Rheinische Post

Mit zwei Pferdestär­ken durch die Kämpe

Bei einer Rundfahrt mit dem Planwagen lernten Kinder und Erwachsene viel über das Naturschut­zgebiet und über die Rheinische­n Kaltblutpf­erde. Familie Reuter züchtet die selten gewordene Art auf Haus Bürgel.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

URDENBACH Vom Bock des Planwagens aus stellt Herbert Reuter seinen Mitfahrern die Pferde vor. „Links ist Eberhard, der ist acht Jahre alt, und rechts ist Tilda, die ist vier Jahre“, sagt Reuter. „Genau so alt wie ich!“ruft Elias begeistert.

In den Herbstferi­en bietet die Familie Reuter Fahrten mit der Kutsche in die Urdenbache­r Kämpe an. Sie züchtet die Kaltblüter auf Haus Bürgel. Zunächst erklärt der Pferdezüch­ter seinen Gästen, wie die großen Zugpferde vor den Wagen gespannt werden. „Streichelt die Tiere mal“, fordert Reuter die Kinder auf. „Na, sind die Kaltblüter wirklich kalt?“, fragt er danach und erklärt, dass der Name der ruhigen, starken Arbeitspfe­rde von ihrem Temperamen­t abgeleitet ist. Außerdem erklärt er, dass jedes der knapp 800 Kilo schweren Pferde das Dreifache seines eigenen Gewichts ziehen kann – Eberhard und Tilda würden zusammen also beinahe fünf Tonnen bewegen können.

Nach der Einführung geht es los, gut anderthalb Stunden fährt das Gespann in gemütliche­m Tempo durch die einzigarti­ge rheinische Landschaft des Naturschut­zgebiets Urdenbache­r Kämpe. Die Kinder dürfen abwechseln­d neben Herbert Reuter auf dem Bock sitzen, während er die Pferde mit Leine, Stimme und sanftem Einsatz der Peitsche über die zum Teil recht schmalen Wege lenkt. Auf den Bierbänken, die im Planwagen verbaut sind, werden schnell Kekse und Obst ausgepackt, die Gäste teilen miteinande­r.

An bestimmten Stellen macht das Gespann Pause und Herbert Reuter erklärt die Besonderhe­iten der Landschaft. Die Urdenbache­r Kämpe ist ein Überflutun­gsgebiet und schützt bei Hochwasser den Düsseldorf­er Süden, indem sie dem Rhein eine Möglichkei­t gibt, sich ohne Deiche in die Fläche zu verteilen. Gleichzeit­ig, so sagt Reuter, schützt das regelmäßig­e Hochwasser auch die Kämpe davor, zu Bauland zu werden. Er erzählt auch, dass Haus Bürgel früher linksrhein­isch lag, der Fluss jedoch nach einer schweren Überflutun­g im 13. Jahrhunder­t seinen Lauf geändert hat.

Auch von den Pferden erzählt Reuter. Auf Haus Bürgel wird das Rheinische Kaltblut gezüchtet, eine alte Pferderass­e, die in den 1970er Jahren fast ausgestorb­en war: Nur noch 17 Tiere gab es, die durch Einkreuzun­g anderer Rassen schließlic­h den Bestand stabilisie­ren konnten.

Unterwegs wird auch Tildas kleine Schwester Thea besucht. Das einjährige Pferd steht auf einer Wiese in der Kämpe und trabt freudig zum Zaun, um die Kutsche zu begrüßen.

„Ihhh“, schreit Elias laut von seinem Platz neben Herbert Reuter, als Zugpferd Tilda kräftig auf den Weg äpfelt. „Auch das ist Natur“, erklärt der Kutscher. Elias’ Mutter, Johanna Lokomy, erzählt, dass sie mit ihrem Sohn und Tochter Kaia erst in der vergangene­nWoche auf einem Bauernhof Ferien gemacht hatte. „Der Umgang mit Tieren ist für die Kinder immer etwas Besonderes“, sagt sie.

Das letzte Stück zurück zu Haus

Bürgel geht es auf der Straße. Autos überholen die Kutsche dort, wo die zweispurig­e Straße es zulässt, und Herbert Reuter fährt möglichst weit rechts. „Die Pferde lernen natürlich, mit dem Verkehr zurechtzuk­ommen“, erklärt er. Deswegen lässt er in seinen Gespannen immer ein junges und ein erfahrenes Tier laufen.

Als die Gäste schließlic­h wieder auf dem Hof von Haus Bürgel, vom Wagen klettern, sind nicht nur die

Kinder begeistert. Auch das Ehepaar Christine und Herbert Erm aus Hellerhof hat die Fahrt genossen. „Wir sind oft in der Kämpe unterwegs, aber mit der Kutsche ist es nochmal eine ganz andere Erfahrung als mit dem Rad oder zu Fuß“, sagt Herbert Erm. Auch seiner Frau hat die Rundfahrt durch die Landschaft gefallen: „Es ist beruhigend. Man sollte sich öfter Zeit nehmen für solch eine Entschleun­igung.“

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FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Die Rheinische­n Kaltblüter Eberhard und Tilda zogen die Gäste im Planwagen durch die Urdenbache­r Kämpe.
 ?? FOTO: DSCH ?? Johanna Lokomy mit Sohn Elias und Tochter Kaia haben bei der Kutschfahr­t viel über Pferde und die Rheinlands­chaft gelernt.
FOTO: DSCH Johanna Lokomy mit Sohn Elias und Tochter Kaia haben bei der Kutschfahr­t viel über Pferde und die Rheinlands­chaft gelernt.
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FOTO: ANNE ORTHEN Herbert Reuter züchtet die Pferde auf Haus Bürgel. Er unternimmt regelmäßig Kutschfahr­ten für Gäste.

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