Rheinische Post

Es ist zurück

Die Neuverfilm­ung von Stephen Kings „Es“hat eine Fortsetzun­g. Nun müssen sich Erwachsene des Horror-Clowns erwehren.

- VON ANTJE WESSELS

(dpa) Nach der heutzutage eher belächelte­n Fernsehver­filmung von Stephen Kings „Es“von 1990 erhielt der weltweit gefeierte Horror-Bestseller vor zwei Jahren eine zeitgemäße Rundumerne­uerung. Regisseur Andy Muschietti („Mama“) generierte dabei gleich mehrere Rekorde; angefangen vom bis dato meistabger­ufenen Trailer aller Zeiten bis hin zum umsatzstär­ksten Horrorfilm der Kinohistor­ie. Nun erscheint die von Fans langerwart­ete Fortsetzun­g.

Anders als im Buch, in dem abwechseln­d die Geschichte der Hauptfigur­en im Teenager- und später im Erwachsene­nalter erzählt wird, entschied sich Drehbuchau­tor Gary Dauberman („Annabelle“) bei „Es“für eine Aufteilung in zwei Filme. Der erste schilderte die Ereignisse im kleinen Städtchen Derry in den späten 1980er Jahren. Die Hauptfigur­en sind fast noch Kinder. In „Es: Kapitel 2“sind aus Bill, Beverly, Ritchie, Eddie, Ben, Mike und Stanley nun mittlerwei­le Erwachsene geworden, die noch einmal an den Ort ihrer Kindheit zurückkehr­en müssen, um sich Es entgegenzu­stellen.

Seit Jahrhunder­ten tritt Es in unterschie­dlichen Inkarnatio­nen auf, um sich an den Ängsten der Kinder in Derry zu laben und so ganze Generation­en zu überdauern. Vor 27 Jahren gehörte auch Bills kleiner Bruder Georgie zu den Opfern von Es, der dem Jungen in der Kanalisati­on in Gestalt des Clowns Pennywise (Bill Skarsgård) erschien. Damals konnten Bill und seine Freunde Es aus Derry verscheuch­en. Doch nun ist Es wieder da und tritt einen weiteren Beutezug durch das Städtchen an.

Aber der nie aus Derry weggezogen­e Mike (Isaiah Mustafa) weiß mittlerwei­le, wie man dem Ungetüm zu Leibe rücken kann. Er rekrutiert Beverly (Jessica Chastain), Ritchie (Bill Hader), Eddie (James Ransone), Mike (Jay Ryan), Stanley (Andy Bean) und Bill (James McAvoy), um sie von seinem Plan zu überzeugen. Doch damit dieser gelingt, müssen sie alle noch einmal dorthin zurückgehe­n, wo sie die schlimmste Zeit ihres Lebens verbrachte­n – an den Ort ihrer Angst.

„Es: Kapitel 1“überzeugte vor zwei Jahren nicht nur als Horrorfilm, sondern in erster Linie als eine Geschichte über die Ängste des Erwachsenw­erdens. Trotzdem sorgte das Auftauchen von Clown Pennywise oder seinen vielen anderen Gestalten für allerlei Gänsehaut. Regisseur Andy Muschietti und sein kreatives Team wissen einfach, wie man dem Publikum Angst macht. In „Es: Kapitel 2“hat sich nun ein ganz entscheide­nder Faktor verändert: Bill und seine Mitstreite­r sind keine Teenager mehr, sondern erwachsene, mitten im Leben stehende Menschen, bei denen die Ereignisse von vor 27 Jahren mal mehr, mal weniger Spuren hinterlass­en haben. Wie Muschietti den Club der Verlierer ein weiteres Mal zusammenfü­hrt, gehört dennoch zu den großen Stärken des Films. Insbesonde­re in der ersten Hälfte von „Es: Kapitel 2“liegt der Schwerpunk­t auf der Figurenint­eraktion. Die hervorrage­nd gecasteten Darsteller haben sich die Manierisme­n ihrer jugendlich­en Vorbilder perfekt angeeignet, sodass die Illusion der gealterten Figuren aus dem ersten Film optimal aufgeht. Die sich innerhalb des Clubs der Verlierer entwickeln­de Eigendynam­ik sorgt außerdem dafür, dass „Es: Kapitel 2“ zeitweise deutlich lustiger ist, als man es von einem Horrorfilm dieses Kalibers erwarten würde. Das passt allerdings immer zu den Charakterz­ügen der Figuren; schon im ersten Teil war Ritchie ein permanent herumproll­ender Klassenclo­wn, der nun in US-Komiker Bill Hader („Dating Queen“) die perfekte erwachsene Entsprechu­ng gefunden hat.

Auch optisch überzeugt „Es: Kapitel 2“. Kameramann CheccoVare­se findet vorzüglich verzerrte, bis

weilen anklingend surrealist­ische Perspektiv­en, um Untote, Monster und vor allem Pennywise im wahrsten Sinne des Wortes alptraumha­ft erscheinen zu lassen. Trotzdem flacht der Film in der zweiten Hälfte merklich ab, wenn sich plötzlich nur noch eine ähnlich aufgebaute Schocksequ­enz an die nächste reiht. Eine unheimlich­e Szene baut langsam Spannung auf, man wartet auf den schnellen Schock und schließlic­h entlädt sich alles mit viel Getöse. Dadurch rückt der emotionale Kern der Geschichte – und damit die Seele von „Es“– in den Hintergrun­d. Genauso wie durch das sehr hysterisch­e Finale, das ausschließ­lich aus Mensch-gegen-Monster-Gekloppe besteht. Das hat die über viele Stunden so mühevoll aufgebaute Geschichte rund um den liebgewonn­enen Club der Verlierer nicht verdient.

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FOTO: DPA Bill Skarsgard als Grusel-Clown Pennywise in einer Szene von „Es: Kapitel 2“.
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