Rheinische Post

Eine Parade für alle Generation­en

Die Königin grüßte das Publikum mit Kusshänden. Das Wetter spielte mit und lockte viele Schaulusti­ge nach Holthausen.

- VON BEATE GOSTINCAR-WALTHER RP-FOTO: ANNE ORTHEN

HOLTHAUSEN Dass eine Holthausen­er Schützin die Königschei­be mit sicherer Hand getroffen hat und als amtierende Königin die Parade abnimmt, darüber ist Zuschauer Werner Kobler nicht informiert. Nach kurzer Verwunderu­ng meint er: „Es sind ja auch in der Politik immer mehr Frauen an der Macht“. Derweil steht Schützenkö­nigin Waltraut Chung von der Gesellscha­ft Diana in blau-schwarzer Uniform und mit Königskett­e auf einem kleinen Podest und grüßt die vorüberzie­henden Gesellscha­ften und benachbart­en Schützenve­reine mit Kusshänden. Neben ihr hat sich ihr Schützenbr­uder und Prinzgemah­l Helge Gatzen postiert. Sonne und Wolken liefern sich noch einen kleinen Wettstreit, als am Sonntag zwischen Henkel- und Kölner Landstraße zahlreiche Schaulusti­ge die farben- und musikpräch­tige Parade des St. Sebastianu­s-Schützenve­reins Holthausen erleben.

Vorneweg und blumenumkr­änzt ist die Goldene Mösch (derVogel) zu sehen, dahinter die Fahnenträg­er mit aufwändige­n, bestickten Bannern. Schützen in prächtigen Livrees und Musikcorps mit schnittige­n Märschen ziehen vorüber. Petra Dietrich gefällt das. „Es ist Tradition und mit viel Arbeit verbunden“, meint die Holthausen­erin. Der zweijährig­e Familienhu­nd Lexy steht daneben und zuckt mit keinem Ohr - offenbar ist er ebenfalls Holthausen­er Schützenfa­n. Erika Mevissen hat sich gegenüber den Würdenträg­ern platziert und ihren Fotoappara­t gezückt. Selbst gehört sie nicht zum Schützenve­rein, aber die Adjutantin ist ihre Freundin. „Ich finde das toll - die Marschmusi­k, den Zusammenha­lt und die Damenkompa­nie“, schwärmt sie. „Aber die haben nie Zeit. Mal ist Schießen, mal wird jemand 50 oder 60“, kommentier­t die Holthausen­erin launig den Engpass im Kalender ihrer Freundin.

Davon kann auch Würdenträg­erin Waltraut Chung erzählen. „Die Verpflicht­ungen sind eine Bereicheru­ng, aber eben auch Stress“, gesteht sie. Erst wollte sie das alleine stemmen. Doch dann habe sich Schützenbr­uder Helge Gatzen zur Unterstütz­ung angeboten; darüber sei sie froh. Im Jahr 2017 war die ehemalige Wirtin der Gasstätte „Zum Crümel“beim Königsschi­eßen schon einmal als einzige Frau im Endspurt. Damals hatte es mit der Königswürd­e nicht geklappt. „Dann habe ich mir vorgenomme­n: Dieses Jahr schaffst du das“, erzählt die 69-Jährige. Das habe wohl geholfen. Seit 2001 gehört sie zu der reinen Damengesel­lschaft „Diana“, es ist ihre erste Königswürd­e.

Stanislava Köhler steht am Rande der Parade und ist begeistert: „Das ist wunderbar, ich mag die Musik so

gerne.“In ihrer Heimat Tschechien gebe es keine Schützenve­reine. Das Ehepaar Benedens steht mit seinem kleinen Sohn Louis im Kinderwage­n ebenfalls am Rande. Beide – sagen sie unisono – haben kein Faible für diese rheinische Tradition. Als der prächtige Zug die Kölner Landstraße entlang gen Schützenpl­atz zieht, hat sich die Sonne durchgeset­zt.

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Schon die Jüngsten freuen sich auf den Höhepunkt des Holthausen­er Sommerbrau­chtums.

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