Mit zwei Pferdestärken durch die Kämpe
Bei einer Rundfahrt mit dem Planwagen lernten Kinder und Erwachsene viel über das Naturschutzgebiet und über die Rheinischen Kaltblutpferde. Familie Reuter züchtet die selten gewordene Art auf Haus Bürgel.
URDENBACH Vom Bock des Planwagens aus stellt Herbert Reuter seinen Mitfahrern die Pferde vor. „Links ist Eberhard, der ist acht Jahre alt, und rechts ist Tilda, die ist vier Jahre“, sagt Reuter. „Genau so alt wie ich!“ruft Elias begeistert.
In den Herbstferien bietet die Familie Reuter Fahrten mit der Kutsche in die Urdenbacher Kämpe an. Sie züchtet die Kaltblüter auf Haus Bürgel. Zunächst erklärt der Pferdezüchter seinen Gästen, wie die großen Zugpferde vor den Wagen gespannt werden. „Streichelt die Tiere mal“, fordert Reuter die Kinder auf. „Na, sind die Kaltblüter wirklich kalt?“, fragt er danach und erklärt, dass der Name der ruhigen, starken Arbeitspferde von ihrem Temperament abgeleitet ist. Außerdem erklärt er, dass jedes der knapp 800 Kilo schweren Pferde das Dreifache seines eigenen Gewichts ziehen kann – Eberhard und Tilda würden zusammen also beinahe fünf Tonnen bewegen können.
Nach der Einführung geht es los, gut anderthalb Stunden fährt das Gespann in gemütlichem Tempo durch die einzigartige rheinische Landschaft des Naturschutzgebiets Urdenbacher Kämpe. Die Kinder dürfen abwechselnd neben Herbert Reuter auf dem Bock sitzen, während er die Pferde mit Leine, Stimme und sanftem Einsatz der Peitsche über die zum Teil recht schmalen Wege lenkt. Auf den Bierbänken, die im Planwagen verbaut sind, werden schnell Kekse und Obst ausgepackt, die Gäste teilen miteinander.
An bestimmten Stellen macht das Gespann Pause und Herbert Reuter erklärt die Besonderheiten der Landschaft. Die Urdenbacher Kämpe ist ein Überflutungsgebiet und schützt bei Hochwasser den Düsseldorfer Süden, indem sie dem Rhein eine Möglichkeit gibt, sich ohne Deiche in die Fläche zu verteilen. Gleichzeitig, so sagt Reuter, schützt das regelmäßige Hochwasser auch die Kämpe davor, zu Bauland zu werden. Er erzählt auch, dass Haus Bürgel früher linksrheinisch lag, der Fluss jedoch nach einer schweren Überflutung im 13. Jahrhundert seinen Lauf geändert hat.
Auch von den Pferden erzählt Reuter. Auf Haus Bürgel wird das Rheinische Kaltblut gezüchtet, eine alte Pferderasse, die in den 1970er Jahren fast ausgestorben war: Nur noch 17 Tiere gab es, die durch Einkreuzung anderer Rassen schließlich den Bestand stabilisieren konnten.
Unterwegs wird auch Tildas kleine Schwester Thea besucht. Das einjährige Pferd steht auf einer Wiese in der Kämpe und trabt freudig zum Zaun, um die Kutsche zu begrüßen.
„Ihhh“, schreit Elias laut von seinem Platz neben Herbert Reuter, als Zugpferd Tilda kräftig auf den Weg äpfelt. „Auch das ist Natur“, erklärt der Kutscher. Elias’ Mutter, Johanna Lokomy, erzählt, dass sie mit ihrem Sohn und Tochter Kaia erst in der vergangenenWoche auf einem Bauernhof Ferien gemacht hatte. „Der Umgang mit Tieren ist für die Kinder immer etwas Besonderes“, sagt sie.
Das letzte Stück zurück zu Haus
Bürgel geht es auf der Straße. Autos überholen die Kutsche dort, wo die zweispurige Straße es zulässt, und Herbert Reuter fährt möglichst weit rechts. „Die Pferde lernen natürlich, mit dem Verkehr zurechtzukommen“, erklärt er. Deswegen lässt er in seinen Gespannen immer ein junges und ein erfahrenes Tier laufen.
Als die Gäste schließlich wieder auf dem Hof von Haus Bürgel, vom Wagen klettern, sind nicht nur die
Kinder begeistert. Auch das Ehepaar Christine und Herbert Erm aus Hellerhof hat die Fahrt genossen. „Wir sind oft in der Kämpe unterwegs, aber mit der Kutsche ist es nochmal eine ganz andere Erfahrung als mit dem Rad oder zu Fuß“, sagt Herbert Erm. Auch seiner Frau hat die Rundfahrt durch die Landschaft gefallen: „Es ist beruhigend. Man sollte sich öfter Zeit nehmen für solch eine Entschleunigung.“