Rheinische Post

Mitten in der Corona-Krise erlebt Spanien noch einen Einschnitt ganz anderer Art – im Königshaus. Im Zuge eines neuen Skandals distanzier­t sich Felipe VI. öffentlich von seinem Vater. Der Grund: Er muss seinen eigenen Ruf wahren.

- VON CAROLA FRENTZEN

MADRID (dpa) Um die Beziehung zwischen König Felipe und seinem Vater Juan Carlos ist es schon lange nicht mehr zum Besten bestellt – das ist in Spanien kein Geheimnis. Zu viele Skandälche­n und ausgewachs­ene Skandale haben sich im Laufe der Jahre um den Altkönig und Lebemann gerankt, die dem rechtschaf­fenen und stets um das Ansehen des Königshaus­es besorgten Felipe ein Dorn im Auge waren. Aber dass jetzt sein eigener Name im Zusammenha­ng mit einer millionens­chweren Finanzaffä­re aufgetauch­t ist, hat bei dem Bourbonen das Fass zum Überlaufen gebracht: Am Sonntagabe­nd zog er die Notbremse und brach öffentlich mit seinem 82-jährigen Vater.

Die Nachricht kam wie ein Donnerschl­ag und lenkte das Land für kurze Zeit sogar von der Coronaviru­s-Krise samt landesweit­er Ausgangssp­erre ab: Der 52-Jährige kündigte an, auf das Erbe, das ihm später zustehen würde, gänzlich zu verzichten. Damit nicht genug: Juan Carlos wird zudem das Gehalt gestrichen – zuletzt waren das rund 194.000 Euro jährlich aus der Haushaltsk­asse der Casa Real.

„Die Krone muss die Würde der Institutio­n gewährleis­ten, ihr Ansehen bewahren und ein integres, ehrliches und transparen­tes Verhalten haben“, ließ der Zarzuela-Palast zur Begründung verlauten. Damit versuche das Haus Bourbon nicht nur, die Krone von jeglichem Korruption­svorwurf reinzuwasc­hen, sondern erkenne auch klar an, dass sich Juan Carlos möglicherw­eise eines Vergehens schuldig gemacht

Juan Carlos war 39 Jahre König von Spanien

Krönung Juan Carlos wurde am 22. November 1975 gekrönt und dankte am 18. Juni 2014 ab.

Familie Mit seiner Frau Sofia hat Juan Carlos drei Kinder: Elena, Cristina und Felipe. habe, kommentier­te das Blatt „La Vanguardia“.

Eine umstritten­e Elefantenj­agd in Afrika, mutmaßlich­e Seitensprü­nge, Vetternwir­tschaft bei einem großen Betrugsska­ndal rund um seinen Schwiegers­ohn Iñaki Urdangarin und andere Eskapaden hatten vor sechs Jahren zu seinem Thronverzi­cht geführt. Nun ermitteln die Justizbehö­rden in der Schweiz und in Spanien – allerdings genießt Juan Carlos zumindest bisher noch Immunität in seiner Heimat. Der Vorwurf: Er soll im Jahr 2008 millionens­chwere Schmiergel­der aus Saudi-Arabien kassiert haben. Das Geld stammte demnach vom mittlerwei­le verstorben­en saudischen König Abdullah, der dem damaligen spanischen Regenten 100 Millionen Euro überwiesen haben soll. Nun bewegt die Frage: War das ein „Geschenk“oder wurde dadurch möglicherw­eise der Bau einer Schnellbah­nstrecke von Medina nach Mekka durch ein spanisches Konsortium begünstigt?

Besonders heikel: Einem Bericht der britischen Zeitung „Telegraph“zufolge sollen sowohl Felipe als auch Kronprinze­ssin Leonor als Begünstigt­e einer Offshore-Stiftung auftauchen – offenbar ohne ihr Wissen. Deshalb sah sich der König jetzt gezwungen, die Flucht nach vorn anzutreten und seinen guten Namen reinzuwasc­hen, indem er klarstellt, dass er kein Geld aus demVermäch­tnis seines Vaters erben will.

Landesweit erntete er Anerkennun­g für den mutigen Vorstoß. „In seinen wenigen Amtsjahren hat er sein festes Engagement für den vorbildlic­hen Charakter der ersten staatliche­n Institutio­n unter Beweis gestellt“, lobte das renommiert­e Blatt „El Mundo“die „schwierige, aber unvermeidl­iche Entscheidu­ng“.

Vielleicht steht die drastische Reaktion Felipes auch in direktem Zusammenha­ng mit der Viruskrise, mutmaßten Kommentato­ren. Es herrscht Ausgangssp­erre, die Straßen sind wie leer gefegt, eine gespenstis­che Stille liegt selbst über Metropolen wie Madrid und Barcelona – für die lebenslust­igen Südländer ein fast unerträgli­cher Zustand.

Da hilft ihnen eine starke Führung, ein Monarch, zu dem sie aufschauen und dem sie vertrauen können, meinen manche. „In diesen schwierige­n Momenten, die das Land gerade durchmacht, können die Bürger sicher sein, einen vorbildlic­hen, ehrlichen und verantwort­ungsbewuss­ten König zu haben“, brachte ein Kommentato­r in „El Mundo“das Gefühl auf den Punkt.

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FOTO: JAVIER CEBOLLADA/EPA/EFE/DPA Felipe (l.), aktueller König von Spanien, hat nach einem neuen Skandal um seinen Vater Juan Carlos drastische Maßnahmen ergriffen.

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