Gastronomen fürchten um ihre Existenz
Restaurants und Bistros haben kaum Besucher. Viele Inhaber würden schließen – wenn sie das Risiko nicht allein tragen müssten.
Zahlreiche Gastronomen in der Landeshauptstadt befürchten angesichts der Einschränkungen wegen des Coronavirus massive Probleme für ihre Betriebe. Die Lokale seien in den vergangenen Tagen bereits immer leerer geworden, mit Beginn dieserWoche blieben die Gäste dann fast komplett aus: „Man kann nicht einerseits den Menschen sagen, sie sollen zuhause bleiben und Kontakte vermeiden – und gleichzeitig uns sagen, wir sollen als Nahversorger der Bevölkerung geöffnet bleiben“, sagte Walid El Sheikh am Montag. Er sprach für eine Reihe bekannter Gastronomen in Düsseldorf, etwa Ralph Garden und Olaf Busch von Mangold und Löffelbar, Jennifer Hülsmann von der Brasserie Hülsmann, Nene Nooji vom Nooji und Martin Rapp und Kerstin Rapp-Schwan von den Schwan-Restaurants. Sie befürchten, bis Mitte kommenden Monats könnte der überwiegende Anteil der Gastronomen Insolvenz anmelden müssen.
Die Restaurant-Betreiber wünschen sich, dass der komplette Shutdown – wie für Schulen und Kitas, Schwimmbäder oder Sportvereine – auch für Restaurants gilt.„Wir wären alle bereit zu schließen“, sagen sie. Hintergrund: Müssen die Lokale per offizieller Verfügung dichtmachen, dann könnten die Betreiber auf einen Rettungsschirm hoffen, der ihre Verluste abfedert. So lange das aber nicht der Fall ist, lassen sie ihre Läden geöffnet – erfahren aber kaum Resonanz.
„Seit dem Wochenende sind die Betriebe leer“, sagte auch Kerstin Rapp-Schwan, Inhaberin der beliebten Schwan-Restaurants. An ihrem Standort am Burgplatz, erklärt die Gastronomin mit Blick auf das schöne Wetter am Montag, wäre es während eines normalen Tages rappelvoll: „Heute sind wir vielleicht bei acht, neun Gästen.“Erschwerend komme die neu erlassene Beschränkung auf höchstens 50 Gäste hinzu. „So viele kommen ohnehin nicht, aber unser Betrieb wäre auch mit 50 Gästen nicht wirklich aufrechtzuerhalten.“
Auch im Restaurant Nooij im Tanzhaus NRW stellt sich die Lage so dar – man habe am Montag rund zehn Prozent des Gästeaufkommens vom Montag davor verzeichnet, rechnet Johannes Nooij vor. Ein erstes Lokal in der Stadt, heißt es, habe bereits alle Mitarbeiter entlassen, bei den anderen türmen sich erstmals seit langem die Bewerbungen. Doch die Mitarbeiter weiter zu bezahlen, wird aus Sicht der Gastronomen eine der großen Herausforderungen der kommendenWochen sein: „Viele von uns haben jetzt erst einmal ihre Vermieter angeschrieben, weil sie die Miete nicht zahlen können.“
Oberbürgermeister Thomas Geisel bekräftigte am Dienstagnachmittag vor der Presse, dass Gastronomie-Betriebe mit eigener Küche geöffnet bleiben könnten. Bis zu 50 Gäste, die im Sitzen speisen und 1,50 Meter Abstand voneinander halten, könnten bedient werden. „Die Betriebe haben eine Versorgungsfunktion“, so Geisel. Die Bewirtung von Gästen an einem Tresen, wo sie nebeneinander stünden oder säßen, werde untersagt. Reine Trink-Kneipen ohne eigene Küchen, Eisdielen, Cafés etc. müssen schließen. Sitzgastronomie unter freiem Himmel, die die Regeln einhalte, sei im Einzelfall erlaubt.
Weil Messen und Events schon seit Wochen abgesagt werden, verzeichnet der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) ohnehin „desolate Buchungszahlen“, sagt Giuseppe Saitta, Vorsitzender des Verbandes in Düsseldorf. „Alles bricht weg“, sagt Saitta. Inzwischen würden immer mehr Reservierungen abgesagt, an Caterings für Firmenfeiern oder private Events sei nicht mehr zu denken. „Wir appellieren an die Regierung“, sagt Saitta, der Hilfe fordert, etwa die Mehrwertsteuer für Gastronomen von 19 auf sieben Prozent herabzusetzen.
„Viele Restaurant- und Hotelbetreiber haben schon Kurzarbeit angemeldet“, sagt Saitta weiter. Belastbare Zahlen zu Kurzarbeit oder Kündigungen wird die Agentur für Arbeit aber erst in den kommenden Wochen vorlegen können, sagt eine Sprecherin. Saitta hat durch seine Herkunft natürlich gute Kontakte nach Italien, bekommt viel mit von Familie und Geschäftspartnern.„Ich hoffe nicht, dass wir hier italienische Zustände bekommen“.Vielleicht, so Saitta, habe man in Deutschland Corona anfangs auf die leichte Schulter genommen,„vielleicht war es ein Fehler, Karneval zu feiern“.
