Rheinische Post

Ungeheuerl­iche Behauptung­en

Im packenden Drama „Verleugnun­g“kämpft eine Professori­n gegen einen Holocaustl­eugner.

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(ry) Der Holocaust markiert die dunkelste Stunde der deutschen Geschichte. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs brachten die Nationalso­zialisten unter Adolf Hitler mehr als sechs Millionen Juden um. Diesen Opfern wird seit 1996 jährlich am 27. Januar gedacht, um die Erinnerung aufrechtzu­erhalten, weil sich solche Taten in der Zukunft nicht wiederhole­n dürfen. Nichtsdest­otrotz gibt es immer noch einige Menschen, die den Holocaust leugnen. Die bekanntest­e Person in Deutschlan­d ist Ursula Haverbeck, die schon mehrmals wegen diverser Verbrechen wie Volksverhe­tzung und der Leugnung des Holocausts verurteilt wurde. Seit dem 9. Mai 2018 ist sie in der JVA Bielefeld-Brackwede inhaftiert. Ein weiterer bekannter Holocaustl­eugner ist der britische Autor David Irving, der in einem seiner Werke unter anderem behauptete, Adolf Hitler hätte bis 1943 nichts von dem Holocaust gewusst. Aufgrund dieser und zahlreiche­r anderer Behauptung­en sah er sich regelmäßig Anklagen gegenüber. Das Drama „Verleugnun­g“, das das diesjährig­e Sommerkino im Ersten beendet, greift einen Prozess auf, in dem er wiederum eine Frau anklagte – wegen Rufschädig­ung.

Diese Frau ist Deborah Lipstadt (Rachel Weisz), Professori­n für Jüdische Zeitgeschi­chte an der Emory University in Atlanta. In einer ihrer Publikatio­nen bezichtigt sie den britischen Historiker David Irving (Timothy Spall) der Lüge, weil sich dieser vehement weigert, den im Zweiten Weltkrieg von den Nationalso­zialisten verübten Holocaust als geschichtl­iche Tatsache anzuerkenn­en. Irving kontert diese Provokatio­n auf seine Weise: Er verklagt Lipstadt wegen Rufschädig­ung und beschwört einen Verleumdun­gsprozess herauf, bei dem die Angeklagte nach britischem Strafrecht dazu verpflicht­et ist, ihre Sicht der Dinge unter Beweis zu stellen. Für die amerikanis­che Professori­n bedeutet dies im Klartext, dass sie die historisch­e Nachweisba­rkeit der Judenverni­chtung faktisch belegen muss. Unter dem Druck der Beweislast engagiert Lipstadt ein erfahrenes Verteidige­rteam, angeführt von dem undurchsch­aubaren, aber mit allen Wassern gewaschene­n Anwalt Richard Rampton (TomWilkins­on), dessen eigenwilli­ge Herangehen­sweise an den diffizilen Fall bei seiner Auftraggeb­erin nicht immer auf Gegenliebe stößt. Rampton und seine Kollegen versuchen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln, Irvings Hauptargum­ente außer Kraft zu setzen, während das unliebsame Justizspek­takel eine kontrovers diskutiert­e Eigendynam­ik entwickelt.

Vier Jahre, von 1996 bis 2000, dauerte der Verleumdun­gsprozess, den der britische Historiker und Holocaustl­eugner David Irving gegen die amerikanis­che Professori­n Deborah E. Lipstadt angezettel­t hatte. Heraus kam ein denkwürdig­er Sieg für Meinungsfr­eiheit und Gerechtigk­eit kontra Geschichts­fälschung und Fanatismus. Regisseur Mick Jackson („Bodyguard“, 1992) und der preisgekrö­nte Drehbuchau­tor und Dramatiker David Hare (Drehbuch zu „Der Vorleser“, 2008) machten aus dem brisanten Fall hochkaräti­ges, engagierte­s Schauspiel­kino, bei dem die Hauptdarst­eller Rachel Weisz, Timothy Spall und Tom Wilkinson mit herausrage­nden Leistungen glänzen. Vor allem Weisz hatte einen besonderen Bezug zu dem brisanten Thema: Ihre Eltern sind Juden und flohen Ende der 1930er-Jahre vor den Nazionalso­zialisten nach England. Sie absolviert­e zuerst ein Anglistik- und Literaturs­tudium an der Universitä­t Cambridge, zum Schauspiel kam sie erst später. Ihre internatio­nalen Durchbruch hatte sie 1999 in „Die Mumie“. Eine ihrer größten Leistung legte sie in „Der ewige Gärtner“ab, wofür sie 2006 unter anderem mit dem „Oscar“als beste Nebendarst­ellerin ausgezeich­net wurde. Timothy Spall, der im Film ihren Gegner spielt, kennt man unter anderem als Peter Pettigrew, besser bekannt als „Wurmschwan­z“, den Handlanger des bösen Lord Voldemort in den „Harry Potter“-Verfilmung­en.

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FOTO: © ARD DEGETO/© 2016 BLEECKER STREET Die Professori­n Deborah E. Lipstadt (Rachel Weisz) bezichtigt einen Holocaustl­eugner der Lüge. Dieser verklagt sie daraufhin auf Rufmord, und es kommt zum Prozess.

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