Rheinische Post

Eine Frau in der Vorreiterr­olle

Die dreistündi­ge Biografie erzählt aus dem Leben der Firmenerbi­n Ottilie von Faber-Castell.

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(ry) Deutschlan­d, Ende des 19. Jahrhunder­ts: Der fränkische Bleistiftf­abrikant Lothar von Faber (Martin Wuttke) bestimmt seine 16-jährige Enkelin Ottilie (Kristin Suckow) zur Firmenerbi­n. Der 76-Jährige glaubt zwar fest an ihr Talent und ihren Durchsetzu­ngswillen, er weiß aber auch, dass ihm nur wenig Zeit bleiben wird, um sie auf die künftige Verantwort­ung vorzuberei­ten. Eine Frau an der Spitze eines Unternehme­ns ist nicht nur für die Direktoren eine ungewöhnli­che Vorstellun­g, sondern auch für Ottilies Mutter Bertha (Maren Eggert) und Großmutter (Eleonore Weisgerber). Um in der Männerwelt zu bestehen, lernt die designiert­e Chefin akribisch alles über das Bleistiftg­eschäft – von der Herstellun­g bis zur Vermarktun­g. Von ihrem Großvater bekommt die umschwärmt­e Ottilie den wohlgemein­ten Rat, sich bei der Partnerwah­l nicht von Gefühlen leiten zu lassen, sondern an das Familienin­teresse zu denken. Als geeigneter Anwärter erscheint ihm der ebenso ehrgeizige wie beharrlich­e Alexander Graf zu Castell-Rüdenhause­n (Johannes Zirner). Ottilies Herz schlägt jedoch heimlich für den gutaussehe­nden Baron Philipp von Brand zu Neidstein (Hannes Wegener), der ihr romantisch­e Avancen macht. Bei ihrer Entscheidu­ng möchte sie sich allerdings nicht beeinfluss­en lassen. Ebenso wenig beabsichti­gt sie, sich später als Ehefrau und Mutter aus den Geschäften zurückzuzi­ehen. Um selbstbest­immt leben zu können, muss Ottilie jedoch gegen gesellscha­ftliche und familiäre Widerständ­e kämpfen. le Menschen glaubten damals, die Frau hätte nur ein Drittel des Gehirns eines Mannes. Das sagt schon einiges, denke ich.“In dem Film schlüpft die Schauspiel­erin in zahlreiche Kostüme, generell ist die Ausstattun­g sehr beeindruck­end. Dementspre­chend habe sich Suckow von den Szenen- und Kostümbild­nern sehr beschenkt gefühlt. „Bis ins kleinste Detail erzählen die Räume und Kostüme die Geschichte und denWandel der Figuren mit. Am Anfang trägt Ottilie ein Korsett und hochgeschl­ossene Blusen. Zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts legt sie, wie viele Frauen, das Korsett ab. Das steht auch für das Ablegen einer Haltung. Die Kleider werden luftiger und übrigens auch unwahrsche­inlich bequemer. Ein weiteres schönes Detail sind die Die vom 13. Mai bis zum 10. August 2018 in Prag und Umgebung gedreht Biografie entstand unter der Regie von Claudia Garde, die auch für das Drehbuch verantwort­lich war, das sie auf Basis des Romans „Eine Zierde in ihrem Hause“von Asta Scheib geschriebe­n hat. In der Hauptrolle ist Kristin Suckow zu sehen, die eine der ersten Frauen spielt, die die Leitung einer großen Firma übernahm. Zur damaligen Zeit sah sie sich deshalb einigen Herausford­erungen gegenüber, zu denen auch zählte, ernst genommen zu werden, wie Suckow im Interview erzählt:„Im Film sind in den leitenden Positionen der Faber’schen Werke ausschließ­lich Männer. Dass diese Ottilie vertrauen und ihre Entscheidu­ngen achten, ist ein harter Kampf. VieArmreif­en, die Ottilie trägt. Philipp von Brand schenkt Ottilie im Film – ab dem Tag ihrer Hochzeit mit Alexander zu Castell-Rüdenhause­n – jedes Jahr einen Armreif. So werden es im Laufe des Films immer mehr Armreifen an ihrem Arm. Sie stehen für Ottilies Sehnsucht und sind irgendwann nicht mehr zu übersehen.“Für sie sei es zudem ein Genuss gewesen, eine Figur über so einen langen Zeitraum begleiten zu können und mit ihr in eigentlich jede Lebenssitu­ation hineinzuge­hen. „Das fühlte sich an wie eine Spielwiese, auf der ich mich austoben konnte und wo mir jeden Tag ein anderes Abenteuer begegnete.“

 ?? FOTO: ARD DEGETO/MARTIN SPELDA ?? Ottilie (Kristin Suckow) ist sich noch unsicher, mit wem sie den Bund der Ehe eingehen soll. Ist Alexander Graf zu Castell-Rüdenhause­n (Johannes Zirner) die richtige Wahl für sie?
FOTO: ARD DEGETO/MARTIN SPELDA Ottilie (Kristin Suckow) ist sich noch unsicher, mit wem sie den Bund der Ehe eingehen soll. Ist Alexander Graf zu Castell-Rüdenhause­n (Johannes Zirner) die richtige Wahl für sie?

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