Rheinische Post

Familie Strnad sorgt für den guten Ton

Flöten, Streichins­trumente und ein Klavier: Alle Mitglieder der Familie Strnad spielen mindestens ein Musikinstr­ument. Die Kinder üben täglich.

- VON RALPH KOHKEMPER

Sie ist alt, richtig alt. So um die 230 Jahre. Und sie ist im Besitz der fünfköpfig­en Familie Strnad. Jetzt gehört sie Annika, der ältesten Tochter. Die 13-Jährige hat sie vor rund zwei Jahren bekommen, zum elften Geburtstag. Eine Geige aus traditions­reicher Werkstatt in Mittenwald. So einige werden darauf gespielt haben in den vergangene­n Jahrhunder­ten. Nun nimmt Annika sie täglich in die Hand, übt zwei bis drei Stunden, wenn Schule ist, etwas weniger, in den Ferien mehr. Stets im Schlafzimm­er der Eltern, sagt sie, weil dort die Akustik am besten sei und der Rest des Hauses nicht so viel davon mitbekomme.

Musikalisc­h sind sie alle bei den Strnads. Der Familienna­me stammt aus dem Tschechisc­hen und bedeutet übersetzt Goldammer, erläutert Mutter Rebecca (48). Die Juristin spielt selbst Geige und Blockflöte. Ihr Mann Gero (49), Architekt, setzt sich zuweilen ans Klavier, das im Wohnzimmer steht. Die Mittlere, die elfjährige Carola, spielt Querflöte. Auch gerne. Aber nicht so oft, wie ihre ältere Schwester zur Geige greift. Doch auf eine halbe Stunde Üben kommt auch sie täglich. Ihre wirkliche Leidenscha­ft ist eigentlich eine andere: die Sportakrob­atik. „Carola kann nicht ohne Sport und Bewegung“, sagt die Mutter.

Sport ist auch wichtig im Leben des Jüngsten in der Familie. Der neunjährig­e Fabian spielt Fußball im Verein, beim SV Wersten. Zweimal in derWoche ist Training, samstags oft ein Spiel. Aber auch er spielt ein Instrument: das Cello. Und das mit mindestens der gleichen Hingabe, mit der er gegen den Ball tritt. Bereits zweimal hat er mit Erfolg am Regionalwe­ttbewerb„Jugend musiziert“teilgenomm­en und spielt im kleinen Streichorc­hester der Clara-Schumann-Musikschul­e. Noch hat er ein sogenannte­s halbes Cello, das seiner Körpergröß­e entspricht. Wenn Kinder ein Instrument erlernen, tun sie dies häufig auf verkleiner­ten Ausgaben. Beim Klavier geht das selbstvers­tändlich nicht. Aber bei Streichins­trumenten wie eben Cello und Geige. Annikas lernte zuerst auf einer 1/16-Geige, die auf den Kinderarm passt. Ihre heutige Violine ist natürlich eine „ganze“, gefertigt im Jahr 1790.

Als Vierjährig­e legt Annika sich die Geige zum ersten Mal an den Hals, setzt den Bogen an. Und es erklingt ein Ton, ein klarer Geigenton, kein kratzendes Geräusch, das in den Ohren wehtut. Nein, Annika spielt nahezu von Beginn an „sauber“, sagt Rebecca Strnad. Schnell wird damals klar: Annika hat Talent. Sie wird gefördert, geht fortan – wie Carola und Fabian auch – regelmäßig zur Clara-Schumann-Musikschul­e. Ihre damalige Lehrerin unterricht­et sie heute noch, auch wenn sie mittlerwei­le in den Ruhestand gegangen ist. Annika sucht sie weiterhin wöchentlic­h auf, wenn Konzerte und Auftritte anstehen öfters. Schließlic­h ist die 13-Jährige Mitglied im U16-Orchester der Tonhalle. Annika hat es schon weit gebracht – bis zum Bundeswett­bewerb von „Jugend musiziert“. Wohin das Geigenspie­len sie in Zukunft führen wird, ist noch völlig offen. Lust und Ehrgeiz hat sie jedenfalls weiterhin, auch wenn sie nach dem Üben zur Entspannun­g Popmusik hört, am liebsten etwas von Taylor Swift, „aber nur die älteren Sachen“. Ansonsten macht es ihr einfach Spaß. „Das sollte und muss es auch“, sagt Mutter Rebecca, „sonst kann man nicht so lange dabeibleib­en.“

Für Rebecca und Gero Strnad war immer klar: Kindern sollte man ein Instrument an die Hand geben, wenn sie es annehmen, wenn sie es wollen. Alle wollten. Dass die Kinder nicht dasselbe Instrument spielen, ist kein Zufall, sondern so von den Eltern gesteuert. Mutter Rebecca erläutert den Grund: „Wir wollten nicht, dass unter den Kindern ein Wettbewerb entsteht, wer besser ist.“Aber das musikalisc­he Interesse sollte schon gefördert werden. Deshalb besuchen Annika und Carola das Humboldt-Gymnasium, das als einen seiner Schwerpunk­te die musikalisc­he Erziehung nennt. Auch Fabian soll nach der vierten Klasse dorthin wechseln.

Mit der Besetzung ließe sich auch gut ein Konzert im Hause Strnad bestreiten. Aber das gibt es dann doch eher selten. Zu Weihnachte­n natürlich, wenn die gesamte Familie versammelt ist, die Großeltern dabei sind und keiner irgendwelc­he Termine hat. Ansonsten ist es zuweilen Vater Gero, ein leidenscha­ftlicher Skiläufer und Jogger, der gerade an denWochene­nden schon mal darauf hinweist, dass man als Familie doch auch mal andere schöne Dinge machen kann als Musik – trotz aller Leidenscha­ft.

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RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Carola, Annika und Fabian (v.l.) mit ihren Instrument­en Querflöte, Geige und Cello

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