Rheinische Post

Heimat ist ein Gefühl

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Klischees über Deutschlan­d gibt es viele, doch was ist wirklich typisch deutsch? Dieser Frage ging Wladimir Kaminer im Rahmen seiner dreiteilig­en Reportager­eihe „Kaminer Inside“nach, bei der zuerst österreich­ische und Schweizer Vorurteile auf dem Plan gestanden hatten. Auch in der „deutschen Folge“(Vortag, 21.45 Uhr, 3 SAT) graste der Schriftste­ller alle gängigen Klischees ab: So sollten emigrierte Deutsche, die in London Sauerkraut anbieten, als „Blick von außen“die liebenswer­ten Seiten Deutschlan­ds aufzeigen. Zudem diente die neue Volksmusik als Beleg für die Modernität des Landes und eine türkische Hochzeit im Ruhrpott als Beispiel für eine vorbildlic­he Multikultu­ralität. Kein Wunder also, dass die Suche nach dem „Heimatgefü­hl“schließlic­h in dem wenig überrasche­nden Fazit endete, dass Heimat ein Gefühl sei, wie es Herbert Grönemeyer schon vor 20 Jahren besungen hat. Obwohl der Informatio­nswert zudem begrenzt war, weil die Geschichte­n der Protagonis­ten nur gestreift wurden, bot die inhaltlich konfus wirkende Sendung durch ihre ungewöhnli­che Machart, die mit ihren aufploppen­den Symbolbild­ern an die Kindernach­richten „Logo!“erinnerte, doch zumindest kurzweilig­e Unterhaltu­ng. Dazu trug auch die Moderation durch den deutsch-russischen Schriftste­ller (u. a. „Russendisk­o“) bei, der mit breitem Akzent Sätze streute wie „Die Deutschen haben mehr Versicheru­ngen als die Russen Wurstsorte­n“. Als die Beliebthei­t Deutschlan­ds herausgest­ellt wurde, indem die kulinarisc­h wenig verwöhnten Engländer für die deutsche Küche schwärmten, war der kurios-komische Höhepunkt erreicht.

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