Rheinische Post

Schatten der Vergangenh­eit

In der neuen „Polizeiruf “-Folge geht es um die tragischen Konsequenz­en gescheiter­ter Beziehunge­n.

- VON CHRISTIAN SIEBEN

DÜSSELDORF Der erste Rostocker „Polizeiruf“beginnt mit einer bösen Überraschu­ng für Kommissar Bukow (Charly Hübner). Mitten in der Nacht wird er zur Villa des Unternehme­rs Michael Norden (Tilman Strauß) gerufen. Dessen Alarmanlag­e hatte einen Einbruch gemeldet. Einbrecher findet Bukow nicht, stattdesse­n läuft ihm ein schwer verletzter Mann in die Arme und stirbt.

Norden gerät in Panik, flieht und versteckt sich anschließe­nd tagelang irgendwo in Rostock. Bukow und seine Kollegin König (Anneke Kim Sarnau) finden schnell heraus, dass Norden alles andere als ein feiner Mensch ist. Er scheffelt Geld mit einer dubiosen Zeitarbeit­sfirma, gönnt sich schicke Autos und eine Villa. Weil dummerweis­e ein Termingesc­häft geplatzt ist, braucht er dringend mehrere Millionen Euro, die in Rostock natürlich nicht so ohne Weiteres aufzutreib­en sind. Norden versucht es dennoch und schreckt auch vor Gewwwalt nicht zurück.

Bei den Ermittlung­en stoßen Bukow und König auf Nordens Ex-Freundin Beate Hövermann (Katharina Behrens), die sich allein um ihren alkoholkra­nken Sohn Jon (Oskar Belton) kümmert. Der hat seinen Vater Norden noch nie gesehen und macht alles in allem einen eher derangiert­en Eindruck. Als sich Jon dann auch noch auf die Suche nach seinem Vater macht, haben Bukow und König gleich zwei Probleme: Sie müssen Norden finden und gleichzeit­ig verhindern, dass der Junge größere Dummheiten anstellt.

Zu allem Überfluss holen König auch noch die Schatten der Vergan

wwgenheit ein. Ein Häftling hat Beweise, dass die Kommissari­n vor einigen Jahren vor Gericht eine Falschauss­age machte und schreibt ihr Drohbriefe aus dem Gefängnis. Königs Nervenkost­üm ist entspreche­nd angespannt. Die Rollen in Rostock sind nun vertauscht. König ist neben der Spur und trinkt schon tagsüber Alkohol. Bukow wird plötzlich solide und versucht, seine Kollegin vor größeren Fehlern zu bewahren.

Regisseur Christian von Castelberg und Autor Markus Busch sezieren im Fall „Rostocks Söhne“ gescheiter­te Beziehunge­n. Der flüchtige Norden hatte nie ein intaktesVe­rhältnis zu seinem eigenen Vater, worunter er sein ganzes Leben zu leiden hatte. Zu einem normalen Verhältnis mit seinem eigenen Sohn scheint er auch nicht in der Lage zu sein.

Düster geht es zu in Rostock, die Sprache ist roh, die Nerven liegen blank. Dies wird für den Zuschauer zwischenze­itlich etwas anstrengen­d, der Fall hält allerdings über weite Strecken die Spannung. Und ganz langsam wird auch Nordens

AVerhalten verständli­cher. Eigentlich dreht sich sein Leben nur darum, alles anders zu machen als sein Vater. Der war arm, Norden will Geld. Der Vater lebte in Tristesse, Norden will den Glamour.

In den Nebenrolle­n überzeugen Katharina Behrens als überforder­te Mutter und Oskar Belton als verzweifel­ter Sohn. Nicht so richtig weiter geht es allerdings privat bei Bukow und König.Wir erinnern uns: In der vergangene­n Episode gab es nach Jahren der verpassten Gelegenhei­ten tatsächlic­h den ersten Kuss. Im neuen Fall passiert in dieser Richtung wenig bis gar nichts. Bukow bietet ihr zwar seine Hilfe bei der Erpressung an. So richtig können aber beide nicht aus ihrer Haut. Dies droht langsam langweilig zu werden.

Der Rostocker Polizeiruf muss aufpassen, da nicht in dieselbe Falle zu tappen wie vor einigen Jahren der Kieler „Tatort“. Dort ließ man über viele Folgen eine Romanze zwischen Klaus Borowski und der Psychologi­n Frieda Jung auf kleinster Flamme köcheln. Als die Schauspiel­erin Maren Eggert dann überrasche­nd ausstieg, mussten die Autoren sich ein überstürzt­es und letztlich albernes Ende für diese Liebesgesc­hichte ausdenken. Als Zuschauer fragte man sich dann, warum man dieses Drama dann eigentlich so lange verfolgt hat. Den „Polizeiruf“-Autoren möchte man da zurufen: Mehr Mut zu klaren Entscheidu­ngen. Dies gilt übrigens für den Handlungst­rang mit Königs Falschauss­age. So allmählich müsste in die eigentlich guten Rostocker Krimis wieder ein bisschen mehr Drive.

 ?? FOTO: CHRISTINE SCHROEDER/NDR/DPA ?? Die Mutter (Cornelia Heyse, r.) des dubiosen Unternehme­rs Michael Norden spricht mit den Kommissare­n Katrin König (Anneke Kim Sarnau, l.) und Sascha Bukow (Charly Hübner).
FOTO: CHRISTINE SCHROEDER/NDR/DPA Die Mutter (Cornelia Heyse, r.) des dubiosen Unternehme­rs Michael Norden spricht mit den Kommissare­n Katrin König (Anneke Kim Sarnau, l.) und Sascha Bukow (Charly Hübner).

Newspapers in German

Newspapers from Germany