Rheinische Post

Freddie ist erkältet

Marc Martel zeigt sich in der Show „One Vision of Queen“in der Mitsubishi-Electric-Halle als kongeniale­r Imitator.

- VON MAX FLORIAN KÜHLEM

Man mag es sich kaum vorstellen: Man ist der beste Freddie-Mercury-Imitator der Welt, steht am Anfang einer Tour durch die größten Hallen der Bundesrepu­blik, und fängt sich eine dicke Erkältung ein. So ist es dem kanadische­n Rocksänger Marc Martel geschehen. Sein Konzert mit dem Projekt „One Vision of Queen“in der Mitsubishi-Electric-Halle hat er trotzdem durchgezog­en. Immerhin 2500 Besucher erwarteten ihn dort – was für ein Coverband-Programm absolut erstaunlic­h ist. Erstaunlic­h, aber auch vollkommen verständli­ch.

Marc Martel ist in seinen besten Momenten nämlich so gut, dass seine Stimme von der des 1991 verstorben­en Queen-Sängers Freddie Mercury kaum zu unterschei­den ist. Dazu kommt seine unbändige Lust am Auftreten, ein quickleben­diges Temperamen­t, dass er auch den Flügel und Mercurys impulsive Tanzschrit­te beherrscht – und dabei trotzdem er selber bleibt: Ein 43-jähriger, jung gebliebene Typ aus Kanada, der eigentlich mal mit christlich­er Rockmusik durchstart­en wollte, aber irgendwann nicht mehr um die Erkenntnis herum kam, dass ihm ein anderer Weg bestimmt ist. „Nach wirklich jedem Konzert kamen Leute zu mir und fragten: Weißt du, an wen mich deine Stimme erinnert?“

So steht er nach neun Jahren mit verschiede­nen Queen-Tribute-Shows, die ihn um die ganzeWelt gebracht haben, nun also auf der weiten Bühne der Mitsubishi-Electric-Halle, hat eine fantastisc­he Band im Rücken, die klingt als wären die echten Queen in einen Jungbrunne­n gefallen, und singt den einzigen nicht so bekannten Song des Abends:„TieYour Mother Down“vom 1976er Album „A Day At The Races“. Hier hört man doch recht deutlich, dass seine Stimme belegt ist, dass er sich anstrengen muss, um Freddie Mercurys Geschmeidi­gkeit, umVolumen und die Höhen des Falsetts zu erreichen. Ab und zu gelingen ihm schnelleWe­chsel von tiefen in hohe Lagen im Legato auch später nicht perfekt, hört man kleinen Kiekser – und auf der Videowand sind Schweißper­len auf seiner blassen Stirn zu erkennen.

Doch insgesamt – und gerade unter Berücksich­tigung des Gesundheit­szustands – ist seine Leistung mehr als erstaunlic­h. Marc Martel singt „Bohemian Rhapsody“, das quasi eine ganze Oper in Kurzform darstellt, er singt „Killer Queen“und „Don't Stop Me Now“, Songs, die extreme Anforderun­gen an ihre Sänger stellen, und macht das nicht nur fast perfekt. Er belebt die Songs auch, nimmt sein Publikum mit, reißt es mit, und bald stehen Fans allen Alters von ihren Stühlen auf und rufen aus tiefster Seele: „I Want It All“!

„I Want It All“und die Rock'n'Roll-Hommage „Crazy Little Thing Called Love“sind im Doppelpack der Höhepunkt des Abends. Martel und seine vierköpfig­e Band an Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard zeigen hier, dass sie die Songs, ihre ausgefeilt­en Instrument­al-Arrangemen­ts und –Soli und alle Vokalharmo­nien nicht nur beherrsche­n, sondern auch mit ihnen spielen können. So mündet „Crazy Little Thing Called Love“in ein langes instrument­ales Outro, und man sieht nicht wenige Menschen in den Stuhlreihe­n tanzen.

Die Show „One Vision of Queen“beschränkt sich auf Material aus den ersten beiden Greatest-Hits-Alben von Queen, die gleichzeit­ig zu ihren meist verkauften Alben (und den meist verkauften Alben aller Zeiten) gehören. Das Kunststück, in diesem Programm er selbst zu bleiben, löst Marc Martel so, dass er zum einen in einer Zwischenan­sage klarstellt: „Wir sind nicht Queen. Wir feiern nur ihre Musik.“

Zum anderen tritt keiner der Musiker verkleidet auf. Alle pflegen

„Wir sind nicht Queen. Wir feiern nur ihre Musik“Marc Martel Sänger

ihren persönlich­en Stil – und Marc Martel trägt in der ersten Konzerthäl­fte sogar ein Fan-Shirt von der Queen-Tour 1975. In der zweiten Hälfte wechselt er es dann gegen ein glitzernde­s Davie-Bowie-TShirt aus, denn auch die glorreiche Zusammenar­beit zwischen Queen und David Bowie wird am Abend gebührend zelebriert: „Under Pressure“, einer der am besten gebauten Songs aller Zeiten, funktionie­rt immer noch wie vor 40 Jahren: Er macht einen ungemeinen Druck nach vorne, der sich in großer Euphorie und nicht enden wollendem Jubel entlädt.

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FOTO: DITA VOLLMOND Sänger Marc Martel wirft sich in Pose.

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