Plädoyer für eine neue politische Debattenkultur
Die öffentliche Rede ist das wichtigste Instrument in der politischen Auseinandersetzung. Um so erstaunlicher ist es, dass so wenige Autoren sich der politischen Sprache widmen. Der FAZ-Journalist Oliver Georgi hat es getan und vor allem das Phrasenhafte in den Ansprachen vieler Politiker herausgearbeitet. Das ist zunächst wenig überraschend. Denn dass Menschen in wichtigen demokratischen Ämtern viel lieber um den heißen Brei herumreden als Klartext zu reden, wird allenthalben moniert.
Doch Georgi bleibt nicht beim Lamento stehen. Er macht das Dreiecksverhältnis von Politikern, Medien und Wählern dafür verantwortlich, dass sich Politiker ins Phrasenhafte retten. Denn angesichts einer leichten Erregbarkeit des Publikums und der Bereitschaft der Medien, auch kleine Fehltritte zu skandalisieren, flüchten sich risikoscheue Politiker in Phrasen und Floskeln.
Wenn aber in einer differenzierten Gesellschaft alle, die politische Verantwortung tragen, zu einer vagen Sprache neigen, wird Politik schnell zum Nullaussagespiel. Und das macht, so führt Georgi weiter aus, das politische Geschäft anfällig für Populisten, die das herrschende Meinungsmonopol mit Tabubrüchen angreifen.
Darin liegt der Wert des Buches. Auch die Empfehlung einer präziseren, wenn auch unaufgeregteren Streitkultur, geht in die richtige Richtung. Trotzdem kann ein Knigge zur politischen Debattenkultur allein Populismus nicht verhindern. Aber das stellt der Autor auch gar nicht infrage.
Oliver Georgi: Und täglich grüßt das Phrasenschwein. Warum Politiker keinen Klartext reden. Duden, 2019, 224 S., 18 Euro