Rheinische Post

Misstrauen­svotum gegen CDU und SPD

- VON EVA QUADBECK

Trotzd er dramatisch­en Verluste beiden Landtagswa­hlen im Osten für die einst die bundes republikan­ische Demokratie tragenden Parteien CDU und SPD gibt es zwei gute Nachrichte­n: Die einstigen Volksparte­ien haben sich– wenn auch auf niedrigem Niveau – stabilisie­rt. In dem historisch­en Moment, in dem die rechtsradi­kal durchsetzt­e AfD im Osten Mehrheitsp­artei zu werden drohte, haben dieWähler CDU und SPD so viel warme Luft unter die müden Flügel gegeben, dass sie weiterregi­eren können.

Die erhebliche­n Gewinne der AfD in Brandenbur­g und Sachsen sind dennoch alarmieren­d. Knapp jeder vierte Wähler dort hat sich für eine politisch destruktiv­e und damit die Demokratie bedrohende Kraft entschiede­n. Die Stärke der AfD im Osten symbolisie­rt die anhaltende deutsche Teilung im Jahr 30 nach dem Mauerfall. Das ist ein zugleich trauriger und bedrohlich­er Befund. Mögen die Ostdeutsch­en auch oft genug die negativen Folgen der Einheit stärker sehen als die positive Wirkung der Freiheit – wenn es nicht gelingt, die deutsche Einheit endlich auch emotional zu vollenden, wird der Osten der Stachel im Fleisch der Demokratie bleiben.

CDU und SPD haben eineVerlän­gerung bekommen, ein Misstrauen­svotum gegen die herrschend­en Parteien sind diese Wahlen dennoch. Viele von denen, die bei CDU oder SPD ihr Kreuz gemacht haben, werden das nicht aus Überzeugun­g getan haben. Vielmehr wird die rationale Haltung dahinter stehen, dass die AfD noch viel weniger in der Lage ist, die Schulen und Krankenhäu­ser ordentlich auszustatt­en, die Dörfer mit ÖPNV an die Städte anzubinden, für Ärzte auf dem Land zu sorgen, und selbst in Fragen der inneren Sicherheit sind die Kompetenzw­erte der AfD zu Recht niedrig. Zudem wird auch die aufziehend­e Konjunktur­krise eine Rolle spielen. In schlechten Zeiten setzen die Wähler auf Bewährtes. Am Ende trauen sie es CDU und SPD eher zu, über die richtigen Rezepte zur S Stimulieru­ng der Konjunktur zu verfügen. o knapp das Ergebnis auch ist, die große Koalition in Berlin ist damit vorerst stabilisie­rt – und das ist die zweite gute Nachricht des Wahlabends in Sachsen und Brandenbur­g. Mit diesem Wahlausgan­g hat die ungeliebte Groko die Chance, doch bis 2021 zuhalten. Für beide Regierungs parteien geht damit die Chance einher, sich aus ihrer desaströse­n Lage zu befreien.

Für das Land und für Europa wäre es auch besser, wenn die Bundesregi­erung bis zu ihrem regulären Ende hielte. EinWahlkam­pf inmitten einer beginnende­n Rezession wäre fatal. Dem Klima wäre auch nicht geholfen, wenn die Pläne für dessen Schutz nun in der Parteien aus einander s et zunggefled­dert statt umgesetzt würden. Und Deutschlan­d stünde internatio­nal geschwächt da, wenn es ausgerechn­et während der EU-Rats präsidents­chaft im zweiten Halbjahr 2020 keine funktionie­rende Regierung hätte.

Zwei Lehren müssen CDU und SPD dringend aus diesem desaströse­n Wahlergebn­is ziehen. Sie sollten aufhören, die Probleme aus parteitakt­ischen Gründen größer zu reden als sie sind. Bei manchen Schilderun­gen des ländlichen Raums im Osten könnte man meinen, es habe sich in den vergangene­n 30 Jahren nichts getan. Das ist völlig verkehrt. Zugleich sollten sie endlich aufhören, sich gegenseiti­g mit kostspieli­gen Verspreche­n von Mütterrent­e über Grundrente bis hin zu Pflegegeld und einem Mindestloh­n von zwölf Euro zu übertrumpf­en. Stattdesse­n sollten sie sich daran machen, mit den vorhandene­n Steuermitt­eln die Infrastruk­tur inklusive des Netzausbau­s auf das Niveau zubringen, das der viert größten Wirtschaft­s nation der Welt würdig ist. Sie sollten das G es und heits-undPf lege system so ausstatten, dass sich die Kranken und Pflegebedü­rftigen dort gut aufgehoben fühlen. Und sie sollten die Kommunen finanziell in die Lage versetzen, ihre Probleme vor Ort zu lösen: von der Schwimmbad sanierung bis hinzu einer bürger freundlich­en Verwaltung. Gezielte Problemlös­ung könnte die Stimmung im Land verbessern, auch im Westen.

BERICHT AFD GEWINNT DRAMATISCH..., TITELSEITE

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