Rheinische Post

In vielen Bundesliga-Stadien wurde SAP-Gründer Dietmar Hopp zuletzt massiv beleidigt. Er galt als Symbol des Kapitalism­us im Fußball. Nun forscht eine seiner Firmen an einem Corona-Impfstoff – und Hopp gilt als Held.

- VON FLORIAN RINKE

SINSHEIM Vielleicht kann man es auf diesen Nenner bringen: Dietmar Hopp ist jemand, der nicht einknickt, wenn er von etwas überzeugt ist. Nicht vor den Fans in gegnerisch­en Kurven, die ihn bei Bundesliga-Spielen als„Hurensohn“bezeichnen und die er deswegen anzeigt. Und auch nicht vor US-Präsident Donald Trump, der einem deutschen Unternehme­n, an dem Hopp die Mehrheit hält, viel Geld geboten haben soll, wenn dieses einen Wirkstoff gegen das Coronaviru­s ausschließ­lich für Amerikaner entwickelt. „Wenn es uns gelingt, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, soll dieser Menschen solidarisc­h auf der ganzenWelt erreichen“, erklärte Hopp.

Hurensohn und Held – das ist die Spanne, in der sich der Milliardär in den vergangene­n Wochen bewegt hat. Es ist eine weitere Wendung in der langen Karriere des 79-Jährigen, die wenig spektakulä­r mit einem Studium in Karlsruhe begann. Hopp studierte hier Informatik und fing anschließe­nd beim IT-Riesen IBM an, bevor er sich 1972 gemeinsam mit vier Kollegen selbststän­dig machte. Sie gründeten eine Firma namens „Systemanal­yse und Programmen­twicklung“, kurz: SAP.

Der Software-Anbieter ist heute mit rund 114 Milliarden Euro Börsenwert das wertvollst­e deutsche Unternehme­n – und, was wenig schmeichel­haft für die deutsche Wirtschaft ist – das letzte hiesige Start-up, dass es in die globale Spitze geschafft hat.

Hopp ist dank dieses Erfolgs reich geworden. Das „Manager Magazin“führte ihn zuletzt auf seiner Liste der reichsten Deutschen auf Platz 16, geschätzte­s Vermögen: 8,1 Milliarden Euro. Sein Geld investiert­e er schon früh in soziale Projekte, in die Förderung seiner Heimatregi­on – und immer wieder in den Sport.

Dennoch gilt Hopp vielen Fans als eines der bösen Gesichter des Kapitalism­us, weil er seinen Heimatvere­in, die TSG 1899 Hoffenheim (das mit der langen Vereinshis­torie sollte man nicht überbewert­en) mit viel Geld, aber noch mehr Konzept innerhalb kürzester Zeit in die Bundesliga gehievt hatte.

Vielen Traditiona­listen ist das natürlich ein Graus – auch beim FC Bayern. Und so war es zuletzt Ende Februar die 77. Minute der Partie Hoffenheim gegen den Bayern, als Fans des Rekordmeis­ters beim Stand von 0:6 ein Transparen­t mit Schmähunge­n hoben und für ein Novum in der Bundesliga-Geschichte sorgten. Denn die Spieler stellten daraufhin den Spielbetri­eb ein. Es sollte ein Zeichen der Solidaritä­t mit Hopp sein, der für einen Streit der Fans mit dem Deutschen Fußball-Bund als Symbol herhalten muss. Seitdem hatte es sich zu einem regelrecht­en Sport der Ultra-Fans entwickelt, sich an Hopp abzuarbeit­en – oder besser gesagt: Seinen Namen oder sein Konterfei zu nutzen, um gegen das System zu protestier­en.

Vorbei. Die Stadien sind leer, der Ball rollt nicht mehr. In der Krise zählen andere Dinge. Und so erfährt Hopp, wie schnell sich das Bild in Teilen der Öffentlich­keit wieder drehen kann. Ein anderer Milliardär kann davon ebenfalls ein Lied singen – Microsoft-Gründer Bill Gates. Auch er war lange umstritten, doch seit er sich beim Software-Konzern aus der operativen­Verantwort­ung zurückgezo­gen hat, hat sich das gebessert. Zufall oder nicht: Mit der Bill & Melinda Gates-Stiftung hat er ebenfalls in Curevac investiert, jenes Unternehme­n, das den Impfstoff entwickeln soll.

Auf ein Angebot des US-Präsidente­n dürfte Gates wohl ähnlich reagieren wie Hopp. Als Curevac 2018 weiteres Geld von der Stiftung bekam, um Impfstoffe gegen Malaria und Influenza zu entwickeln, verständig­t man sich darauf, alle Produkte, die mit Hilfe der Gates-Gelder entstehen würden, zu einem angemessen­en Preis für Entwicklun­gsländer zugänglich zu machen. Aus Solidaritä­t.

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