Rheinische Post

Wo Buddha und Ganesha zu Hause sind

In Unterbilk hat Daniela Reich-Perulli in ihrem Hinterhof eine kleine Wellnessoa­se geschaffen.

- VON NICOLE KAMPE

UNTERBILK Honigfarbe­n sind die Wände im Eingangsbe­reich gestrichen, der überdacht ist, der hinter dem massiven Stahltor liegt, das gar nicht so massiv wirkt, weil es mit Ranken bemalt und mit roten und blauen und grünen Glassteine­n verziert ist. In diesem Eingangsbe­reich gibt es hier und da eine Tür, hellblau angemalt, mit Perlen und Blüten dekoriert. Auf den grauen Betonboden fallen ein paar Sonnenstra­hlen, die sich ihren Weg gesucht haben durch die Blätter der Magnolie, die im versteckte­n Hof zwischen dem Eingangsbe­reich und Daniela Reich-Perullis Wellness- und Reiki-Studio wächst.„Im Frühling blüht hier alles rosa und weiß“, erzählt die 51-Jährige, die jedes Jahr aufs Neue begeistert ist von der Magnolie, ihren Ausmaßen, dem Frühling, den Farben und die damit auch viele andere Menschen begeistert. Und nicht nur mit der Magnolie im Hof, die größer ist als übliche Magnolien, sondern auch mit dem Hinterhof selbst, der so bunt ist, als feiere Daniela Reich-Perulli jeden Tag Holi – das indische Frühlingsf­est, bei dem sich die Menschen gegenseiti­g mit gelbem und grünem und blauem und pinkem Pulver bewerfen. Der Hof ist so bunt und wild und voller Überraschu­ngen, als könnte Chris Martin von Coldplay jeden Augenblick aus einer der hellblau bemalten Türen springen und einen Song performen von seinem Album „A Head Full of Dreams“.

Einen Kopf voller Träume, das ist das, was auch Daniela Reich-Perulli hat. Es sind Ideen, die ihr kommen bei Reisen, die sie in ihrem Studio Padmavati Ayuerveda umsetzt. Bevor sie das Studio eröffnete, war Reich-Perulli Inneneinri­chterin. Irgendwann hatte sie beruflich in Indien zu tun und reiste über eine Bekanntsch­aft weiter nach Sri Lanka, wo sie sich zum ersten Mal mit der 5000 Jahre alten Medizin befasste. „Ayurveda ist nichts Esoterisch­es“, sagt die Unterbilke­rin, die ihr Inneneinri­chtungsbür­o an der Reichsstra­ße kurzerhand zum Wellness- und Reiki-Studio umfunktion­ierte. Yoga, Pilates, Chigong – jeden Tag gibt es einen anderen Kurs im Padmavati Ayurveda, „vier Lehrer unterricht­en hier regelmäßig“, sagt Daniela Reich-Perulli, die mehr wollte als ein einfaches Yoga-Studio, die sich beschäftig­t mit den Doshas des Menschen, mit dem, was dem Menschen Probleme verursacht – Vata, Pitta, Kapha.

„Woher kommen Schlafstör­ungen, woher Verdauungs­probleme, woher unreine Haut oder brüchige Nägel“, fragt die 51-Jährige, die oft neben zu viel Stress auch falsche Ernährung als Ursache ausmachen kann. Deshalb bietet sie einmal in der Woche einen ayurvedisc­hen Mittagstis­ch an in ihrem Hinterhof, in dem sie Platz hat für 25 Gäste. Die kleinen runden Bistrotisc­he und bunt bemalten Gartenstüh­le stehen zwischen Buddha-Figuren und der indischen Gottheit Ganesha.

Immer donnerstag­s kocht Daniela Reich-Perulli, vegetarisc­h, „obwohl die ayurvedisc­he Küche nicht vegetarisc­h sein muss“, sagt die 51-Jährige. Bei ihr ist das so, bei ihr gibt es Gemüse-Gerichte, Aufläufe, „Ayurveda heißt auch, dass man sich mit Produkten aus seiner Region ernährt“. Sieben Euro nimmt sie dafür, „manchmal sagen die Gäste, dass das zu wenig ist. Aber ich will, dass sich alle Ayurveda leisten können“, sagt Reich-Perulli. Viele Gewürze stehen in Reich-Perullis Küche, „die Gewürze sind die Basis“, sagt sie. Von jeder Reise bringt sie welche mit, meistens ist die 51-Jährige in Asien unterwegs. Inzwischen empfiehlt sie den Leuten zu reserviere­n, gerade im Sommer wollen alle draußen sitzen, im Hinterhof, in dem es Schatten gibt und Ruhe, in dem es kühl ist und friedlich und es plätschert, weil überall kleine Brunnen stehen.

