Rheinische Post

Polens Senat lehnt Gesetz zur Mäßigung von Richtern ab

Der Konflikt zwischen der Europäisch­en Union und der Regierung in Warschau um die Unabhängig­keit der Justiz spitzt sich damit zu.

- VON JENS MATTERN

WARSCHAU Polens Regierungs­lager zeigt sich von dem Druck der europäisch­en Institutio­nen unbeeindru­ckt. Jaroslaw Kaczynski, der Chef der Regierungs­partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) hat dazu aufgeforde­rt, den „neuen Anschlag auf unsere Souveränit­ät und Unabhängig­keit abzuwehren.“Gemeint ist die europäisch­e Kritik an dem

„Maulkorbge­setz“, das vermutlich bald von Staatspräs­identen Andrzej Duda unterzeich­net wird. Der Senat mit einer Mehrheit der Opposition (51 zu 48) hat das Gesetz am Freitagabe­nd abgelehnt, doch dies hat nur eine symbolisch­e Wirkung. Schon nächste Woche kann der Sejm, das Parlament, es erneut verabschie­den und dann dem Präsidente­n weiterreic­hen. „Dieses Gesetz sieht vor, dass Richter dafür verurteilt werden, wenn sie untersuche­n, ob ein anderer Richter rechtens berufen wurde. Die Politiker wollen Einfluss haben, welche Urteile die Richter fällen, das ist der wichtigste Punkt“, erklärt dazu Bartolomej Przymusins­ki, Pressespre­cher der Vereinigun­g „Iustitia“auf Anfrage. Damit wirkt das Regierungs­lager einem Urteil des Europäisch­en Gerichtsho­f entgegen, das das relativ unabhängig­e Oberste Gericht betraute, die Nominierun­g von Richtern im Landesrich­terrat und in der Disziplina­rkammer zu untersuche­n. Beide Organe gelten als wichtigste Kontrollin­strumente der Regierung und sind mit loyalen Richtern besetzt.

Auf die Justizrefo­rm, die die Regierungs­partei „Recht und Gerechtigk­eit“(PiS) seit ihrer ersten Wahl im Herbst 2015 begonnen hatte, reagiert Brüssel mit Kritik und

Rechtsstaa­tlichkeits­verfahren. Die polnische Regierung argumentie­rt, gegen leitende Richter, die eine „Postkommun­istische Kaste“gebildet hätten, vorgehen zu müssen, erst dann sei die Justiz in Polen wirklich frei.

„Dieses Gesetz verschließ­t uns den Mund, danach kann sich das Oberste Gericht nur noch zu Scheidungs­fällen äußern“, so Malgorzata Eggersdorf, Vorsitzend­e des Obersten Gerichts, welches noch teilweise unabhängig von der PiS agieren kann. Sollte das Gesetz in Kraft treten wäre dies der Beginn des Austritts Polens aus der EU, meint Senator Bogdan Glich, Mitglied der Opposition­spartei „Bürgerplat­tform“(PO) am Freitag. Dies ist ein entscheide­nder Punkt. Immerhin begrüßen 84 Prozent der Polen die EU-Mitgliedsc­haft in der Europäisch­en Union.

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