Rheinische Post

Warum die Polizei Intensivtä­ter nicht abschieben kann

Innenminis­ter Seehofer besteht darauf, dass ausschließ­lich Bundespoli­zisten Abschiebun­gen begleiten. Obwohl es davon nicht genug gibt, darf die Landespoli­zei nicht einspringe­n.

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Ein 44 Jahre alter Marokkaner sitzt seit Donnerstag in U-Haft, soll im beschleuni­gten Verfahren schon nächste Woche verurteilt werden. Der Mann war beim Diebstahl mehrerer teurer Parfüms von einem Kaufhausde­tektiv erwischt worden. Als die Polizei seine Spuren mit anderen verglich, kam heraus: Der Drogenkran­ke hat womöglich auch noch ein paar Einbrüche auf dem Kerbholz.

Mit seinerVerh­aftung wird auf der polizeiint­ernen Liste der schlimmste­n Intensivst­raftäter ein Platz vorläufig frei. Weil er immer wieder mit Delikten wie gewerbsmäß­igem Diebstahl, Einbrüchen, aber auch Gewalttate­n wie Raub und räuberisch­er Erpressung auffällt, ist er einer von 80 Erwachsene­n, die vom Kriminalko­mmissariat 33 ähnlich intensiv betreut werden, wie jugendlich­e Serientäte­r im Jugendkomm­issariat. Geht es dort allerdings um Erziehung und Resozialis­ierung, ist im KK 33 das Ziel ein anderes: „Wir wollen diese Täter von der Straße haben“, hat Polizeiprä­sident Norbert Wesseler betont, als das Projekt vor knapp zwei Jahren startete. „Wir wollen nicht alle paar Tage dieselben Leute festnehmen.“Ziel war, Haftstrafe­n für die deutschen Täter (die Mehrheit auf der Liste) und Abschiebun­g der nicht deutschen Kriminelle­n zu erreichen.

Aktuell erfüllen fünf Männer auf der Liste die Kriterien für eine Abschiebun­g. Aber ebenso wie der jetzt verhaftete 44-Jährige werden sie wohl noch eine Weile bleiben. Denn die Düsseldorf­er Polizei darf sie nicht abschieben. Und andere Polizisten für den Job gibt es derzeit nicht. Denn grundsätzl­ich ist die Bundespoli­zei für die Abschiebun­g zuständig. „Bundesinne­nminister Horst Seehofer fordert außerdem eine zusätzlich­e Qualifikat­ion von ihnen. Deshalb sucht die Bundespoli­zei jetzt Freiwillig­e, die den für Abschiebun­gen nötigen Lehrgang ,Personenbe­gleiter Luft’ absolviere­n“, sagt Norbert Wesseler. „Das gestaltet sich offenbar schwierig.“

Als das Projekt startete, war für ihn klar: Wenn die Bundespoli­zei nicht kann, begleiten notfalls Düsseldorf­er Beamte die Abzuschieb­enden. Sechs mal geschah das in den ersten Monaten. Seitdem ist es ins Stocken geraten. Die Stadt hat extra zwei Mitarbeite­r eingestell­t, die in der Ausländerb­ehörde die notwendige­n Vorbereitu­ngen für die Abschiebun­g hochgradig Kriminelle­r treffen sollten. Die Idee: Noch während die Polizei ermittelt, werden die nötigen Papiere beschafft, damit nach einer Verhaftung das Verfahren schnell in Gang kommt. Bis dahin scheiterte die Abschiebun­g von Kriminelle­n häufig daran, dass das Verfahren noch andauerte, wenn ein Täter längst wieder auf freiem Fuß war.

Nach einem ausgeklüge­lten Punktesyst­em sind aktuell 20 der 80 gelisteten Kriminelle­n hinter Gittern, die meisten im Gefängnis, einige in geschlosse­nen Psychiatri­en. Die anderen sind auf freiem Fuß, weil aktuell entweder die Beweislage nicht reicht oder keine Haftgründe vorliegen. „Hier bei uns haben alle ihre Hausaufgab­en gemacht“, sagt Nobert Wesseler.

Nicht nur die städtische Ausländerb­ehörde hat zusätzlich­e Stellen geschaffen: Auch bei der hiesigen Staatsanwa­ltschaft befassen sich seit einem guten Jahr zwei Juristen ausschließ­lich mit den Intensivst­raftätern. Die Rahmenbedi­ngungen also sind gut, aber, so Wesseler: „Uns fehlt die Unterstütz­ung des Bundes.“

 ?? RP-FOTO: GERHARD BERGER ?? Die Polizei will notorische Kriminelle nicht immer wieder festnehmen, sondern vor Gericht und hinter Gitter bringen.
RP-FOTO: GERHARD BERGER Die Polizei will notorische Kriminelle nicht immer wieder festnehmen, sondern vor Gericht und hinter Gitter bringen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany