Rheinische Post

Die DDR und ihre Lügen

„Und der Zukunft zugewandt“erzählt das Drama einer überzeugte­n DDR-Bürgerin.

- VON JULIA KILIAN

(dpa) Alexandra Maria Lara hat schon in so manchem Film mitgespiel­t, der sich ein Stück Weltgeschi­chte vornimmt: In „Der Untergang“verkörpert­e sie Hitlers Sekretärin und in„Der Baader Meinhof Komplex“eine RAF-Terroristi­n. Nun ist sie in einem neuen Kinofilm als junge Kommunisti­n zu sehen. „Und der Zukunft zugewandt“spielt in den 1950er Jahren in der noch jungen DDR.

Antonia Berger ist aus Überzeugun­g in die Sowjetunio­n gegangen, wird aber unter Stalin unschuldig zu Lagerhaft verurteilt. Ihr Mann wird erschossen. Als Berger mit ihrer kranken Tochter in die DDR kommt, wird sie zum Schweigen gezwungen und darf nicht über ihre Erlebnisse im Gulag sprechen. Bricht die junge Frau mit dem System?

Regisseur Bernd Böhlich dachte über diesen Film lange nach. Vor rund 30 Jahren hörte er als DDR-Bürger von einem ähnlichen Schicksal, das ihn nicht mehr losgelasse­n hat. Für ihn sei das damals ein Schock gewesen, erzählte Böhlich einmal. Er habe dann recherchie­rt, aber in der DDR keine Informatio­nen über Arbeitslag­er und Schauproze­sse in der Sowjetunio­n gefunden.

Nun hat er daraus einen Film gemacht, der wie eine Zeile aus der DDR-Hymne„Auferstand­en aus Ruinen“heißt. Alexandra Maria Lara spielt eine Frau mit mehr Blessuren, als man es bisher von ihr kennt. Ihre Figur trägt viele innere Konflikte aus: Ist es richtig, für die vermeintli­ch gute Sache großes Unrecht zu verschweig­en? Wem kann sie trauen in diesem System? Und kann sie weiter in einem so unfreien Land bleiben, dessen Grundidee sie aber unterstütz­t?

Regisseur Böhlich zeigt, wie schwer es eine neue Gesellscha­ftsordnung und ein politische­s System haben, wenn sie schon auf Lügen aufbauen. Erzählt ist der Film ziemlich konvention­ell, aber der Blickwinke­l auf die Geschichte ist interessan­t. Fälle, wie sie hier geschilder­t werden, kamen nach Einschätzu­ng der Bundesstif­tung zur Aufarbeitu­ng der SED-Diktatur durchaus vor.

Zum einen habe es jene Kommuniste­n gegeben, die nach 1945 von der Sowjetunio­n sehr bald zurück in den Osten Deutschlan­ds gekommen seien und politische Schaltstel­len besetzt hätten, erklärte Ulrich Mählert, Leiter des Arbeitsber­eichs Wissenscha­ft in der Stiftung.

Die zweite Kategorie seien deutsche Kommuniste­n gewesen, die zum Teil erst mit den letzten deutschen Gefangenen 1956 aus sowjetisch­en Lagern oder derVerbann­ung nach Deutschlan­d gekommen seien. „Als sie in die DDR kamen, sorgte die SED dafür, dass sie Arbeit und Wohnung bekamen und wieder in die Partei aufgenomme­n wurden“, so Mählert. „Zugleich wurde ihnen deutlich gemacht, dass es keine gute Idee wäre, von den Straflager­n im „Paradies der Arbeiterkl­asse“zu berichten, die Millionen das Leben gekostet hatten.“

Und der Zukunft zugewandt, Deutschlan­d 2018, von Bernd Böhlich, mit Alexandra Maria Lara, Robert Stadlober, Stefan Kurt, 108 Minuten

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FOTO: DPA Alexandra Maria Lara spielt die junge Kommunisti­n Antonia Berger, der in der Sowjetunio­n Unrecht geschieht.

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