Warum die Polizei Intensivtäter nicht abschieben kann
Innenminister Seehofer besteht darauf, dass ausschließlich Bundespolizisten Abschiebungen begleiten. Obwohl es davon nicht genug gibt, darf die Landespolizei nicht einspringen.
Ein 44 Jahre alter Marokkaner sitzt seit Donnerstag in U-Haft, soll im beschleunigten Verfahren schon nächste Woche verurteilt werden. Der Mann war beim Diebstahl mehrerer teurer Parfüms von einem Kaufhausdetektiv erwischt worden. Als die Polizei seine Spuren mit anderen verglich, kam heraus: Der Drogenkranke hat womöglich auch noch ein paar Einbrüche auf dem Kerbholz.
Mit seinerVerhaftung wird auf der polizeiinternen Liste der schlimmsten Intensivstraftäter ein Platz vorläufig frei. Weil er immer wieder mit Delikten wie gewerbsmäßigem Diebstahl, Einbrüchen, aber auch Gewalttaten wie Raub und räuberischer Erpressung auffällt, ist er einer von 80 Erwachsenen, die vom Kriminalkommissariat 33 ähnlich intensiv betreut werden, wie jugendliche Serientäter im Jugendkommissariat. Geht es dort allerdings um Erziehung und Resozialisierung, ist im KK 33 das Ziel ein anderes: „Wir wollen diese Täter von der Straße haben“, hat Polizeipräsident Norbert Wesseler betont, als das Projekt vor knapp zwei Jahren startete. „Wir wollen nicht alle paar Tage dieselben Leute festnehmen.“Ziel war, Haftstrafen für die deutschen Täter (die Mehrheit auf der Liste) und Abschiebung der nicht deutschen Kriminellen zu erreichen.
Aktuell erfüllen fünf Männer auf der Liste die Kriterien für eine Abschiebung. Aber ebenso wie der jetzt verhaftete 44-Jährige werden sie wohl noch eine Weile bleiben. Denn die Düsseldorfer Polizei darf sie nicht abschieben. Und andere Polizisten für den Job gibt es derzeit nicht. Denn grundsätzlich ist die Bundespolizei für die Abschiebung zuständig. „Bundesinnenminister Horst Seehofer fordert außerdem eine zusätzliche Qualifikation von ihnen. Deshalb sucht die Bundespolizei jetzt Freiwillige, die den für Abschiebungen nötigen Lehrgang ,Personenbegleiter Luft’ absolvieren“, sagt Norbert Wesseler. „Das gestaltet sich offenbar schwierig.“
Als das Projekt startete, war für ihn klar: Wenn die Bundespolizei nicht kann, begleiten notfalls Düsseldorfer Beamte die Abzuschiebenden. Sechs mal geschah das in den ersten Monaten. Seitdem ist es ins Stocken geraten. Die Stadt hat extra zwei Mitarbeiter eingestellt, die in der Ausländerbehörde die notwendigen Vorbereitungen für die Abschiebung hochgradig Krimineller treffen sollten. Die Idee: Noch während die Polizei ermittelt, werden die nötigen Papiere beschafft, damit nach einer Verhaftung das Verfahren schnell in Gang kommt. Bis dahin scheiterte die Abschiebung von Kriminellen häufig daran, dass das Verfahren noch andauerte, wenn ein Täter längst wieder auf freiem Fuß war.
Nach einem ausgeklügelten Punktesystem sind aktuell 20 der 80 gelisteten Kriminellen hinter Gittern, die meisten im Gefängnis, einige in geschlossenen Psychiatrien. Die anderen sind auf freiem Fuß, weil aktuell entweder die Beweislage nicht reicht oder keine Haftgründe vorliegen. „Hier bei uns haben alle ihre Hausaufgaben gemacht“, sagt Nobert Wesseler.
Nicht nur die städtische Ausländerbehörde hat zusätzliche Stellen geschaffen: Auch bei der hiesigen Staatsanwaltschaft befassen sich seit einem guten Jahr zwei Juristen ausschließlich mit den Intensivstraftätern. Die Rahmenbedingungen also sind gut, aber, so Wesseler: „Uns fehlt die Unterstützung des Bundes.“