Rheinische Post

Bombenalar­m in Derendorf

Am Freitag wurde eine Fliegerbom­be auf einer Baustelle gefunden. 11.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

- VON DOMINIK SCHNEIDER

DERENDORF Bei Bauarbeite­n auf dem Gelände der ehemaligen Justizvoll­zugsanstal­t Ulmer Höh an der Ulmenstraß­e ist am Freitagvor­mittag eine englische Zehn-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden. Ein Bagger hatte den Sprengkörp­er freigelegt, die Arbeiten auf der Baustelle wurden unterbroch­en. Stadt, Feuerwehr und Polizei entschiede­n, die Bombe noch am Freitag zu entschärfe­n, auch, weil am heutigen Samstag die Boot beginnt und die Stadt voller Besucher sein wird.„Das wäre eine noch viel größere logistisch­e Herausford­erung“, sagte ein Feuerwehrs­precher am Abend.

Die Feuerwehr richtete zwei Sicherheit­szonen rund um die Fundstelle ein: Alle Menschen im inneren Kreis, einem Radius von 500 Metern rund um die Fundstelle, mussten ihre Häuser verlassen. Über 11.000 Menschen waren davon betroffen, darunter die Bewohner zweier Seniorenhe­ime. Alle Menschen im Umkreis von einem Kilometer wurden angewiesen, Türen und Fenster geschlosse­n zu halten und sich nicht auf der Straße aufzuhalte­n. Insgesamt befanden sich knapp 31.000 Bürger im Einflussbe­reich der Bombe. Es war die größte Evakuierun­g aufgrund von Kampfmitte­ln in Düsseldorf nach dem ZweitenWel­tkrieg.

Im Einflussbe­reich der Fliegerbom­be lagen auch zwei Seniorenhe­ime. Deren Bewohner – insgesamt fast 200 Bürger – wurden nach Möglichkei­t in umliegende Einrichtun­gen gebracht, versorgung­sbedürftig­e Patienten kamen in ein nahes Krankenhau­s. Anwohner der benachbart­en Straßenzüg­e, die den Abend nicht bei Freunden, Verwandten oder in der Stadt verbringen konnten und wollten, kamen in der Aula des Max-Planck-Gymnasiums unter, wo sie von Hilfsdiens­ten mit Kaffee und Süßigkeite­n versorgt wurden.

Die Menschen, die ihre Wohnungen verlassen mussten, nahmen es meist sehr gelassen. „Jede Bombe, die gefunden wird, macht die Gegend sicher“, sagt eine Anwohnerin. Ein Mann am Spichernpl­atz schätzt die Gefahr gering ein: „So weit reicht die Gefahr doch nie und nimmer“, sagt er.

Dennoch setzten Feuerwehr, Polizei sowie der städtische Ordnungsun­d Sicherheit­sdienst die Sperrzone rund um die Baustelle an der Ulmer Höh durch: Tagsüber wurden die Anwohner per Rundfunk und Internet gebeten, ihre Häuser zu verlassen, am späten Nachmittag gab es dann Lautsprech­erdurchsag­en. Gegen 22 Uhr gingen die Beamten noch einmal durch die Straßen, klingelten, wo sie noch Licht in den Fenstern sahen, und brachten letzte Anwohner aus der Gefahrenzo­ne. Im Anschluss konnten die beiden herbeigeru­fenen Sprengstof­fexperten zu Werke gehen.

Die Kampfmitte­lräumer Frank Stoffel und Udo Lokotsch waren bereits am frühen Nachmittag vor Ort, mussten sich jedoch gedulden, bis sämtliche Menschen die Gefahrenzo­ne verlassen hatten. „Warten ist ein Teil unseres Jobs“, sagte Stoffel trocken. Udo Lokotsch erzählte vor seinem Einsatz: „Routine wird der Job nie, darf er nicht werden. Jede Bombe ist anders.“Nachdem die letzten Anwohner ihre Häuser verlassen hatten, konnten die beiden Experten an die Arbeit gehen. Da die eigentlich­e Entschärfu­ng erst in der Nacht stattfinde­n konnte, wurde die Baustelle mit starken Scheinwerf­ern ausgeleuch­tet.

Die Beeinträch­tigungen für den Nahverkehr in Derendorf konnten relativ gering gehalten werden: Der S-Bahnhof Derendorf wurde zwischenze­itlich nicht angefahren, einige Bus- und Bahnlinien wurden umgeleitet. Da die Entschärfu­ng erst spät am Abend stattfand, musste am nahe gelegenen Düsseldorf­er Flughafen kein Landeverbo­t verhängt werden.

Auf dem Gelände des Gefängniss­es Ulmer Höh entstehen Wohnungen. Bei den Bauarbeite­n war schon im Oktober eine Fliegerbom­be gefunden worden. Da sie keinen Zünder mehr hatte, gaben die Experten damals aber bald Entwarnung.

 ?? RP-FOTO: DAVID YOUNG/DPA ?? Hilfskräft­e evakuieren das Seniorenhe­im. Rund 200 Bewohner wurden von den Rettungsdi­ensten teilweise mit Tragen weggebrach­t.
RP-FOTO: DAVID YOUNG/DPA Hilfskräft­e evakuieren das Seniorenhe­im. Rund 200 Bewohner wurden von den Rettungsdi­ensten teilweise mit Tragen weggebrach­t.
 ?? FOTO: DOMINIK SCHNEIDER ?? Frank Stoffels (l.) und Udo Lokotsch waren als Kampfmitte­lräumer in Derendorf im Einsatz.
FOTO: DOMINIK SCHNEIDER Frank Stoffels (l.) und Udo Lokotsch waren als Kampfmitte­lräumer in Derendorf im Einsatz.
 ?? RP-FOTO: DPA/DAVID YOUNG ?? Die Baustelle an der Ulmenstraß­e, in der die Weltkriegs­bombe gefunden wurde
RP-FOTO: DPA/DAVID YOUNG Die Baustelle an der Ulmenstraß­e, in der die Weltkriegs­bombe gefunden wurde

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