Rheinische Post

RTL feiert 20 Jahre „Wer wird Millionär“

2800 Kandidaten sind in der Quizshow aufgetrete­n – Moderator Günther Jauch blieb einer besonders in Erinnerung.

- VON CHRISTOPH DRIESSEN

HÜRTH (dpa) „Wer wird Millionär?“kommt aus der hinterletz­ten Ecke. Die Show wird seit 20 Jahren in Hürth produziert, einem Vorort von Köln. Von der Straßenbah­nhaltestel­le geht man eine Wohnstraße entlang, bis man sicher ist, dass man falsch ist. Just an dieser Stelle taucht eine mit Graffiti besprühte Plakatwand mit dem Gesicht von Einzigarti­ge Chance auf Günther Jauch auf. Man wendet sich in das eine große Art Gewerbehof. Geld Dort steht eine Baracke, und wenn man da reinkommt, 20 Jahre Wer ja wird dann, Millionär? endlich, Das steht groman ße Jubiläums-Special, in der aus dem Fernsehen 20.15 Uhr, ver- RTL trauten Deutschlan­ds Kulisse. erfolgreic­hste Quiz

show Diese feiert Schnörkell­osigkeit Geburtstag, und ist Gün- aber eben ther Jauch auch ein bietet Erfolgsgeh­eimnis den Kandidaten der RTL-Quizshow, die vielleicht größte die vor Chance 20 Jahren in der – am Geschichte 3. September der Show, 1999 – erstmals die Million gezeigt zu holen. wurde. Denn Im Prinzip alle Fragen geht es wur- nur darum, den in den dass vergangene­n Günther Jauch 20 (63) Jahren jemandem schon einmal Fragen gespielt. stellt.Wenn Aber er ist oder es sie bei diese 35 000 Fragen Fragen richtig im Archiv beantwor- wirkten lich kann, so einfach? gibt’s eine Das Million werden Euro. die Der zehn Moderator Kandidaten selbst herausfind­en. kennt noch Im einen Publikum anderen sitzen Grund: zudem „Dass nur promi- es immer nente wieder und nicht-prominente gelingt, Leute aus ehe- der Klischeesc­hublade malige Kandidaten. zu holen. Man sieht einen Kandidaten und denkt Taten, die noch Jahre unter Umständen sofort: ,Ja, was ist das später denn schwer für’n Schluffi?’ wiegen Aber dann kommt plötzlich eine originelle Bemerkung Nachlass, 22.25 oder der Uhr, Schluffi 3 SAT Wie reagiert geht man damit um, wenn man erfährt, absolut selbstiron­isch.“Dann kletdass der eigene Vater am Massentere der Kandidat gleichsam aus mord an den Juden unmittelba­r beder Klischeesc­hublade heraus.„Das teiligt war? „Nachlass – lass nach“sind am Ende immer die schönsten schreibt einer der sieben ProtaSendu­ngen.“gonisten des Films, Sohn eines

Etwa 2800 Kandidaten saßen SS-Luftwaffen-Offiziers, auf ein Jauch in den vergangene­n 20 JahGemälde. Er erzählt, wie er daren gegenüber. Einer ist ihm bemit versucht, die ererbte Schwere sonders in Erinnerung geblieben, künstleris­ch zu verarbeite­n. Und er obwohl sein Auftritt bereits 19 Jahist nicht die einzige Person, die in re zurücklieg­t: Martin Horch, der dem Beitrag zeigt, wie sie mit dem damals eine halbe Million gewann. schweren Erbe umgeht. „Das war ein Lüftungsmo­nteur, der überall in Deutschlan­d Lüftungsan­lagen montiert hat. Und es war fasziniere­nd zu beobachten, was der alles wusste“, sagt Jauch. Er habe ihn gefragt, woher er das alle wüsste und Horch habe geantworte­t: „Das kann ich Ihnen genau sagen. Acht Stunden am Tag muss ich arbeiten, da lern’ ich nichts dazu. Acht Stunden am Tag muss ich schlafen, um mich zu erholen. Da lern’ ich auch nichts dazu. Aber die restlichen acht Stunden, die nutze ich, um möglichst viel aufzusauge­n.Wenn ich zum Beispiel in irgendeine­r Stadt auf Montage bin, dann gehe ich dort ins Museum, dann besuche ich Ausstellun­gen oder schaue mir eine Theatervor­stellung an. Das heißt, ich versuche, aus dem letzten Drittel meines Lebens etwas zu machen.“

Insgesamt 85 Millionenf­ragen wurden bisher gestellt, 14 Millionäre gab es, davon drei in Prominente­n-Specials. Prominente Kandidaten seien eine besondere Spezies, verrät Jauch: Sie würden ihr Image nur zu gern um eine grandiose Zurschaust­ellung ihrer Allgemeinb­ildung erweitern, gingen aber natürlich auch das Risiko einer Blamage ein. „Manchmal wundert man sich ja schon, was Menschen, die man seit vielen Jahren als halbwegs intelligen­t aus dem Fernsehen zu kennen glaubt, alles nicht wissen.“

Wenn Jauch selbst als Kandidat bei „WWM“mitmachen würde, wäre die Auswahlfra­ge am Anfang das Schwierigs­te für ihn: „Die Schnelligk­eit kombiniert mit Fingerfert­igkeit. Wenn ich erstmal hier sitzen würde, würde ich ruhiger werden.“Seine Wissenslüc­ken kennt er genau: „Bei mir ist immer alles furchtbar, was mit Weltall zu tun hat. Das interessie­rt mich gar nicht. Alles, was sich über der Ozonschich­t abspielt, ist für mich schwierig. Auch bei Oper bin ich schwach. Und fragen Sie mich nichts über Sternzeich­en. Und wenn’s um zeitgenöss­ische Musik im Uffta-Uffta-Bereich geht, da wird’s bei mir auch finster.“

Bei der Auswahl der Kandidaten achtet die Redaktion auf die richtige Mischung: Männer mit Frauen, Ältere mit Jüngeren, Osten mitWesten. „Der Anspruch, dass wir Gottes großen Zoo abbilden wollen, führt natürlich dazu, dass wir nicht immer nach demselben Kandidaten­typ schauen dürfen.“Zuschauer warten bis zu elf Jahre auf eine Karte.

Bei der inneren Einstellun­g der Kandidaten konstatier­t Jauch eine gewisse Verschiebu­ng: „Früher kamen mehr Leute, die gesagt haben: ,Ich will die Million, ich will nach den Sternen greifen.’ Heute kommen viele, die sagen: ,Ich will einen Wintergart­en.’ Die haben den Kostenvora­nschlag schon machen lassen und setzen die Joker so, dass es genau auf die 16.000 hinausläuf­t, die das Teil dann kostet.“

Das Jubiläum feiert RTL am Montag mit einer Jubiläumss­how. Und ein Ende ist nicht in Sicht. „Solang’s dem Sender gefällt, solang’s dem Publikum gefällt und solang’s mir gefällt“, gehe es weiter, sagt Jauch.

„20 Jahre Wer wird Millionär“, RTL, 20.15 Uhr

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FOTO: TV NOW/FRANK HEMPEL Moderator Günther Jauch bei der Aufzeichnu­ng der Jubiläumss­endung.
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FOTO: NDR

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