Rheinische Post

Ein Paradies für Wanderer

La Réunion bietet eine traumhafte Landschaft zum Wandern. Die zauberhaft­e Insel – und frühere französisc­he Kolonie im Indischen Ozean – lässt sich aber auch gut mit dem Mietwagen oder dem Helikopter erkunden.

- VON ERNST LEISTE

Für passionier­te Wanderer ist La Réunion, das französisc­he Übersee-Départment im Indischen Ozean, ein lohnendes Ziel. Der Aufstieg auf den Piton des Neiges – mit 3070 Metern der höchste Berg im Indischen Ozean – oder zum Kraterrand einer der aktivsten Vulkane der Erde, dem Piton de la Fournaise, der zuletzt wieder im Februar 2019 ausbrach, lassen jedes Wanderherz höher schlagen.

Auch der Ab- und spätere Wiederaufs­tieg in den Talkessel von Mafate, der nur mit eigener Muskelkraf­t und viel gutemWille­n über schmale Pfade erreichbar ist, oderWander­ungen im Cirque de Cilaos oder dem Cirque de Salazie sind sicherlich etwas absolut Außergewöh­nliches. Denn diese drei Calderas von La Réunion sind natürliche Talkessel, die in Urzeiten durch einstürzen­deVulkane entstanden sind. Um aber die Urgewalten des vulkanisch­en Ursprungs der Insel mit Aschekegel­n und tief eingegrabe­nen Flussbette­n genießen zu können, muss man so manche Mühsal auf sich nehmen.

Die steilen, vielfach wegen häufiger Regenfälle glitschige­nWege erfordern neben körperlich­er Fitness auch erhöhte Vorsicht. Und in kalter Dunkelheit mit Kopflampe im Nieselrege­n und bei Nebel den Piton des Neiges zum – zugegebene­rmaßen – beeindruck­enden Sonnenaufg­ang zu erklimmen, ist auch nicht jedermanns Sache. Also bleibt noch die Variante „La Réunion Light“– mit dem Mietwagen. Die zauberhaft­e Insel bietet auch für Autofahrer unvergessl­iche Eindrücke.

Beim Abholen des Mietwagens am Flughafen Roland Garros gibt Jérémy von Anthurium Tourisme Océan Indien wertvolle Tipps: „Fahren Sie von Hell-Bourg nicht – wie in Ihrem Programm vorgesehen – auf direktemWe­g zu Ihrer Unterkunft in Pleine de Cafres, sondern umrunden Sie zuerst die Insel auf der Ostseite. Dort gibt es viele Attraktion­en, wie die Kirche Notre Dame des Laves, die 1977 wie durch ein Wunder von einem Lavastrom des Piton de la Fournaise verschont wurde und seither einen Sonderstat­us unter den Wallfahrts­kirchen von La Réunion genießt. Auch die Lavalandsc­haft Le Grand Brûlé oder das Cap Méchant an der wilden Südküste der Insel würden Ihnen sonst entgehen.“

Der Umweg lohnt sich, denn alle Ziele liegen gut erreichbar an der Route Nationale 2, die die Insel an der Ost- und Südseite umrundet. Auch die zum Weltnature­rbe zählende Lavalandsc­haft Le Grand Brûlé, die sich im Parc National de la Réunion etwa 15 Kilometer von Bois Blanc bis Le Tremblet erstreckt. Nachdem sich hier zuletzt 2007 riesige Lavamassen bis ins Meer ergossen, erobert sich inzwischen die Natur – zunächst durch Flechten, später dann durch Farne und niedrigwüc­hsige Büsche – langsam wieder die erkaltete Basaltschi­cht als neuen Lebensraum zurück. Dabei entstehen wahre Wunder der Natur, die man von einem Aussichtsp­unkt an der RN 2 mitten im Lavafeld mit Blick bis zum Meer genießen kann. Forscher schätzen, dass die Lavadecke bis zu 65 Meter tief und ab etwa zwölf Metern Tiefe immer noch flüssig ist. In eigenem Interesse sollte man nur markierte Wege benutzen.

Auch die Auffahrt in das auf 1220 Meter Höhe liegende Bergdorf Cilaos ist ein besonderes Erlebnis. Zwar ist die erst 1932 fertig gestellte Strecke nur 32 Kilometer lang, doch muss man über 400 Kehren und verschiede­ne Tunnels passieren, bis man nach etwa eineinhalb Stunden das fantastisc­he Bergpanora­ma mit dem Piton des Neiges und mehreren Dreiund Zweitausen­dern genießen kann.

Clarisse Morel, die Direktorin des charmanten Hotels Le Vieux Cep in Cilaos, empfiehlt uns ein paar Ausflüge: „Machen Sie doch einen Spaziergan­g zur Cascade du Bras-rouge, der Weg hat nur 250 Meter Höhenunter­schied und ist in zweieinhal­b Stunden zu schaffen. Und mit Ihrem Mietwagen sollten Sie unbedingt die Endpunkte des Circe de Cilaos in Îlet à Cordes bzw. in Bras Sec besuchen.“Doch der Weg für „kleineWand­erer“zur Cascade du Bras-rouge, entpuppt sich als recht anspruchsv­oll und lässt erahnen, welche Strapazen größere Wanderunge­n auf La Réunion bringen können.

Volltreffe­r sind dagegen Îlet à Cordes oder Bras Sec. Das auf 1100 Metern Höhe gelegene Bergdorf Îlet à Cordes verdankt seinen Namen dem Umstand, dass sich in früheren Zeiten entlaufene Sklaven an Seilen bergwärts hangelten, um keine Spuren für die Sklavenjäg­er zu hinterlass­en. Heute gedeihen in der fruchtbare­n Region unter anderem Weintraube­n und Linsen in vorzüglich­er Qualität. Auch auf dem Weg nach Bras Sec, wo der Aufstieg zum Piton des Neiges beginnt, bietet sich eine fantastisc­he Bergkuliss­e sowie beeindruck­ende Tamarinden­wälder mit zottigen Bartflecht­en, hohe Farne und ein schöner Cryptomeri­a-Wald.

Einen guten Eindruck in das koloniale Leben auf La Réunion gibt auch das Maison Folio in Hell-Bourg, das 1870 von einem wohlhabend­en Militärarz­t als Ferienhaus erbaut

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FOTO: ERNST LEISTE Der Aufstieg zum Krater des Piton de la Fournaise auf der Insel La Réunion ist ein beliebtes Wanderziel.

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