Rheinische Post

Dortmund stolpert, Schalke atmet auf

Verkehrte Welt im Revier: Während dem BVB bei Aufsteiger Union Berlin die eigene Überheblic­hkeit im Weg steht, wähnen sie sich in Gelsenkirc­hen nach dem Sieg gegen Berlin auf dem Weg zurück zu besseren Zeiten.

- VON JENS MARX UND MIRIAM SCHMIDT

BERLIN/GELSENKIRC­HEN (dpa) Inmitten der Jubelgesän­ge der Eisernen suchten die geschlagen­en BVB-Profis und ihr Trainer nach Erklärunge­n. Schönreden war nicht angesagt nach dem völlig überrasche­nden 1:3 (1:1) des vor allem auch selbst ernannten Titelkandi­daten Borussia Dortmund beim Liga-Neuling

1. FC Union Berlin. „Wir haben uns im gesamten Spiel einfach komplett dumm angestellt“, betonte Kapitän Marco Reus: „Wir glauben manchmal, dass man allein mit unserer Qualität solche Spiele gewinnen kann. Das muss aufhören!“

Schon am dritten Spieltag der Fußball-Bundesliga wird der Meistersch­aftskampf für den BVB zur Mentalität­sfrage. Man könne nie ganz genau in die Köpfe reinschaue­n, entgegnete Lizenzspie­ler-Leiter Sebastian Kehl auf die Frage, ob manche Akteure gegen einen vermeintli­ch schwächere­n Gegner nicht voll dabei seien. Nicht zu vergessen: Auch bei den vorherigen Siegen gegen den FC Augsburg und den

1. FC Köln waren die Dortmunder jeweils in Rückstand geraten.

„Für Union war es wie für Köln vergangene Woche ein Highlight-Spiel. Aber das wird uns diese Saison öfter erwarten“, prophezeit­e Kehl, das sei aber auch schon im vergangene­n Jahr so gewesen und dürfe keine große Überraschu­ng sein. „Wir müssen auch in solche Spiele mit der 100 Prozent richtigen Einstellun­g gehen. Ansonsten wird man auch mit der Qualität, die wir haben, den Unterschie­d nicht sehen.“Die drei Punkte, die man in Berlin liegenlass­en habe, täten sehr weh. Er habe gedacht, die Mannschaft sei einen Schritt weiter.

Nicht ein Reus, nicht ein Julian Brandt, der bei seinem ersten Startelfei­nsatz in der ersten Halbzeit dennoch einer der Aktivposte­n und Antreiber im Dortmunder Spiel war, entschiede­n die Partie. Es war Marius Bülter, der bis vor etwas über einem Jahr noch in der Regionalli­ga West beim SV Rödinghaus­en kickte.

Mit seinem Doppelpack in der 22. und 50. Minute brachte er die Gastgeber zweimal in Führung. Zwischenze­itlich hatte Paco Alcacer (25.) für den BVB ausgeglich­en. Endgültig gelaufen war das Spiel aus Dortmunder Sicht, als Sebastian Andersson in der 75. Minute zum 3:1 traf. Selbst eine siebenminü­tige Nachspielz­eit brachte dem BVB nichts, es fehlte ein echtes Aufbäumen, es fehlte die Entschloss­enheit, und damit fehlten auch Konzentrat­ion und Genauigkei­t.

Auf Schalke atmeten sie dagegen nach dem 3:0 gegen Hertha BSC auf, und es war auch allen egal, dass die Berliner mit zwei Toren ordentlich mithalfen beim Sieg. „Wir haben es erzwungen“, sagte Trainer David Wagner zu den beiden Eigentoren von Hertha BSC beim umjubelten 3:0 (1:0)-Heimsieg. An den ersten zwei Spieltagen der Bundesliga war der Revierklub ganz ohne eigenen Treffer geblieben, am dritten Spieltag erzielte der Gegner die ersten zwei von drei Toren – den Schalkern war es völlig egal.

„Es war richtig geil, richtig großes Kino“, sagte Wagner über den gemeinsame­n Jubel mit den Fans nach dem ersten Saisonsieg, der gleich in mehrfacher Hinsicht ein besonderer war: Wagners Premieren-Erfolg auf Schalke und der erste Heimsieg seit dem 20. Januar. „Man hat gemerkt, wie die Leute sich danach gesehnt haben“, sagteWagne­r. Neunmal war die Mannschaft zuvor zu Hause ohne Sieg geblieben.

Mit einem 0:0 bei Borussia Mönchengla­dbach und einem couragiert­en Auftritt beim 0:3 gegen Meister Bayern München waren die Knappen eigentlich nicht allzu schlecht in die Saison gestartet – lediglich wirklich Zählbares war bis zumWochene­nde kaum herausgesp­rungen. „Es passte zu unserer Situation, dass es zwei Eigentore waren“, sagte Stürmer Guido Burgstalle­r.

Nationalsp­ieler Niklas Stark (38. Minute) und Innenverte­idiger Karim Rekik (48.) beendeten die Schalker Torflaute in dieser Saison und sorgten dafür, dass das Spiel in Richtung der bemühten, aber offensiv lange zu unkonzentr­ierten Wagner-Elf kippte. „Wenn er reingeht, geht er rein“, sagte der starke Außenverte­idiger Jonjoe Kenny lapidar. „Wir haben auch ein bisschen Glück gebraucht, aber das ist Fußball.“Mit seinem sehenswert­en Schuss zum 3:0 (86.) sorgte der Youngster dann immerhin doch noch für den ersten eigenen Schalker Treffer.

Nach der vorherigen Katastroph­en-Saison mit Platz 14 wähnen sie sich beim FC Schalke mittlerwei­le auf dem richtigen Weg.

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FOTOS: IMAGO IMAGES Dortmunds Jacob Bruun Larsen nach dem Abpfiff.
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Schalker Jubel-Duo: Jonjoe Kenny (u.) und Benjamin Stambouli.

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