Mit der Coronakrise hatte sich auch Düsseldorf Tourismus frühzeitig auseinandergesetzt, „denn sie betrifft viele unserer Arbeitsfelder – von Kongressen über Hotelbuchungen bis hin zu Events“, sagt Sprecherin Susanne Ruprecht. Die Hotellerie habe bundesweit gravierende Einbußen zu verzeichnen. Die Verschiebung der Beauty-und-TopHair-Messe in Düsseldorf hatte zur Stornierung zahlreicher Hotelpakete geführt. Man sei aber schon dabei, für den Nachholtermin neue Hotelpakete zu erstellen. Fest steht, „dass wir in diesem Jahr mit einem merklichen Rückgang der Touristenzahlen rechnen“, sagt Ruprecht.
Viele berufstätige Eltern versuchen in diesen Tagen nahezu verzweifelt, die Betreuung ihrer Kinder für die kommenden Wochen zu organsieren. Nicht jedes Unternehmen bietet Arbeit im Homeoffice an, nicht jeder Job kann auch von zu Hause aus erledigt werden. Großeltern kommen für die Betreuung wiederum nicht infrage, da sie zur Risikogruppe gehören. Da erscheinen Hilfsangebote in sozialen Netzwerken wie Facebook (etwa auf NettWerk Düsseldorf ) verlockend: Dort bieten private Nutzer an, sich um fremde Kinder zu kümmern und das teils sogar, ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen.Während die einen Eltern sich darüber freuen, reagieren andere entsetzt.
Die Stadt warnt vor solchen Angeboten.„Das Betretungsverbot von Kindertageseinrichtungen wurde installiert, um die weitere Verbreitung des neuartigen Coronavirus einzudämmen“, sagt eine Sprecherin. Es sei „nicht zielführend, nun neue Betreuungskonstrukte zu kreieren, die dann einer Verbreitung des Virus an anderer Stelle Vorschub leisten“. Zudem sei es „selbstverständlich nicht zu empfehlen, Kinder fremden Menschen zur Betreuung anzuvertrauen. Die damit verbundenen Risiken kämen zum Infektionsrisiko hinzu.“
Eine Meinung, die man beim Bundesverband des Kinderschutzbundes teilt. Wenn es darum gehe, Einkäufe für gefährdete Gruppen wie Senioren zu erledigen, sei das „sicher unproblematisch“, sagt Präsident Heinz Hilgers. Anders sehe das bei der Kinderbetreuung aus. Nicht nur aus epidemiologischer Sicht sei das„wenig sinnvoll“. In den vergangenen Jahren hätten die meisten Kitas und Ganztagsschulen Schutzkonzepte entwickelt, um „Gewalt an undVernachlässigung und Missbrauch von Kindern vorzubeugen“. „Bei fremden Menschen, die man zum Beispiel im Internet kennengelernt hat, sind diese Risiken nur schwer einzuschätzen“, meint Hilgers. Eltern sollten stattdessen prüfen, ob sich vielleicht Freunde oder Verwandte, die im Homeoffice arbeiten, um die Kinder kümmern könnten. Auch Nachbarn, die man schon gut kenne, könne man ansprechen.
CORONA-TICKER
Kliniken In der Düsseldorfer Uniklinik und bei den Kliniken von Sana in Gerresheim und Benrath gilt seit gestern ein temporäres Besuchsverbot. Bis auf Weiteres sind alle Besuchszeiten ausgesetzt, um Patienten und Mitarbeiter zu schützen. Eine Ausnahme gilt laut Sana nur bei ganz gravierenden Fällen.
Tafel Die Düsseldorfer Tafel stellt den Betrieb ein. Die Schließung aller Ausgabestellen ist bis 19. April terminiert. Die Bürgerstiftung will einspringen und Bedürftigen helfen. Bis zu 50.000 Euro stehen in einem Sonderfonds unter anderem für Einkaufsgutscheine bereit, auch soll Fiftyfifty geholfen werden. Institutionen und Initiativen können sich bei der Bürgerstiftung melden, Privatpersonen bitte nicht.
Awista Die Recylinghöfe Garath und Lohausen sind ab heute geschlossen, der am Flinger Broich soll geöffnet bleiben. Ebenfalls eingestellt werden die Grünschnittsammlung und der Einsatz des Schadstoffmobils.
Schützen Nach der Absage der Vennhauser Schützen haben jetzt auch die Vereine in Heerdt und Garath die Reißleine gezogen. Sie wollten rund um das zweite Mai-Wochenende feiern.
Trauerfeier Die Trauerfeier für den verstorbenen FDP-Politiker Burkhard Hirsch ist abgesagt. Sie sollte am 28. März in Oberkassel stattfinden. Mehr als 300 Besucher, darunter NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und FDP-Chef Christian Lindner, hatten ihre Teilnahme für die Feier in St. Antonius angekündigt. Der mit 89 Jahren verstorbene ehemalige NRW-Innenminister und Bundestags-Vizepräsident wird im engsten Familienkreis beigesetzt. Ein neuer Termin für die Trauerfeier soll bekanntgegeben werden, sobald dies wieder möglich ist.
Eingestellt Das Apollo Varieté stellt den Spielbetrieb bis zum 19. April ein. Tickets für Shows behalten ihre Gültigkeit und können umgebucht oder in einen Wertgutschein umgewandelt werden.
Verschoben Die Info-Veranstaltung zum Raumwerk D am Freitag hat die Stadt gestrichen. Für die erste Zukunftswerkstatt im Quartier Bohème waren Interaktionen und Diskussionen geplant. Bis der Ersatztermin feststeht, können die vier finalen Raumbilder ab 20. März auf der Projektseite www.duesseldorf.de/raumwerkd abgerufen werden. Dort kann man Anregungen hinterlassen.