RTL feiert 20 Jahre „Wer wird Millionär“
2800 Kandidaten sind in der Quizshow aufgetreten – Moderator Günther Jauch blieb einer besonders in Erinnerung.
HÜRTH (dpa) „Wer wird Millionär?“kommt aus der hinterletzten Ecke. Die Show wird seit 20 Jahren in Hürth produziert, einem Vorort von Köln. Von der Straßenbahnhaltestelle geht man eine Wohnstraße entlang, bis man sicher ist, dass man falsch ist. Just an dieser Stelle taucht eine mit Graffiti besprühte Plakatwand mit dem Gesicht von Einzigartige Chance auf Günther Jauch auf. Man wendet sich in das eine große Art Gewerbehof. Geld Dort steht eine Baracke, und wenn man da reinkommt, 20 Jahre Wer ja wird dann, Millionär? endlich, Das steht groman ße Jubiläums-Special, in der aus dem Fernsehen 20.15 Uhr, ver- RTL trauten Deutschlands Kulisse. erfolgreichste Quiz
show Diese feiert Schnörkellosigkeit Geburtstag, und ist Gün- aber eben ther Jauch auch ein bietet Erfolgsgeheimnis den Kandidaten der RTL-Quizshow, die vielleicht größte die vor Chance 20 Jahren in der – am Geschichte 3. September der Show, 1999 – erstmals die Million gezeigt zu holen. wurde. Denn Im Prinzip alle Fragen geht es wur- nur darum, den in den dass vergangenen Günther Jauch 20 (63) Jahren jemandem schon einmal Fragen gespielt. stellt.Wenn Aber er ist oder es sie bei diese 35 000 Fragen Fragen richtig im Archiv beantwor- wirkten lich kann, so einfach? gibt’s eine Das Million werden Euro. die Der zehn Moderator Kandidaten selbst herausfinden. kennt noch Im einen Publikum anderen sitzen Grund: zudem „Dass nur promi- es immer nente wieder und nicht-prominente gelingt, Leute aus ehe- der Klischeeschublade malige Kandidaten. zu holen. Man sieht einen Kandidaten und denkt Taten, die noch Jahre unter Umständen sofort: ,Ja, was ist das später denn schwer für’n Schluffi?’ wiegen Aber dann kommt plötzlich eine originelle Bemerkung Nachlass, 22.25 oder der Uhr, Schluffi 3 SAT Wie reagiert geht man damit um, wenn man erfährt, absolut selbstironisch.“Dann kletdass der eigene Vater am Massentere der Kandidat gleichsam aus mord an den Juden unmittelbar beder Klischeeschublade heraus.„Das teiligt war? „Nachlass – lass nach“sind am Ende immer die schönsten schreibt einer der sieben ProtaSendungen.“gonisten des Films, Sohn eines
Etwa 2800 Kandidaten saßen SS-Luftwaffen-Offiziers, auf ein Jauch in den vergangenen 20 JahGemälde. Er erzählt, wie er daren gegenüber. Einer ist ihm bemit versucht, die ererbte Schwere sonders in Erinnerung geblieben, künstlerisch zu verarbeiten. Und er obwohl sein Auftritt bereits 19 Jahist nicht die einzige Person, die in re zurückliegt: Martin Horch, der dem Beitrag zeigt, wie sie mit dem damals eine halbe Million gewann. schweren Erbe umgeht. „Das war ein Lüftungsmonteur, der überall in Deutschland Lüftungsanlagen montiert hat. Und es war faszinierend zu beobachten, was der alles wusste“, sagt Jauch. Er habe ihn gefragt, woher er das alle wüsste und Horch habe geantwortet: „Das kann ich Ihnen genau sagen. Acht Stunden am Tag muss ich arbeiten, da lern’ ich nichts dazu. Acht Stunden am Tag muss ich schlafen, um mich zu erholen. Da lern’ ich auch nichts dazu. Aber die restlichen acht Stunden, die nutze ich, um möglichst viel aufzusaugen.Wenn ich zum Beispiel in irgendeiner Stadt auf Montage bin, dann gehe ich dort ins Museum, dann besuche ich Ausstellungen oder schaue mir eine Theatervorstellung an. Das heißt, ich versuche, aus dem letzten Drittel meines Lebens etwas zu machen.“
Insgesamt 85 Millionenfragen wurden bisher gestellt, 14 Millionäre gab es, davon drei in Prominenten-Specials. Prominente Kandidaten seien eine besondere Spezies, verrät Jauch: Sie würden ihr Image nur zu gern um eine grandiose Zurschaustellung ihrer Allgemeinbildung erweitern, gingen aber natürlich auch das Risiko einer Blamage ein. „Manchmal wundert man sich ja schon, was Menschen, die man seit vielen Jahren als halbwegs intelligent aus dem Fernsehen zu kennen glaubt, alles nicht wissen.“
Wenn Jauch selbst als Kandidat bei „WWM“mitmachen würde, wäre die Auswahlfrage am Anfang das Schwierigste für ihn: „Die Schnelligkeit kombiniert mit Fingerfertigkeit. Wenn ich erstmal hier sitzen würde, würde ich ruhiger werden.“Seine Wissenslücken kennt er genau: „Bei mir ist immer alles furchtbar, was mit Weltall zu tun hat. Das interessiert mich gar nicht. Alles, was sich über der Ozonschicht abspielt, ist für mich schwierig. Auch bei Oper bin ich schwach. Und fragen Sie mich nichts über Sternzeichen. Und wenn’s um zeitgenössische Musik im Uffta-Uffta-Bereich geht, da wird’s bei mir auch finster.“
Bei der Auswahl der Kandidaten achtet die Redaktion auf die richtige Mischung: Männer mit Frauen, Ältere mit Jüngeren, Osten mitWesten. „Der Anspruch, dass wir Gottes großen Zoo abbilden wollen, führt natürlich dazu, dass wir nicht immer nach demselben Kandidatentyp schauen dürfen.“Zuschauer warten bis zu elf Jahre auf eine Karte.
Bei der inneren Einstellung der Kandidaten konstatiert Jauch eine gewisse Verschiebung: „Früher kamen mehr Leute, die gesagt haben: ,Ich will die Million, ich will nach den Sternen greifen.’ Heute kommen viele, die sagen: ,Ich will einen Wintergarten.’ Die haben den Kostenvoranschlag schon machen lassen und setzen die Joker so, dass es genau auf die 16.000 hinausläuft, die das Teil dann kostet.“
Das Jubiläum feiert RTL am Montag mit einer Jubiläumsshow. Und ein Ende ist nicht in Sicht. „Solang’s dem Sender gefällt, solang’s dem Publikum gefällt und solang’s mir gefällt“, gehe es weiter, sagt Jauch.
„20 Jahre Wer wird Millionär“, RTL, 20.15 Uhr