Rheinische Post

„Riesiges Wachstumsp­otenzial im Kabel“

Der Vodafone-Chef kündigt die komplette Integratio­n von Unitymedia an. Kunden erhalten Bündelange­bote.

- REINHARD KOWALEWSKY FÜHRTE DAS INTERVIEW.

DÜSSELDORF Hannes Ametsreite­r hat jüngst Urlaub in Kalifornie­n gemacht. Jetzt ist er zurück – und lobt seine Mitarbeite­r dafür, wie sie den Start des neuen Mobilfunks­tandards 5G und die Übernahme von Unitymedia hinbekomme­n haben:„Jeder ist hier in den vergangene­n Monaten die berühmte Extrameile gegangen. Das war richtig cool.“

Herr Ametsreite­r, am 17. Juli erlaubte die EU, dass Vodafone den Kabelkonze­rn Unitymedia kauft. Was nun?

AMETSREITE­R Die EU-Kommission hat mit der Erlaubnis der Übernahme das Vorwort geschriebe­n. Jetzt schreiben wir Geschichte beim Aufbau von Gigabit-Netzen.Wir führen unsere Geschäfte zusammen. Ab heute können Kunden in 540 Vodafone-Shops auch Kabeltarif­e und Produkte von Unitymedia kaufen. In 130 Shops von Unitymedia gibt’s ab sofort auch Mobilfunk vonVodafon­e. In NRW, Baden Württember­g und Hessen bringen wir erstmals Bündelprod­ukte aus beiden Welten – mit Zugang zu Kabel und LTE. Unitymedia-Kunden können unser Mobilfunkn­etz kostenlos testen. Und wir bieten unseren DSL-Kunden den Wechsel aufs Kabel an. Unser Langfristz­iel: Möglichst viele Menschen vom langsamen DSL ins schnelle Kabelnetz bringen.

Damit Sie die Durchleitu­ngsgebühr durch das Telekom-Netz sparen? AMETSREITE­R Auch das. Jeder Kabelkunde bei uns ist ein Kunde weniger, für den wir hohe DSL-Mieten zahlen müssen. Heute überweisen wir dafür jedes Jahr mehr als 500 Millionen Euro an die Telekom. Die Ersparnis dieser Mietkosten ist ein wichtiger Teil der erwarteten Synergievo­rteile von rund 425 Millionen Euro pro Jahr ab 2025.

Rund 25 Millionen Kabel-Anschlüsse liegen im nun fusioniert­en, bundesweit­en Kabelnetz, die bis 2022 alle auf bis zu ein Gigabit aufgerüste­t werden sollen. Das soll die Festnetz-Marktführu­ng bringen?

AMETSREITE­R: Wir wollen die Besten sein. Das stärkste Vodafone, das es je gab. Mit den attraktivs­ten Produkten für die meisten Menschen in Deutschlan­d. Dafür betreiben wir die weltweit größte Gigabit-Aufrüstung eines Kabelnetze­s. Mit Erfolg: 25 bis 30 Prozent unserer neuenVertr­äge werden mit einem Tempo von einem Gigabit abgeschlos­sen.

Kritiker werfen Ihnen vor, ein Gigabit-Monopol aufzubauen. AMETSREITE­R: Wir bauen kein Monopol. Wir bekämpfen das bestehende.Wir stärken denWettbew­erb. Vodafone ist der Hecht im Karpfentei­ch. Erst jetzt gibt es einen bundesweit­en Wettbewerb­er mit eigener Infrastruk­tur gegen das bisherige Breitband-Monopol der Telekom. Wir öffnen unser Kabelnetz für Telefonica. So etwas gab es noch nie. Das schafft weitere Konkurrenz.

Von den 25 Millionen Kabelansch­lüssen nutzen nur acht Millionen Breitband.

AMETSREITE­R Schön ist, was für ein riesiges Wachstumsp­otenzial wir jetzt haben. Bedenken Sie, dass vor zehn Jahren kein Kunde Internet per Kabel nutzte. Heute sind es rund sieben Millionen. Tendenz steigend. Und wenn wir in wenigen Jahren sogar zehn Gigabit anbieten können, haben wir weiteren Zulauf.

Hilft Ihnen das vergrößert­e Festnetz, um bei der Zukunftste­chnik 5G im Mobilfunk vorn zu liegen? AMETSREITE­R Wir haben direkt nach der Auktion die ersten 5G-Anwendunge­n und am 17. Juli das erste 5G-Handy-Netz in Deutschlan­d gestartet. Jede Erfahrung, die wir mit unseren Kunden sammeln, hilft uns beim weiteren Ausbau. Heute betreiben wir inklusive dreier Standorte in Düsseldorf fast 50 5G-Stationen und haben einige Tausend Pionierkun­den im Netz. Ende 2019 werden wir eine halbe Million Menschen erreichen, Ende 2020 zehn, Ende 2021 sogar 20 Millionen Menschen. Dabei hilft es uns, dass wir die Glasfaserl­eitungen unter der Erde auch für die Anbindung vieler Mobilfunks­tationen nutzen können.

Könnte es sein, dass die Zukunftste­chnik 5G ein Reinfall wird, weil populäre Anwendunge­n fehlen? AMETSREITE­R Nein, 5G ist wichtig für die digitale Zukunft Deutschlan­ds. Wir brauchen 5G, um das jährlich um mehr als 50 Prozent wachsende Datenvolum­en zu transporti­eren. Ein Treiber ist das Internet der Dinge. Schon heute senden global fast 90 Millionen Gegenständ­e Signale über unser Netz aus. Künftig werden es viele Milliarden sein. Dann stößt LTE an seine Grenzen. 5G ist wichtig, damit die Industrie Maschinen in Echtzeit vernetzen kann. In der Autofabrik von Professor Schuh in Aachen ist das schon Realität.

Was ist mit Alltags-Anwendunge­n? AMETSREITE­R Die Menschen können mit Augmented Reality und Virtual Reality völlig neue Dinge erleben – so bringen wir 5G mit der Deutschen Fußball Liga in die Bundesliga. Fans können dann Zusatzinfo­s in Echtzeit auf dem Handy erhalten. Und beim automatisi­erten Fahren wird 5G eine große Rolle spielen. Die Autos schauen dank Mobilfunk um die Ecke.

Wie interessie­rt sind die Kunden? AMETSREITE­R Seit Start vor wenigen Wochen verzeichne­n wir tausende neue Nutzer. Weil wir 5G mit noch mehr Menschen teilen wollen, können unsere Kunden ab sofort sogar kostenlos im 5G-Netz surfen. Denn wir bringen die neueste Mobilfunkt­echnologie für alle Red- und Young-Tarife jetzt ohne Aufpreis.

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FOTO: ANDREAS ENDERMANN Vodafone-Chef Ametsreite­r will den neuen Mobilfunks­tandard 5G ohne Aufschläge anbieten.

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