Verdi für bezahlte Freistellung von Eltern
Die Schul- und Kitaschließungen werden zur Belastungsprobe für die Wirtschaft. Nach Angaben von Handwerkspräsident Andreas Ehlert ist in NRW mehr als jeder dritte Betrieb inzwischen direkt vom Virus betroffen.
DÜSSELDORF Die Schließung von Schulen und Kitas stellt Millionen berufstätige Eltern vor große Herausforderungen. Bei der Metro ist ein Mitarbeiter der Düsseldorfer Hauptverwaltung positiv auf das Coronavirus getestet worden. Deshalb würden mehr als 2000 Mitarbeiter am Campus in den nächsten zwei Wochen vorsorglich von zu Hause arbeiten, teilte der Konzern mit. Die Märkte der Metro und der Warenhauskette Real am Campus seien nicht betroffen und blieben geöffnet. Damit entspannt sich das Problem der Kinder-Betreuung zumindest für diese Eltern. Was andere Mitarbeiter angeht, gewährt die Metro bis zu drei Tage bezahlte Freistellung. Bei der Warenhauskette Real gibt es im Bedarfsfall zwei Tage Sonderurlaub, Samstage sind ausgenommen. Im Umfeld der Banken heißt es, dass möglicherweise Filialbesetzungen zusammengestrichen werden könnten und sich Mitarbeiter in den Niederlassungen abwechseln könnten. Die Commerzbank teilte mit, auch sie gewähre mehrere Tage mit bezahlter Freistellung.
Gewerkschaften finden das zu wenig. „Eltern, die morgens plötzlich vor verschlossenen Kita- oder Schultüren stehen, müssen sicher sein, dass die nun erforderliche Kinderbetreuung nicht zu einer Gefährdung des eigenen Arbeitsplatzes führt“, sagtVerdi-Chef Frank Werneke. Kulanzregelungen im Ermessen der Arbeitgeber reichten nicht aus. Stattdessen sollten Eltern zu Hause bleiben können, ohne dass dadurch Einkommen oder Arbeitsplatz gefährdet würden. Der Chef der IG Metall, Jörg Hofmann, sagte unserer Redaktion: „Die Corona-Pandemie darf nicht zu sozialen Verwerfungen führen, wir müssen ihr in gemeinschaftlicher gesellschaftlicher Verantwortung begegnen.“Die IG Metall erwarte, dass Eltern, die aufgrund der Schließung nicht arbeiten können, ihren Job behalten und dass ihre Einkommen umfassend gesichert werden. „Wir wollen dafür am Mittwoch mit den zuständigen Ministerien und unserem Sozialpartner Klarheit und Verlässlichkeit schaffen.“
Schützenhilfe bekamen beide vom Chef des Deutschen Beamtenbundes, Ulrich Silberbach. Insbesondere die Dienstherren und Arbeitgeber im öffentlichen Dienst hätten jetzt eine Vorbildfunktion. Er unterstrich, dass für alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes das Funktionieren des Staates an erster Stelle stehe – gerade in einer Krise wie der jetzigen. „Gleichwohl muss darüber gesprochen werden, wie sie alle möglichst gesund und ohne individuelle Einbußen durch diese schwere Zeit kommen.“Silberbach forderte insbesondere für die Berufsgruppen im Gesundheitsdienst und bei den Einsatzkräften, aber auch für Lehrkräfte und den Sozial- und Erziehungsdienst Sonderregelungen.
Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) wies die Vorstöße zurück:„Entscheidungen über Maßnahmen wie Schulschließungen zur Eindämmung des Ansteckungsrisikos obliegen den zuständigen örtlichen Behörden“, erklärte die BDA. Betriebe und Beschäftigte müssten dann Lösungen finden. In einer solchen Ausnahmesituation könne es keine Pauschalrezepte geben. Mobiles Arbeiten könne von Zuhause aus
möglich sein, der Abbau von Überstunden oder eine Freistellung. Was am besten sei, könne nur vor Ort im Betrieb beurteilt werden.
Handwerks-Präsident Andreas Ehlert erklärte, es sei bereits mehr als jeder dritte Betrieb direkt vom Coronavirus betroffen. Jeder Betrieb könne kurzfristig von Quarantänemaßnahmen oder Einschränkungen des öffentlichen Lebens betroffen sein. „Nachlassende Kundennachfrage und Umsatzrückgänge machen sich bereits jetzt in vielen Gewerken bemerkbar: vom Messebau bis zum Friseur“, sagte Ehlert. „Auch gesunde Unternehmen können schnell in ernste Liquiditätsprobleme geraten.“Umso wichtiger sei es, dass kleinen Unternehmen bei Kurzarbeit und durch Bürgschaften schnell und unbürokratisch geholfen werde. In vielen Fällen würden aber selbst Kredite nicht zielführend sein, da der Umsatz ja nicht nachgeholt werden könne. „Hier helfen nur direkte Zuschüsse.“
Die Stadt Duisburg kündigt an, Kita-Beiträge zurückzahlen zu wollen. Das gelte für alle Eltern, deren Kinder derzeit kein Notbetreuungsplatz angeboten werden kann.