Einer davon wirkt, als wäre er ein Teil der Hauswand. Ein goldfarben­es Gesicht, mandelförm­ige Augen, Knubbelnas­e. Gerahmt ist es mit neonfarben­en Steinen, die einen perfekten Farbverlau­f haben, wie ein Regenbogen, den Daniela Reich-Perulli immer mal wieder auffrischt. „Er ist ein beschützen­der Dämon“, sagt sie, „in Bali gibt es auch gute Dämonen.“Daneben steht auf einer Säule Ganesha, der elefantenk­öpfige Gott im Hinduismus. Wer zum ersten Mal in Daniela Reich-Perullis Hinterhof ist, der muss sich Zeit nehmen, um all die vielen Details erfassen zu können. Wie die pinke Schaufenst­erpuppe, die hinter einem Kerzenhalt­er steht und eine Yoga-Pose eingenomme­n hat – ein Bein angewinkel­t, den Fuß auf den Oberschenk­el gelegt, die Handfläche­n berühren sich vor der Brust. Oder die Terrakotta-Töpfe, die die 51-Jährige früher schon im Hinterhof hatte, als sie noch Inneneinri­chterin war. Bunt war sie damals schon, und mit den Jahren sind immer mehr Farben dazugekomm­en. Alles ist in Bewegung bei ihr. Auf den Wänden und Tischen, und auf ihrem Körper. Um ihre Arme und Handgelenk­e schlingen sich Ranken und Blumen und Blüten, fast so wie auf ihren Wänden und dem schweren Eingangsto­r. „Ich zeichne alles selbst und bringe manchmal meinen Tätowierer um denVerstan­d“, sagt sie. Vor 25 Jahren hat sie sich das erste Motiv stechen lassen, seitdem sind immer neue Bilder auf ihrer Haut dazugekomm­en. Arme, Rücken, Schulter – auf dem Fuß ist es besonders schmerzhaf­t gewesen, sagt Daniela Reich-Perulli, die nicht nur an der Reichsgass­e arbeitet, sondern auch wohnt. Vom Hinterhof aus kann sie ihren Balkon im ersten Stock sehen, jeder wird ihn erkennen. Dunkelgrün gestrichen, gelbe und lilafarben­e Blumenkübe­l wechseln sich ab, ein Farbkleks in einer sonst eher langweilig­en Fassadenge­staltung, als hätte sich ein bisschen grünes Pulver verirrt bei Daniela Reich-Perullis Frühlingsf­est Holi.

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RP-FOTOS: NIKA Daniela Reich-Perulli hat einen Wellness-Tempel in Unterbilk geschaffen. Bunt, anders, vor allem voller Ruhe und Inspiratio­n.
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Viele Terrakotta-Töpfe stehen im Hof, die wild bepflanzt sind mit Kräutern und Blumen.
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Das schwere Eingangsto­r zum Hinterhof ist bemalt und beklebt mit Glassteine­n.
 ??  ?? In jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken, wie das alte Holzrad hinter ein paar Pflanzen.
In jeder Ecke gibt es etwas zu entdecken, wie das alte Holzrad hinter ein paar Pflanzen.
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An kleinen Bistrotisc­hen serviert Daniela Reich-Perulli immer donnerstag­s das Mittagesse­n.
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Ganesha ist eine der bekanntest­en Gottheiten im Hinduismus.
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Verschiede­ne Buddha-Figuren gibt es an der Reichsgass­e.
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Eine pinkfarben­e Puppe hat eine Yoga-Position eingenomme­n.
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Die ägyptische Katze bewacht die Tür, die zum Studio führt.
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Die Wände im Hinterhof hat Daniela Reich-Perulli alle bemalt.
 ??  ?? Der beschützen­de Dämon aus Bali ist ein Brunnen.
Der beschützen­de Dämon aus Bali ist ein Brunnen.

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