Die irritierende Welt des Norbert Tadeusz
Der Düsseldorfer Kunstpalast erinnert an den Maler und Provokateur, der vor acht Jahren starb.
DÜSSELDORF Der Düsseldorfer Kunstpalast zeigt Arbeiten des Malers Norbert Tadeusz, und es ist ausdrücklich erlaubt, in der Ausstellung zu fotografieren. Es gibt sogar ein Hashtag: #TadeuszKunstpalast. Aber instagramable, also besonders geeignet für soziale Medien, ist das Gezeigte nicht.
Provozieren, das möchten viele Künstler allzu gerne, in den allermeisten Fällen nimmt man diese kleinen Störmanöver müde und nur noch mit Gleichgültigkeit hin. Bei Tadeusz indes gelingt es bis heute, nach dem ersten Rundgang ist man doch sehr irritiert. Das liegt etwa an seinen Bildern aufgehängter Tierkadaver, die er nach dem Besuch italienischer Schlachthöfe anfertigte, und an seiner Aktmalerei: „Akt auf Stuhl“, „Akt mit Lampe“, „Zwischen Kissen“und viele mehr. Vor allem liegt es an seinem „Akt auf Glastisch“, ein Motiv, das gleich zweimal vorliegt, als großformatige Zeichnung und in Öl, und eine sich auf einem Tisch verrenkende Frau mit gespreizten Beinen zeigt. Im Bildmittelpunkt der Genitalbereich und sonst gar nichts.
Selbst einer Arbeit, die einen dänischen Designer-Stuhl mit übergeworfener roter Jacke zeigt, fügte er noch eine kauernde Nackte hinzu, die einen Fernseher einstellt. Während man von Raum zu Raum geht, fragt man sich, woher diese Besessenheit wohl rührte.
Als Muttergottheit und Verkörperung der Natur, als Projektionsfläche der männlichen Ängste, Sehnsüchte und Begierden, heißt es im Kunstpalast, könne man Tadeusz’ Obsession begreifen. 40 Gemälde und Zeichnungen sind dort ausgestellt, es ist die dritte Schau, die das Haus dem Künstler widmet. Die erste gab es 1970, da war Tadeusz erst 29 Jahre alt, 1991 gab es eine weitere, damals war er auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Nun also die dritte Ausstellung, es ist eine Erinnerung an den 2011 mit 71 Jahren gestorben Künstler. Tadeusz, der 1940 in Dortmund geboren wurde, gilt heute als Düsseldorfer Maler. Dort besuchte er die Kunstakademie, wo er später auch lehrte. In Düsseldorf hatte er sein Atelier, dort wird sein Nachlass verwaltet. Allein 1200 Gemälde sind darin enthalten, viele weitere sind über Sammlungen verteilt. Tadeusz galt als äußerst produktiv und als einer der wichtigsten figurativen Maler seiner Zeit.
Kenner- und Könnerschaft des Künstlers stellt das Museum heraus und zeigt etwa frühe Darstellungen weiblicher Figuren, die Tadeusz, damals Anfang 20, an altsteinzeitlichen Plastiken studiert hatte. Diese Arbeiten („Mütter – Ur Chinesisch I + II“) hielt er noch in Schwarz und Weiß, eigentlich aber waren starke
Farben das seine – die Rinderhälften leuchten bei ihm blutrot.
Besonders beeindruckend sind seine vielen Großformate. Im Kunstpalast scheint es so, als würden die vier bis sechs Meter breiten Gemälde von den Querwänden eingerahmt. „Tadeuszene“nannte der Maler die von ihm auf die Leinwand gebrachten Geschehnisse in teilweise ungewöhnlichen Perspektiven. Eine Zirkusmanege malte er von oben: nackte Turner, Billardspieler, Tierkadaver, dazu einige Beobachter in der surreal anmutenden Szenerie.
Gleichfalls seltsam erscheint sein Gemälde „Gelbes Atelier“– der Name ist Programm –, und auch sonst geht es bunt zu: In der Ecke ein Schreibtisch, ein Fotograf ist zugegen, Männer und Frauen an von der Decke hängenden Ringen. Auch ein Wiedersehen mit dem Glastisch gibt es, darauf wieder ein Nackter, diesmal in weniger eindeutiger Pose.