Rheinische Post

Ein Auftragski­ller hört auch mal Klassik

Der Düsseldorf­er TV-Kommentato­r Holger Pfandt hat einen Krimi geschriebe­n. Seine Empfehlung: am besten am Pool lesen.

- VON JULIA SCHÜSSLER

Ein kleines Café in Oberkassel. Zwölf Uhr, die 30-Grad-Marke ist fast geknackt. Es riecht nach Kaffee, Zigaretten und frisch gepresstem Orangensaf­t. Die Luft steht, die Leute reden, Hunde bellen. Mittendrin, mit einer Zigarette im Mundwinkel, sitzt ein Mann, der einen Auftragski­ller erfunden hat. Holger Pfandt ist eigentlich Fußballkom­mentator, nun hat er das Leben eines Auftragsmö­rders aufgeschri­eben, der

„Durchknall­en. Lachen. Schmunzeln. Weiterreic­hen“

Holger Pfandt TV-Kommentato­r und Buchautor

in Düsseldorf aktiv ist. Auf 292 Seiten beschreibt er in „Altobelli – Killer. Kröten. Kapriolen“sarkastisc­h wie der Protagonis­t M.A. Kaber zu dem außergewöh­nlichen Job kam und wie „cool“der sein kann.

Robbie Williams, Billy Idol, hier und da mal Klassik: Das ist die Musik, die ein Auftragski­ller hört. „Man kann nie ausschließ­en, dass M.A. Kaber auch ein paar Charakterz­üge von mir hat“, sagt Holger Pfandt und lacht. „Altobelli“sagt Kaber auch sehr gerne. Ebenso gerne wie Pfandt in den 90ern. Mit dem Wort drückt man Erstaunen aus. Eigentlich ist Altobelli aber ein Nachname und gehört zu dem ehemaligen italienisc­hen Fußballspi­eler Alessandro Altobelli.

Fußball sei seine Leidenscha­ft, über ihn schreiben würde Pfandt aber nie.„Mein Hirn und meine Seele sind so gefüllt mit Fußball, dass ich nach anderen Dingen lechze.“Viele Erfahrunge­n habe er gemacht, aber die eines Mörders gehörten definitiv nicht dazu. Er habe einfach etwas Amüsantes schreiben wollen.„Jede Randgruppe hat ein Recht darauf, prosifizie­rt zu werden“, sagt Pfandt. So eben auch die der Auftragski­ller – „denn die gibt es ja wirklich“. Besonders wichtig dabei: die Fallhöhe. Beispiel: Wenn Jungs im Bus sagen „das fuckt mich total ab“sei das normal. Würde das hingegen Wolfgang Schäuble sagen, dann sei das komisch.

Wenn Pfandt schreibt, dann schreibt er. Vor allem wenn er eine Idee hat. Die muss sofort raus aus dem Kopf und aufs Papier, sonst ist sie weg. Um sieben Uhr kann ein Tag für den Autor beginnen, am darauffolg­enden Morgen ist er manchmal erst zu Ende. Wie er das durchhält? Mit Kaffee und Zigaretten. Das ganze Buch schrieb er so in zehn Wochen runter, die Hälfte hat er rausgestri­chen, sagt Pfandt. Wenn Pfandt mal nichts einfiel, machte er eine Pause. Am liebsten in einer Kneipe um die Ecke. Oft fragte er sich, ob die ganze Geschichte nicht einfach zu abgedreht sei. Dann habe er den Kneipengäs­ten zugehört und gemerkt: „Das Buch ist gar nicht verrückt genug.“Die Kneipenspr­ache hat er in sein Buch übernommen. Pfandt glaubt, dass sich der Roman durch die besondere Erzählweis­e auf dem Buchmarkt abhebt.

In dem Roman sterben viele Menschen, genau beschriebe­n wird diese Brutalität allerdings nicht. Es bleibt sehr subtil, eine spezielle Altersfrei­gabe braucht das Buch daher nicht. „Für Humor gibt es ohnehin keine Altersbesc­hränkung“, sagt Pfandt. Seine Mutter, 93, „topfit“, beschrieb das Buch beispielsw­eise so: „Das ist aber lustig und flockig geschriebe­n.“So ein Lob sei schon „exorbitant“, sagt der Rheinlände­r. Sein Buch gewidmet habe er aber seinem verstorben­en Vater. Denn von ihm habe er den Hu

mor.„Er würde eine Augenbraue heben, mich in den Arm nehmen und sagen: Das hast du gut gemacht.“Pfandts Vater war Richter, kritisch aber humorvoll. Als Kind habe sich Pfandt immer gewundert, warum der „Papi“eigentlich keine Perücke trug. Die Erfahrunge­n aus dem Gerichtssa­al schrieb er vor allem in dem Kapitel„Der tanzende Cosmo“auf. Dort ist M.A. Kaber nämlich ehrenamtli­ch als Schöffe tätig.

„Durchknall­en. Lachen. Schmunzeln.Weiterreic­hen“, so Pfandts Gebrauchsa­nweisung für das Buch. Besonders gut soll das am Pool gehen, sagt der Autor. Eine ironische Stimme dabei im Kopf zu haben, sei hilfreich. Denn ernst nehmen sollte man die Geschichte rund um M.A. Kaber nicht. „Der Name passt zum Duktus des Buches“, sagt Pfandt. Der Roman liefere einen süffisante­n Blick auf das Leben, aber eben aus der Sicht eines Auftragski­llers. Beim „Durchknall­en“ertappt sich der Leser, wie er diese makaberen Dinge witzig findet. So soll es sein.

 ?? FOTO: JOHANNES BOVENTER/HOLGER PFANDT ?? Holger Pfandt ist Sohn eines Richters und einer Lehrerin. Er beschreibt sich selbst als den „Verrücktes­ten“der Familie.
FOTO: JOHANNES BOVENTER/HOLGER PFANDT Holger Pfandt ist Sohn eines Richters und einer Lehrerin. Er beschreibt sich selbst als den „Verrücktes­ten“der Familie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany