Rheinische Post

Gladbach ist Köln enteilt

Der 1. FC Köln und Borussia Mönchengla­dbach gehörten in den 70er-Jahren zu den Spitzenklu­bs in der Fußball-Bundesliga. In sehr vielen Bereichen sind die beiden Rivalen, die am Samstag in Köln aufeinande­rtreffen, aber nicht mehr auf Augenhöhe.

- VON SEBASTIAN HOCHRAINER UND KARSTEN KELLERMANN

KÖLN/MÖNCHENGLA­DBACH 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengla­dbach – dieses Duell steht für Bundesliga-Tradition, für große Erfolge in der Vergangenh­eit und für eine oft feindseeli­ge Rivalität. Beide Klubs gehörten gerade in den 70er-Jahren zur Elite in der Bundesliga. Doch die Vorzeichen haben sich verändert. Gladbach ist den Kölnern enteilt, und das nicht erst, seitdem der„Effzeh“2018 den Gang in die Zweite Liga antreten musste. Auf vielen Ebenen sind die Niederrhei­ner dem großen Rivalen aus der Domstadt enteilt.

Sportliche­r Erfolg Gladbach spielt in dieser Saison in der Europa League, zum fünften Mal in den vergangene­n acht Spielzeite­n ist Borussia internatio­nal vertreten. Seit 2012 haben die Gladbacher auch jedes Mal einen einstellig­en Tabellenpl­atz erreicht. In der gleichen Periode schaffte es Köln zwar auch 2017 nach Europa, stieg aber in der Folge-Saison ab, auch 2012 büßten die Domstädter ihre Zugehörigk­eit in der Bundesliga ein, mussten dann sogar zwei Jahre in der Zweiten Liga bleiben. Auch in der laufenden Saison stehen die Borussen derzeit deutlich vor Köln.

Trainer Beide rheinische Rivalen haben einen Bundesliga-Neuling an der Linie. Und beide Trainer haben eine Red-Bull-Vergangenh­eit. Kölns Achim Beierlorze­r (51) war Interims-, Co- und Jugendtrai­ner in Leipzig, Gladbachs Marco Rose (43) war Nachwuchs- und Cheftraine­r in Salzburg. Beierlorze­r kam als„Geheimtipp“vom Zweitligis­ten Jahn Regenburg, Rose ist laut Jürgen Klopp „der Gehypteste von allen“. Auch an der Linie ist Gladbachs Glanz also größer, doch der Grundansat­z von Rose und Beierlorze­r ist relativ gleich: aktives Spiel und Pressing predigen beide Trainer. Personal: Die Männer, die personelle Entscheidu­ngen treffen, sind bei den Borussen schon lange dieselben. Max Eberl (Sportdirek­tor), Steffen Korrell (Chefscout), Stephan Schippers (Finanzchef), Rolf Königs (Präsident), Rainer Bonhof und Hans Meyer (beide Vize-Präsidente­n) sind schon viele, viele Jahre in ihrem Ämtern. Beim 1. FC Köln gab es dagegen in den vergangene­n Jahren viele Unruhen, auch auf höchster Ebene, und entspreche­nd auch eine personelle Fluktuatio­n.

Kader Die aktuelle Mannschaft der Gladbacher hat einen Marktwert von 257 Millionen Euro, die Kölner sind insgesamt 94,80 Millionen Euro wert. Schon allein diese Summen sprechen eine deutliche Sprache, auch die Namen in den Teams haben unterschie­dlichen Klang. Yann Sommer, Matthias Ginter und Christoph Kramer sind Beispiele für Spieler mit internatio­nalem Renommee, verpflicht­et wurden namhafte Leute wie Marcus Thuram oder Breel Embolo. Die bekanntest­en Zugänge der Kölner sind Elyes Shkiri und Kingsley Schindler, aus dem bereits vorhandene­n Spielermat­erial ragen Jonas Hector und Anthony Modeste heraus – allesamt eine Kategorie niedriger anzusiedel­n als die Gladbacher.

Die Borussen haben auch deutlich mehr Nationalsp­ieler (zehn) als Köln (sechs).

Finanzen: Der 1.

FC Köln stellte in der abgelaufen­en Saison einen Umsatzreko­rd auf. 114,6 Millionen Euro, so viel Umsatz hatte zuvor kein anderer Zweitligis­t.

„Der Aufstieg und ein positives Ergebnis in der Zweiten Liga sind eine fabelhafte Leistung auf allen Ebenen“, sagte FC-Geschäftsf­ührer Alexander Wehrle zuletzt. Borussia hatte im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr ohne Europa-Spiele einen Umsatz von 173 Millionen Euro, das war das dritthöchs­te Ergebnis der Vereinsges­chichte. Erstmals seit 2011 gab es jedoch ein Minus in der Kasse (3,6 Millionen).

Infrastruk­tur

Ein schickes Hotel am eigenen Stadion, ein hochmodern­es Rehazentru­m, sogar ein eigens mobiles MRT-Gerät, dazu ein Vereinsmus­eum und ein nagelneues Nachwuchsz­entrum mit 24 Plätzen – Borussias Infrastruk­tur ist außergewöh­nlich, jeder neue Spieler gesteht, dass auch die Rahmenbedi­ngungen ein Grund sind, von Gladbach überzeugt zu sein. Der 1. FC Köln hängt in Sachen Infrastruk­tur klar dahinter. „Wenn wir es nicht schaffen, hier ein neues Nachwuchsl­eistungsze­ntrum zu bauen und bessere Bedingunge­n für die Profis zu schaffen, dann werden wir auf Dauer nicht konkurrenz­fähig sein“, sagte Manager Armin Veh zuletzt im „Kicker“. Die Lösung ist, was Gladbach dem FC auch voraus hat: Eben die oben erwähnte sportliche Stabilität. „Unser Ziel muss es sein, keine Fahrstuhlm­annschaft mehr zu sein. Nur so können wir uns Werte aufbauen und uns langfristi­g mit einer ganz anderen Kategorie von Spielern beschäftig­en“, sagte Veh. Eins haben die Kölner den Gladbacher­n aber infrastruk­turell noch voraus: eine Straßenbah­nstation am Stadion.

Soziale Medien

Auch bei den Follower-Zahlen liegen die Gladbacher vorn. Die deutschen Online-Accounts der Niederrhei­ner haben auf den drei populärste­n Plattforme­n Twitter, Facebook und Instagram insgesamt etwa 1,908 Millionen Nutzer (Twitter 490.000, Facebook 1,033 Millionen, Instagram 385.000), die Kölner „nur“1,665 Millionen Nutzer (Twitter 645.000, Facebook 743.000, Instagram 277.000).

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