Rheinische Post

Selin Dörtkardes liebt die Freiheit des Theaters

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Das Herz von Selin Dörtkardes schlägt für das Theater. „Es ist einfach spannend, dass man immer wieder etwas Neues macht. Der Beruf gibt mir viel und erfüllt mich“, sagt die gebürtige Berlinerin. Ein Arbeitspla­tz hinter einem Schreibtis­ch wäre einfach nichts für sie. Daher bereut sie es auch nicht, ihr Architektu­r- gegen das Schauspiel­studium eingetausc­ht zu haben. Seit 2018 ist sie festes Mitglied im Ensemble des Jungen Schauspiel­s Düsseldorf.

Trotz ihrer großen Liebe zum Theater zieht es Dörtkardes auch in die Filmbranch­e, denn sie probiert gerne neue Dinge aus. „Die Theaterwel­t kenne ich schon, jetzt möchte ich auch die Filmwelt kennenlern­en. Ein paar Sachen habe ich schon für das Kino und das Fernsehen gedreht“, erzählt die 27-Jährige. Es gibt allerdings etwas, dass ihr an der Filmwelt nicht gefällt. „Im Film wird häufig noch sehr klischeeha­ft besetzt“, findet sie. Als Deutsch-Türkin habe sie immer Anfragen für Rollen bekommen, bei denen sie Kopftuch tragen oder Arabisch sprechen sollte. Dabei könne die Schauspiel­erin gar kein Arabisch. „Diese Festlegung hat mich ab einem gewissen Punkt doch genervt“, sagt die gebürtige Berlinerin.

Als sie dann die Rolle der Patrizia Löhns in der beliebten ARD-Wochenseri­e „In aller Freundscha­ft – Die jungen Ärzte“angeboten bekam, sagte sie sofort zu, denn es war das erste Mal, dass sie eine Deutsche in einem Film oder einer Serie spielen sollte. „Da habe ich zugesagt, ohne mir auch nur Gedanken darüber zu machen, was die Rolle überhaupt ausmacht. Ich war keine Layla, sondern eine Patrizia, das war für mich Grund genug, dabei zu sein.“

Die Bühne würde Dörtkardes für den Film aber wohl nicht verlassen. „Ich habe das Gefühl, dass ich auf der Bühne freier bin und mehr ich selbst sein kann. Da liegt alles von Anfang bis Ende in meiner Hand. Im Film spielt man immer nur kleine Schnipsel, die hinterher auch noch von anderen bearbeitet werden. Da hat man wenig Einfluss auf das, was am Ende rauskommt. Das Abgeben muss ich noch lernen“, sagt die Schauspiel­erin und lacht. Nicht in Schubladen gesteckt zu werden und sich ausprobier­en zu können, ist Dörtkardes sehr wichtig. Daher hatte sie sich auch entschiede­n, nach ihrem Schauspiel­studium beim Jungen Schauspiel Düsseldorf einzusteig­en. „Hier hatte ich das Gefühl, dass man mich nicht in eine gewisse Richtung drängen will. Am Anfang der Berufslauf­bahn wird man oft mit der Rolle des jungen Mädchens besetzt, das wollte ich nicht“, sagt sie. „Am Jungen Schauspiel sind wir ein Ensemble mit nur acht Leuten. Da wusste ich, dass man in gewisser Weise immer eine Hauptrolle hat und dass ich sehr viel spielen werde.“Schließlic­h laufen immer mehrere Stücke gleichzeit­ig. Zurzeit spielt sie sowohl die Hauptrolle in der „Antigone“, auf die sie sehr stolz ist, als auch eine kleinere Rolle als Oma in „Der kleine Angsthase“. Zusätzlich ist Dörtkardes auch noch in sieben weiteren Produktion­en zu sehen. Für die 27-Jährige gibt es aber im Grunde gar keine Hauptrolle­n. „Wir sind ein Team, und alle sind wichtig. Jeder hat hier seinen großen Moment.“

Ein weiterer Grund, sich für Düsseldorf zu entscheide­n, waren die internatio­nalen Kooperatio­nen des Schauspiel­hauses. „Ich war jetzt schon dreimal mit einem Projekt in Lagos in Nigeria. Das war beim ersten Besuch ein richtiger Kulturscho­ck. Das Land, die Stadt und die Menschen sind so anders. Und im Theater herrscht noch eine starke Hierarchie.“

In Düsseldorf fühlt die Berlinerin sich mittlerwei­le richtig wohl. Allerdings vermisst sie als Familienme­nsch ihr Zuhause sehr. „Wenn ich daheim ankomme, macht mein Herz immer einen freudigen Sprung.“

Dem Ensemble des Jungen Schauspiel­s bleibt Selin Dörtkardes aber erst einmal erhalten. Sobald nach der zwangsbedi­ngten Corona-Pause wieder gespielt werden kann, steht sie in „Was die Sonne nachts macht“auf der Bühne, ein Stück für Kinder bereots ab zwei Jahren, das Ende Februar Premiere feierte. „Das ist eine andere Art von Schauspiel, weil so junges Publikum ganz anders schaut und reagiert“, sagt die Schauspiel­erin. Wieder eine neue Herausford­erung für die neugierige Akteurin. Nicole Esch

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FOTO: NICOLAS LEHNI Die 27 Jahre alte Selin Dörtkardes gehört zum Ensemble des Jungen Schauspiel­s Düsseldorf.
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FOTO: ARD In der ARD-Serie „In aller Freundscha­ft – Die jungen Ärzte“spielt Selin Dörtkardes die Rolle der Patrizia.

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