Wo Buddha und Ganesha zu Hause sind
In Unterbilk hat Daniela Reich-Perulli in ihrem Hinterhof eine kleine Wellnessoase geschaffen.
UNTERBILK Honigfarben sind die Wände im Eingangsbereich gestrichen, der überdacht ist, der hinter dem massiven Stahltor liegt, das gar nicht so massiv wirkt, weil es mit Ranken bemalt und mit roten und blauen und grünen Glassteinen verziert ist. In diesem Eingangsbereich gibt es hier und da eine Tür, hellblau angemalt, mit Perlen und Blüten dekoriert. Auf den grauen Betonboden fallen ein paar Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg gesucht haben durch die Blätter der Magnolie, die im versteckten Hof zwischen dem Eingangsbereich und Daniela Reich-Perullis Wellness- und Reiki-Studio wächst.„Im Frühling blüht hier alles rosa und weiß“, erzählt die 51-Jährige, die jedes Jahr aufs Neue begeistert ist von der Magnolie, ihren Ausmaßen, dem Frühling, den Farben und die damit auch viele andere Menschen begeistert. Und nicht nur mit der Magnolie im Hof, die größer ist als übliche Magnolien, sondern auch mit dem Hinterhof selbst, der so bunt ist, als feiere Daniela Reich-Perulli jeden Tag Holi – das indische Frühlingsfest, bei dem sich die Menschen gegenseitig mit gelbem und grünem und blauem und pinkem Pulver bewerfen. Der Hof ist so bunt und wild und voller Überraschungen, als könnte Chris Martin von Coldplay jeden Augenblick aus einer der hellblau bemalten Türen springen und einen Song performen von seinem Album „A Head Full of Dreams“.
Einen Kopf voller Träume, das ist das, was auch Daniela Reich-Perulli hat. Es sind Ideen, die ihr kommen bei Reisen, die sie in ihrem Studio Padmavati Ayuerveda umsetzt. Bevor sie das Studio eröffnete, war Reich-Perulli Inneneinrichterin. Irgendwann hatte sie beruflich in Indien zu tun und reiste über eine Bekanntschaft weiter nach Sri Lanka, wo sie sich zum ersten Mal mit der 5000 Jahre alten Medizin befasste. „Ayurveda ist nichts Esoterisches“, sagt die Unterbilkerin, die ihr Inneneinrichtungsbüro an der Reichsstraße kurzerhand zum Wellness- und Reiki-Studio umfunktionierte. Yoga, Pilates, Chigong – jeden Tag gibt es einen anderen Kurs im Padmavati Ayurveda, „vier Lehrer unterrichten hier regelmäßig“, sagt Daniela Reich-Perulli, die mehr wollte als ein einfaches Yoga-Studio, die sich beschäftigt mit den Doshas des Menschen, mit dem, was dem Menschen Probleme verursacht – Vata, Pitta, Kapha.
„Woher kommen Schlafstörungen, woher Verdauungsprobleme, woher unreine Haut oder brüchige Nägel“, fragt die 51-Jährige, die oft neben zu viel Stress auch falsche Ernährung als Ursache ausmachen kann. Deshalb bietet sie einmal in der Woche einen ayurvedischen Mittagstisch an in ihrem Hinterhof, in dem sie Platz hat für 25 Gäste. Die kleinen runden Bistrotische und bunt bemalten Gartenstühle stehen zwischen Buddha-Figuren und der indischen Gottheit Ganesha.
Immer donnerstags kocht Daniela Reich-Perulli, vegetarisch, „obwohl die ayurvedische Küche nicht vegetarisch sein muss“, sagt die 51-Jährige. Bei ihr ist das so, bei ihr gibt es Gemüse-Gerichte, Aufläufe, „Ayurveda heißt auch, dass man sich mit Produkten aus seiner Region ernährt“. Sieben Euro nimmt sie dafür, „manchmal sagen die Gäste, dass das zu wenig ist. Aber ich will, dass sich alle Ayurveda leisten können“, sagt Reich-Perulli. Viele Gewürze stehen in Reich-Perullis Küche, „die Gewürze sind die Basis“, sagt sie. Von jeder Reise bringt sie welche mit, meistens ist die 51-Jährige in Asien unterwegs. Inzwischen empfiehlt sie den Leuten zu reservieren, gerade im Sommer wollen alle draußen sitzen, im Hinterhof, in dem es Schatten gibt und Ruhe, in dem es kühl ist und friedlich und es plätschert, weil überall kleine Brunnen stehen.
Einer davon wirkt, als wäre er ein Teil der Hauswand. Ein goldfarbenes Gesicht, mandelförmige Augen, Knubbelnase. Gerahmt ist es mit neonfarbenen Steinen, die einen perfekten Farbverlauf haben, wie ein Regenbogen, den Daniela Reich-Perulli immer mal wieder auffrischt. „Er ist ein beschützender Dämon“, sagt sie, „in Bali gibt es auch gute Dämonen.“Daneben steht auf einer Säule Ganesha, der elefantenköpfige Gott im Hinduismus. Wer zum ersten Mal in Daniela Reich-Perullis Hinterhof ist, der muss sich Zeit nehmen, um all die vielen Details erfassen zu können. Wie die pinke Schaufensterpuppe, die hinter einem Kerzenhalter steht und eine Yoga-Pose eingenommen hat – ein Bein angewinkelt, den Fuß auf den Oberschenkel gelegt, die Handflächen berühren sich vor der Brust. Oder die Terrakotta-Töpfe, die die 51-Jährige früher schon im Hinterhof hatte, als sie noch Inneneinrichterin war. Bunt war sie damals schon, und mit den Jahren sind immer mehr Farben dazugekommen. Alles ist in Bewegung bei ihr. Auf den Wänden und Tischen, und auf ihrem Körper. Um ihre Arme und Handgelenke schlingen sich Ranken und Blumen und Blüten, fast so wie auf ihren Wänden und dem schweren Eingangstor. „Ich zeichne alles selbst und bringe manchmal meinen Tätowierer um denVerstand“, sagt sie. Vor 25 Jahren hat sie sich das erste Motiv stechen lassen, seitdem sind immer neue Bilder auf ihrer Haut dazugekommen. Arme, Rücken, Schulter – auf dem Fuß ist es besonders schmerzhaft gewesen, sagt Daniela Reich-Perulli, die nicht nur an der Reichsgasse arbeitet, sondern auch wohnt. Vom Hinterhof aus kann sie ihren Balkon im ersten Stock sehen, jeder wird ihn erkennen. Dunkelgrün gestrichen, gelbe und lilafarbene Blumenkübel wechseln sich ab, ein Farbkleks in einer sonst eher langweiligen Fassadengestaltung, als hätte sich ein bisschen grünes Pulver verirrt bei Daniela Reich-Perullis Frühlingsfest Holi.