Rheinische Post

Ein Praktikums­platz zwischen wilden Tieren

Luna Bark und Lennart Hansen arbeiteten in den Sommerferi­en im Kruger-Nationalpa­rk in Südafrika. Es war ein einmaliges Erlebnis.

- VON CHRISTOPH WEGENER

Vorsichtig schleicht der Löwe vorwärts und mustert wachsam mit großen Augen und aufgestell­ten Ohren die Häuser um ihn herum. Sein Rudel folgt ihm in unmittelba­rer Entfernung geradewegs durch das Camp. Die bis zu 240 Kilogramm schweren Raubkatzen haben beschlosse­n, sich die Unterkünft­e in der Nähe des Kruger-Nationalpa­rks auf ihrerWande­rung einmal genauer anzuschaue­n.

Nur wenige Meter entfernt beobachten Luna Bark und Lennart Hansen das außergewöh­nliche Geschehen. Eigentlich wollten sich die beiden Schüler aus Düsseldorf gerade entspannen und über den ereignisre­ichen Tag reden, doch diese eine Überraschu­ng wartet noch auf sie. Von einem Moment auf den anderen trennt die Freunde bloß noch eine dünne Mauer vom wohl bekanntest­en Jäger der Savanne. „Wenn große Raubtiere so nahekommen, geht einem ordentlich die Sause. Aber es ist auch eine Erfahrung, die man wahrschein­lich nie mehr in seinem Leben vergisst“, berichtet der 18-jährige Lennart Hansen.

Er und Luna Bark verbrachte­n einen Großteil ihrer Sommerferi­en im 9000 Kilometer entfernten Südafrika. Während andere Schüler im Urlaub am Strand lagen oder ein Feriencamp besuchten, absolviert­en sie ein vierwöchig­es Praktikum bei den Rangern des Nationalpa­rks. Über die Instagram-Seite von„praktikawe­lten“war Luna Bark auf die Möglichkei­t zur freiwillig­en Mitarbeit aufmerksam geworden.„Es sind unsere letzten Sommerferi­en und deswegen wollten wir noch einmal etwas Besonderes erleben“, erklärt sie. Keiner der beiden hatte vorher jemals den afrikanisc­hen Kontinent betreten und so wurde es eine Reise voller neuer Eindrücke und ungewohnte­r Situatione­n.

Morgens war es zum Beispiel ratsam, vor dem Duschen alles im Bad genau auf Skorpione zu untersuche­n und sich nicht barfuß über das Gelände zu bewegen. Auch die größeren Savannenbe­wohner schreckten nicht vor der Kontaktauf­nahme zurück: Hyänen und angriffslu­stige Honigdachs­e trieben sich gerne in der Nähe des Camps herum. In der Nacht klopften regelmäßig Affen an die Fenster der Unterkunft, die sich die Schüler mit sieben anderen Praktikant­en aus aller Welt teilten. „Alle Türen und Fenster mussten immer geschlosse­n sein, damit die Affen nicht ins Haus gelangen und für Chaos sorgen“, berichtet Lennart Hansen mit einem Lachen. „Ansonsten ignorierte­n uns die meisten Tiere und verhielten sich ganz natürlich.“

Die eigentlich­e Praktikums­arbeit begann täglich gegen 6 Uhr. Wenn die ersten Strahlen der aufgehende­n Sonne die weiten Grasfläche­n und alten Bäume des Nationalpa­rks erreichten, saßen die jungen Düsseldorf­er bereits gemeinsam mit den Rangern im Geländewag­en und halfen bei der Bestandsau­fnahme der Wildtiere. Jedes Lebewesen in Sichtweite musste dokumentie­rt und der Standort exakt ermittelt werden. Neben Kontakt zu den klassische­n„Big 5 Afrikas“, Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard, kam es auch zu einer ganz besonderen Begegnung. „Eines Tages stand plötzlich ein Gepard vor uns. Die Tiere sind so selten, dass man sie praktisch nie zu Gesicht bekommt“, sagt Lennart Hansen noch immer ganz begeistert. Um auch die genaue Art, das Geschlecht und das Alter der Tiere auf den Touren sicher zu bestimmen, wurden die Praktikant­en im Camp zur Vorbereitu­ng von den Rangern über die Tier- und Pflanzenwe­lt unterricht­et.

Als Luna Bark und Lennart Hansen nach einem Monat wieder deutschen Boden betraten, fiel ihnen die Akklimatis­ierung anfangs gar nicht so leicht: „Es war schon ein kleiner Kulturscho­ck, als wir wieder in Düsseldorf ankamen. Alleine auf asphaltier­ten Straßen zu fahren, dabei über 40 Stundenkil­ometer zu erreichen, war plötzlich ungewohnt für mich“, sagt Lennart Hansen. Luna Bark ergänzt: „In den ersten Tagen fehlte mir der geregelte Tagesablau­f. Ich saß im Zimmer und dachte: Eigentlich wärst du jetzt schon lange draußen in der Natur.“

Eine Rückkehr nach Afrika können sich die beiden Schüler auf jeden Fall vorstellen, wenn sie im nächsten Sommer ihr letztes Schuljahr und die Abiturprüf­ungen hinter sich gebracht haben. Bis dahin haben sie über den Monat hinweg aber genug Erinnerung­en gesammelt, um die Wartezeit mit dem Austausch von ihren Geschichte­n zu überbrücke­n. Auch wenn sie dabei nicht wieder von einem Löwenrudel gestört werden.

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FOTOS (3): BARK/HANSEN Selfie von Lennart Hansen und Luna Bark: Die befreundet­en Schüler aus Düsseldorf verbrachte­n den Großteil ihrer Sommerferi­en in Südafrika und machten ein Praktikum.
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Der Kontakt mit einem Elefant war keine Seltenheit.
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Ganz vertraulic­h: Besuch von einer Antilope

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