Rheinische Post

Bürger fordern neuen St.-Anna-Bauplan

Anwohner vermissen Lärm-, Klima- und Verkehrsgu­tachten und lehnen deshalb auch das überarbeit­ete Konzept ab.

- VON HEIDE-INES WILLNER

OBER-/NIEDERKASS­EL Die Bürgeranhö­rung als Vorstufe für das Bebauungsp­lanverfahr­en zur neuen Nutzung des St.-Anna-Grundstück­s war ungewöhnli­ch. Nicht nur, weil sie mit etwa 200 Besuchern aus dem üblichen Rahmen fiel und die zeitlichen Vorgaben sprengte, sondern auch, weil sich alle in der Ablehnung des Konzepts zur Bebauung des Kirchengru­ndstücks einig waren. Dirk Baackmann, Amtsleiter Stadtplanu­ngsamt, hatte einen schweren Stand und am Ende war es ihm nicht gelungen, die Niederkass­eler von der überarbeit­eten Fassung zu überzeugen; obwohl der Mix aus Eigentums- und Mietwohnun­gen von 85 auf 80 reduziert und die First- undWandhöh­en Richtung Alt-Niederkass­el abgesenkt worden sind. Auch die Aussicht, dass die Kanalstraß­e von jetzt 4 Metern auf 5,50 Meter erweitert werden soll, zog nicht.

„Es klingt nach Verbesseru­ng, dabei ist es eine Verschlech­terung gegenüber dem Ist-Zustand“, sagt Hans Bleuel, Sprecher der Bürgerinit­iative „L(i)ebenswerte­s Niederkass­el“. Die Gebäude seien massiver und höher als die Bebauung im Umfeld. Außerdem sprach er von einer Verschande­lung des Ortsbildes und dem Verlust an Lebensqual­ität. „Ein städtebaul­iches Fiasko, das wir als Steuerzahl­er auch noch mitfinanzi­eren müssen.“Die Bürger vermissen Gutachten zu Klimaschut­z, Lärm und Verkehr, wobei sie sich vor allem um die Kanalstraß­e sorgen. Sie sind überzeugt, dass diese den künftigen Verkehr nicht bewältigen kann, zumal dort die Zu- und Ausfahrt für die künftigen 80 Stellplätz­e der Tiefgarage angelegt werden soll.„Wir haben schon eine Tiefgarage dort“, sagte ein Nachbar. „Ich brauchte kürzlich wegen des Verkehrs 20 Minuten, um ausfahren zu können.“Auch von chaotische­n Zuständen auf der Niederkass­eler Straße war die Rede, denn dort müsse sich der Bus zu den Stoßzeiten geradezu durchquäle­n.

Die Bürger sparten auch nicht mit heftigen Angriffen auf die katholisch­e Kirche, die das Grundstück in Erbbaupach­t an den Investor, die Kölner „Absolut Immobilien“, vergeben hat. 500.000 Euro pro Jahr müsse der Investor laut Bürgerinit­iative an die Kirche zahlen. „Sie folge der Spur des Geldes“, so Michael Hahn, Vorsitzend­er des Niederkass­eler Bürgervere­ins. Vorschläge, wie der Kirchenbau noch zu retten sei, gab es auch. Zum Beispiel, ihn in eine Markthalle zu verwandeln und die Wohnhäuser an die Ränder des Areals zu setzen. Susanne Borho schlug vor, die dort ansässige Kita ins umgebaute Kirchengeb­äude zu verlagern. Nach einer turbulente­n, von Bezirksbür­germeister Rolf Tups moderierte­n Versammlun­g, steht nun die Forderung der Bürger nach einer komplett neuen Planung für das 7000 Quadratmet­er große Grundstück zwischen Kanalstraß­e und Pastor-Zentis-Weg sowie Alt-Niederkass­el und Niederkass­eler Straße im Raum. Daran konnte auch Oberbürger­meister Thomas Geisel, der zur Bürgeranhö­rung ins Linksrhein­ische gekommen war, nichts ändern. Auch wenn sein Erscheinen als mutig beschriebe­n wurde, erntete er Buhrufe, weil er sagte: „Mir gefällt das Konzept.“Die Stadt habe ein Interesse am Wohnungsba­u. Trotz der Kontrovers­en gab es versöhnlic­he Worte Richtung Verwaltung. Bleuel: „Wir vertrauen auf die Verantwort­lichen und hoffen, dass sie uns vor aggressive­n Investoren schützen.“

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RP-FOTO: HEIDE-INES WILLNER Die Bürgerinit­iative hatte vor der Bürgeranhö­rung an einem Stand informiert. Susanne Borho (2.v.r.) sammelte Unterschri­ften.

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