„Riesiges Wachstumspotenzial im Kabel“
Der Vodafone-Chef kündigt die komplette Integration von Unitymedia an. Kunden erhalten Bündelangebote.
DÜSSELDORF Hannes Ametsreiter hat jüngst Urlaub in Kalifornien gemacht. Jetzt ist er zurück – und lobt seine Mitarbeiter dafür, wie sie den Start des neuen Mobilfunkstandards 5G und die Übernahme von Unitymedia hinbekommen haben:„Jeder ist hier in den vergangenen Monaten die berühmte Extrameile gegangen. Das war richtig cool.“
Herr Ametsreiter, am 17. Juli erlaubte die EU, dass Vodafone den Kabelkonzern Unitymedia kauft. Was nun?
AMETSREITER Die EU-Kommission hat mit der Erlaubnis der Übernahme das Vorwort geschrieben. Jetzt schreiben wir Geschichte beim Aufbau von Gigabit-Netzen.Wir führen unsere Geschäfte zusammen. Ab heute können Kunden in 540 Vodafone-Shops auch Kabeltarife und Produkte von Unitymedia kaufen. In 130 Shops von Unitymedia gibt’s ab sofort auch Mobilfunk vonVodafone. In NRW, Baden Württemberg und Hessen bringen wir erstmals Bündelprodukte aus beiden Welten – mit Zugang zu Kabel und LTE. Unitymedia-Kunden können unser Mobilfunknetz kostenlos testen. Und wir bieten unseren DSL-Kunden den Wechsel aufs Kabel an. Unser Langfristziel: Möglichst viele Menschen vom langsamen DSL ins schnelle Kabelnetz bringen.
Damit Sie die Durchleitungsgebühr durch das Telekom-Netz sparen? AMETSREITER Auch das. Jeder Kabelkunde bei uns ist ein Kunde weniger, für den wir hohe DSL-Mieten zahlen müssen. Heute überweisen wir dafür jedes Jahr mehr als 500 Millionen Euro an die Telekom. Die Ersparnis dieser Mietkosten ist ein wichtiger Teil der erwarteten Synergievorteile von rund 425 Millionen Euro pro Jahr ab 2025.
Rund 25 Millionen Kabel-Anschlüsse liegen im nun fusionierten, bundesweiten Kabelnetz, die bis 2022 alle auf bis zu ein Gigabit aufgerüstet werden sollen. Das soll die Festnetz-Marktführung bringen?
AMETSREITER: Wir wollen die Besten sein. Das stärkste Vodafone, das es je gab. Mit den attraktivsten Produkten für die meisten Menschen in Deutschland. Dafür betreiben wir die weltweit größte Gigabit-Aufrüstung eines Kabelnetzes. Mit Erfolg: 25 bis 30 Prozent unserer neuenVerträge werden mit einem Tempo von einem Gigabit abgeschlossen.
Kritiker werfen Ihnen vor, ein Gigabit-Monopol aufzubauen. AMETSREITER: Wir bauen kein Monopol. Wir bekämpfen das bestehende.Wir stärken denWettbewerb. Vodafone ist der Hecht im Karpfenteich. Erst jetzt gibt es einen bundesweiten Wettbewerber mit eigener Infrastruktur gegen das bisherige Breitband-Monopol der Telekom. Wir öffnen unser Kabelnetz für Telefonica. So etwas gab es noch nie. Das schafft weitere Konkurrenz.
Von den 25 Millionen Kabelanschlüssen nutzen nur acht Millionen Breitband.
AMETSREITER Schön ist, was für ein riesiges Wachstumspotenzial wir jetzt haben. Bedenken Sie, dass vor zehn Jahren kein Kunde Internet per Kabel nutzte. Heute sind es rund sieben Millionen. Tendenz steigend. Und wenn wir in wenigen Jahren sogar zehn Gigabit anbieten können, haben wir weiteren Zulauf.
Hilft Ihnen das vergrößerte Festnetz, um bei der Zukunftstechnik 5G im Mobilfunk vorn zu liegen? AMETSREITER Wir haben direkt nach der Auktion die ersten 5G-Anwendungen und am 17. Juli das erste 5G-Handy-Netz in Deutschland gestartet. Jede Erfahrung, die wir mit unseren Kunden sammeln, hilft uns beim weiteren Ausbau. Heute betreiben wir inklusive dreier Standorte in Düsseldorf fast 50 5G-Stationen und haben einige Tausend Pionierkunden im Netz. Ende 2019 werden wir eine halbe Million Menschen erreichen, Ende 2020 zehn, Ende 2021 sogar 20 Millionen Menschen. Dabei hilft es uns, dass wir die Glasfaserleitungen unter der Erde auch für die Anbindung vieler Mobilfunkstationen nutzen können.
Könnte es sein, dass die Zukunftstechnik 5G ein Reinfall wird, weil populäre Anwendungen fehlen? AMETSREITER Nein, 5G ist wichtig für die digitale Zukunft Deutschlands. Wir brauchen 5G, um das jährlich um mehr als 50 Prozent wachsende Datenvolumen zu transportieren. Ein Treiber ist das Internet der Dinge. Schon heute senden global fast 90 Millionen Gegenstände Signale über unser Netz aus. Künftig werden es viele Milliarden sein. Dann stößt LTE an seine Grenzen. 5G ist wichtig, damit die Industrie Maschinen in Echtzeit vernetzen kann. In der Autofabrik von Professor Schuh in Aachen ist das schon Realität.
Was ist mit Alltags-Anwendungen? AMETSREITER Die Menschen können mit Augmented Reality und Virtual Reality völlig neue Dinge erleben – so bringen wir 5G mit der Deutschen Fußball Liga in die Bundesliga. Fans können dann Zusatzinfos in Echtzeit auf dem Handy erhalten. Und beim automatisierten Fahren wird 5G eine große Rolle spielen. Die Autos schauen dank Mobilfunk um die Ecke.
Wie interessiert sind die Kunden? AMETSREITER Seit Start vor wenigen Wochen verzeichnen wir tausende neue Nutzer. Weil wir 5G mit noch mehr Menschen teilen wollen, können unsere Kunden ab sofort sogar kostenlos im 5G-Netz surfen. Denn wir bringen die neueste Mobilfunktechnologie für alle Red- und Young-Tarife jetzt ohne Aufpreis.