Ein paar Zentimeter zu wenig
„Mein ziemlich kleiner Freund“lotet aus, wie sehr es wirklich auf die Größe ankommt.
(ry) Vor einigen Wochen war im ZDF-„Montagskino“die deutsche Komödie „Schatz, nimm du sie!“zu sehen, in der sich Carolin Kebekus und Maxim Mehmet als getrenntes Paar auf ungewöhnliche Weise um das Sorgerecht für die Kinder streiten – denn keiner von beiden möchte es aufgrund der Karrierepläne haben. Dieses zugegeben unkonventionelle Konzept war jedoch keine Idee von Regisseur Sven Unterwaldt oder den Drehbuchautoren Jens-Frederik Otto und Claudius Pläging, sondern das Remake des französischen Kinohits„Mama gegen Papa – Wer hier verliert, gewinnt“von Martin Bourboulon aus dem Jahr 2015. Diese Prozedur wurde zuvor bereits an einigen anderen bekannten französischen Produktionen vorgenommen, wie beispielsweise an Lisa Azuelos’ „LOL“, wobei die Regisseurin ihren Film 2012 noch einmal selbst für ein amerikanisches Publikum auflegte, oder „Ziemlich beste Freunde“, dessen Geschichte mit „Mein Bester & ich“– ebenfalls als US-Fassung – erst in diesem Februar noch einmal in den deutschen Kinos zu sehen war. Ein bisschen anders ist die Lage bei „Mein ziemlich kleiner Freund“, der heute Abend als Free-TV-Premiere zu sehen ist, denn bei der Komödie von Laurent Tirard handelt es sich um die französische Neuauflage des argentinischen Films „Corazón de león“(dt. „Löwenherz“) von Marcos Carnevale. Dieser wurde in seinem Heimatland zwar gefeiert, schaffte es allerdings nicht auf den internationalen Markt.
Im Mittelpunkt stehen die Anwältin Diane (Virginie Efira) und der Architekt Alexandre (Jean Dujardin), die sich per Telefon miteinander verabreden und bei ihrem ersten Treffen eine Überraschung erleben – für Alexandre ist es wie bei jedem normalen Blind Date, für Diane hingegen ein kleiner Schock, denn ihr Gegenüber misst noch nicht einmal anderthalb Meter. Trotzdem kann sie sich seines Charmes nicht erwehren, und die beiden beginnen eine Beziehung. Ganz einfach wird diese jedoch nicht, da Diane noch immer wichtig ist, was ihr Umfeld über ihren neuen Freund denkt – allen voran ihre Eltern sowie ihr Exmann Bruno (Cédric Kahn). Zwar steht sie stets an Alexandres Seite und genießt die Zweisamkeit mit ihm. Doch dann stellt er ihr die Frage aller Fragen, und als Diane ablehnen muss, weil ihr ein Gefühl dazu rät, zerbricht die Beziehung. Auch das ist allerdings noch nicht das Ende der gemeinsamen Geschichte, denn jeder sehnt sich nach dem anderen.
Vor einigen Jahren forschte die Universität Michigan mithilfe eines Online-Datingportals, das im Raum New York angewendet wird, nach welchen Kriterien Menschen ihre Partner aussuchen. Die Antwort: Noch immer wird vornehmlich auf Alter, Größe und auch Gewicht des Gegenübers geachtet, erst dann auf den Charakter. Genau dieses Thema behandelt die Komödie, bei der nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Macher hinter der Kamera einige Probleme lösen mussten. So ist Hauptdarsteller Jean Dujardin („OSS 117 – Der Spion, der sich liebte“), der den kleinwüchsigen Alexandre mimt, eigentlich 1,80 Meter groß. Um ihn visuell zu schrumpfen, griff man neben einem Körperdouble auch auf Tricks mit der Perspektive oder bestimmtes Gruppieren zurück. Der Mime ist in seinem Heimatland Frankreich ein Star, erlangte aber spätestens 2011 mit dem Film „The Artist“internationale Aufmerksamkeit. Für seine Leistung in der Tragikomödie wurde er vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem „Oscar“als bester Hauptdarsteller – das gelang vor ihm noch keinem anderen Franzosen.
Obwohl die Romantik im Fokus steht, spielt „Mein ziemlich kleiner Freund“nicht etwa in Paris, der „Stadt der Liebe“, sondern im sonnigen Marseille, da Regisseur Tirard seinem Film einen „California-Touch“verleihen wollte. Zudem erinnere ihn das sympathische Chaos an das Paris der 70er.