Königsklasse ohne Emre Can
Der Nationalspieler gehört nicht zum Champions-League-Kader von Juventus Turin. Das gefährdet auch sein EM-Ziel.
DÜSSELDORF Für Fußballer Emre Can schien es gerade wieder gut zu laufen. Am vergangenen Donnerstag wurde er von Bundestrainer Joachim Löw in den Kader für die EM-Qualifikationsspiele gegen die Niederlande und Nordirland nominiert. Am Dienstagabend folgte dann die große Ernüchterung: Can wurde nicht in das Champions-League-Aufgebot von Juventus Turin für die neue Saison berufen. „Das ist extrem schockierend für mich, dass ich nicht dabei bin in der Champions League, weil man mir letzte Woche noch etwas anderes versprochen hat“, sagte der Mittelfeldspieler am Mittwoch in Hamburg vor demTraining der deutschen Nationalmannschaft. Sein Trainer Maurizio Sarri hätte ihm zuvor bei einem persönlichen Gespräch versprochen, dass er ihn selbstverständlich für die kommende Saison in der Königsklasse melden würde. Am Dienstagabend kam es nun anders. Sarri habe ihm die Entscheidung amVorabend in einem kurzen Telefonat mitgeteilt, „ohne mir eine Begründung zu nennen“, sagte der 25-Jährige. „Das macht mich schon sauer und wütend.“
Juventus Turin hat einen in der Breite extrem gut aufgestellten Kader. Die Konkurrenz im Zentralen Mittelfeld ist für Can groß. Sieben zentrale Mittelfeldspieler kämpfen um drei Plätze in der Startelf. Mit Aaron Ramsey (vom FC Arsenal) und Adrien Rabiot (von Paris-Saint-Germain) wurden in der Sommerpause zwei hochklassige Mittelfeldspieler verpflichtet. Hinzu kommen Sami Khedira, Miralem Pjanic, Rodrigo Bentancur und Blaise Matuidi. Unter Sarri bekommt Can bislang nicht die gewünschten Einsatzzeiten. In den ersten beiden Liga-Spielen blieb für Can zunächst nur die Bank übrig. Im Liga-Spiel gegen den SSC Neapel am vergangenen Wochenende wurde er in der 60. Minute für Khedira eingewechselt. Zum Vergleich : In der vergangenen Saison unter Trainer Massimiliano Allegri kam der Nationalspieler noch zu 29 Liga- und sechs Champions-League Einsätzen.
Deshalb stand beim ehemaligen Bundesliga-Profi bis zu Wochenbeginn noch ein möglicher Vereinswechsel zu Paris-Saint-Germain im Raum. „Für mich war eine Bedingung, beim Verein zu bleiben, dass ich in der Champions League dabei bin“, sagte Can. Diese Bedingung wurde nun nicht erfüllt. Nach Ablauf der Transferfrist am Montag ist es für ihn aktuell nicht mehr möglich, zu einem anderen Verein zu wechseln.
Die Degradierung trifft ihn doppelt: Einerseits ist die Königsklasse für Italiens Serienmeister der Wettbewerb schlechthin. Und auch mit Blick auf die EM 2020 trifft Can die Ausbootung.„Ich muss in der Champions League spielen, ich will in der Champions League spielen. Das ist für mich sehr, sehr wichtig“, sagte er. Denn mit Blick auf die Konkurrenz in der Nationalmannschaft geht es für Can auch darum, sich für den EM-Kader zu empfehlen. Das geht bekanntlich nur, wenn man auch spielt. Seine direkten DFB-KonkurrentenToni Kroos (Real Madrid), Ilkay Gündogan (Manchester City), Joshua Kimmich und Leon Goretza (beide FC Bayern) spielen alle in der Königsklasse, die für Bundestrainer Joachim Löw ein wichtiges Nominierungskriterium ist.
Der Bundestrainer schätzt die fußballerischen Qualitäten des geborenen Frankfurters sehr. „Emre Can ist ein anderer Spielertyp als Kroos, Gündogan oder Kimmich. Er ist ein guter Balleroberer, er spielt mit einem großen physischen Einsatz, mit viel Körperlichkeit, er hat eine Ruhe am Ball“, sagte Löw. Das gibt dem jungen Mittelfeldspieler Mut für die kommenden Länderspiele. Er möchte den Fokus aktuell ganz „auf die zwei großen Spiele“gegen Holland und Nordirland richten – mit einer Jetzt-erst-rechtHaltung.„Ich werde versuchen, den Leuten zu beweisen, die nicht an mich geglaubt haben, dass ich dabei sein müsste in der Champions League.“
Dennoch bleibt der Ärger über seine Situation in Turin. Er kündigte an, für sich Konsequenzen aus der Ausbootung zu ziehen. Ein Wechsel im Winter ist daher nicht unwahrscheinlich. Neben Can wurde auch Mario Mandzukic nicht für den Champions-League-Kader von Juventus Turin nominiert. Der 33-jährige Stürmer wurde im Sommer immer wieder mit Bayern München und Borussia Dortmund in Verbindung gebracht. Nun müssen sich die beiden ehemaligen Bundesligaspieler mit einem möglichenWechsel bis zur Winterpause gedulden. (mit dpa)