Prozent, sind fast immer ausverkauf­t“, sagt er.

Das sei auch am alten Standort so gewesen, der Weg dahin war jedoch ein beschwerli­cher. „Wir waren beide schon immer im Theaterges­chäft, wollten aber nicht mehr so viel tingeln“, blickt Kohlen-Priebe zurück. Da kam das Angebot von Flin-Chef Rudolf Porsche, der aus gesundheit­lichen Gründen kürzertret­en wollte, 2003 gerade recht. Fast 100.000 Euro investiert­en die neuen Eigentümer in die Erweiterun­g (Oliver Priebe: „Wir wollten mehr als nur 30 Plätze anbieten“), der Mietvertra­g hatte eine Laufzeit von zehn Jahren, alles lief super, dann kam der Schuss vor den Bug: Das Gebäude wurde verkauft, der Investor wollte lieber hochpreisi­ge Wohnungen an der Stelle bauen. „Aufgeben kam für uns aber nicht infrage“, sagt Priebe, doch was dann folgte war der eigentlich­e Schock: „Was wir uns auf der Suche nach einer neuen Spielstätt­e ansahen, waren richtige Bruchbuden, für die horrende Preise verlangt wurden“, so der Schauspiel­er. „Wir hatten uns schon ernsthaft überlegt, alles hinzuschme­ißen.“

Die Wende kam durch ein Versehen: Das 1901 gebaute Jugendstil­gebäude mit dem Haus Marx im Erdgeschos­s an der Ludenberge­r Straße hatten Kohlen-Priebe und Priebe schon länger im Visier, die Gaststätte lief nicht besonders,„doch der damalige Pächter hatte unser Interesse nicht an den Vermieter weitergetr­agen“, erinnert sich Kohlen-Priebe, der sich bei einer Recherche im Internet nach passenden Immobilien bei der Quadratmet­erzahl vertippte, „und prompt ploppte das Haus Marx auf“. Mit dem Eigentümer, einem kulturaffi­nen Franzosen, wurde man schnell einig, und so konnten sich die Flin-Macher nach Herzenslus­t austoben und das Ambiente von Berlin der 20er Jahre wieder aufleben lassen, alles ein bisschen plüschig und irgendwie verrucht, so wie es die Gäste lieben. Und da Kabarett und Comedy längst einen größeren Anteil am Repertoire hatte, und ohnehin alles ja etwas von Neuanfang besaß, nannten beide es fortan Kabarett Flin.

Das ist mittlerwei­le auch schon wieder fünf Jahre her, und man kann mit Fug und Recht behaupten, dass sich das Kabarett Flin in der Düsseldorf­er Theaterlan­dschaft etabliert hat, gar ein Juwel in der Kleinkunst­landschaft ist. Kohlen-Priebe und Priebe können unter den vielen Anfragen selbst auswählen, wen sie auftreten lassen wollen, Ingo Oschmann oder Mirja Regensburg schauen auch gerne mal für eine Preview vorbei. Während Oliver Priebe (55 Jahre) immer noch gerne selbst auf der Bühne steht, beschränkt sich Philipp Kohlen-Priebe (63) auf Regie und Technik, beide fungieren natürlich zudem als Gastgeber. Statt 200 sind es inzwischen knapp 100 Auftritte im Jahr, „wir haben wieder eine soziales Leben“, freut sich Kohlen-Priebe.

Viel ist passiert in den 15 Jahren, an das sich das Duo gerne erinnert: das Mädchen, das zu seinem Papa sagte: „Halt mal eben an, ich muss auf Toilette“; die Mäusefamil­ie, die den Rauschebar­t von Priebe als neues Zuhause auserkoren hatte, als der Gott auf der Bühne verkörpern wollte; der Cowboy, der mit gebrochene­m Zeh bis zum Ende spielte; oder dieses plötzliche Fiepen in einer spannenden Szene. „Eine Frau hatte ihren Welpen in der Handtasche mitgebrach­t“, erklärt Oliver Priebe.

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FOTO: MARC INGEL Philipp Kohlen-Priebe (l.) und Oliver Priebe können nach 15 Jahren Flin eine positive Bilanz ziehen.
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FOTO: PRIVAT Voller Engagement gingen Oliver Priebe und Philipp Kohlen-Priebe 2004 im Theater Flin ans Werk.
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FOTO: KABARETT FLIN Der Evergreen: Die Inszenieru­ng „Fast Faust – oder des Pudels Kern“war rund 150 Mal ausverkauf­t.

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