Künftige EZB-Chefin Lagarde: Zinsen könnten noch sinken
BRÜSSEL Die künftige Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sieht bei den Zinsen in der Euro-Zone weiteren Spielraum nach unten. Bei ihrem Auftritt vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss im Europaparlament erklärte die 63 Jahre alte Französin am Mittwoch, die effektive Untergrenze sei noch nicht erreicht. „Die EZB hat ihren breit gefächerten Werkzeugkasten zur Verfügung und muss bereit stehen, zu handeln“, sagte sie. Sie fühle sich vor allem dem Mandat der EZB verpflichtet, für Preisstabilität zu sorgen. Die Inflation in der Euro-Zone soll knapp unter zwei Prozent liegen. Derzeit liegt sie bei einem Prozent. Lagarde wird Anfang November die Nachfolge des Italieners Mario Draghi antreten. Es wird nicht ausgeschlossen, dass die EZB noch unter Draghis Führung am 12. September den Einlagezins für Banken, der derzeit bei minus 0,4 Prozent liegt, weiter senken wird.
Der grüne Finanzexperte Sven Giegold sieht die EZB zu Unrecht in der Kritik für die negativen Folgen der Niedrigzinspolitik. „Es war die EZB, die in der Staatsschuldenkrise den Euro gerettet hat, nicht die Politik.“Lagarde mahnte „wachstumsfreundliche Strukturreformen“in jenen Ländern an, die ihre Hausaufgaben noch nicht erledigt hätten, also Italien und Frankreich.
Der Finanzexperte der Christdemokraten, Markus Ferber, mahnte unter Lagardes Führung einen Abschied von der lockeren Geldpolitik der EZB an: „Sie muss aufzeigen, wie sie die Eurozone langfristig von der Droge des billigen Geldes wegführen will.“Heftige Kritik am Festhalten an Draghis Kurs kommt von der Deutschen Bank: „Langfristig ruinieren diese Niedrigzinsen das Finanzsystem“, sagte DeutscheBank-Chef Christian Sewing. Die Negativzinsen kosteten allein die Deutsche Bank einen dreistelligen Millionenbetrag in diesem Jahr. Auf vier Jahre hochgerechnet sind das mehr als zwei Milliarden Euro.“