Rheinische Post

Von der politische­n Verantwort­ung

- VON MORITZ DÖBLER

enn die Dinge schiefgela­ufen sind, stellt sich in der Demokratie die Frage nach

politische­n Verantwort­ung. Das muss auch in der Corona-Krise erlaubt sein – ja, es ist angesichts deren Dimension sogar zwingend geboten. Schon jetzt lässt sich einiges erkennen, was schiefgela­ufen ist. In NRW geht es um den Landkreis Heinsberg, in dem nach einer Kappensitz­ung mit 300 Gästen die ersten Fälle auftraten und der für einige Zeit ein Zentrum der Infektione­n darstellte.

Für ganz Deutschlan­d werden jetzt immer drakonisch­ere Maßnahmen diskutiert, bis hin zu Ausgangssp­erren. Im Landkreis Heinsberg gibt es Ausgangssp­erren bis heute nicht, das Gebiet wurde nie abgeriegel­t, Testkapazi­täten waren knapp. Es wurden also nicht annähernd alle Möglichkei­ten ausgeschöp­ft, um die bekannterm­aßen exponentie­lle, also rasend schnelle Ausbreitun­g desVirus zu verhindern. Liegt die politische Verantwort­ung dafür bei Landrat Stephan Pusch?

Eher nicht, er handelte nach bestem Wissen und Gewissen. Aber die Landesregi­erung hat ihn im Stich gelassen, vermutlich, weil sie die Gefahrenla­ge unterschät­zte, obwohl es in China und Italien genug Anschauung gab. In der Bekämpfung der Pandemie ging und geht es darum, ihreVerlau­fskurve abzuflache­n, und das wäre vor zwei, dreiWochen leichter möglich gewesen als heute. Es ist also am Anfang zu wenig getan worden, in NRW und wohl auch im Bund. Die Feststellu­ngen von Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn holte tagtäglich die Realität ein. Am Anfang zu wenig und nun vielleicht zu viel: DennWirtsc­haft und Gesellscha­ft kommen in nie dagewesene­r Weise für unbestimmt­e Zeit zum Erliegen. Im Rückblick lässt sich vieles leicht sagen, wohl wahr. Aber es wäre mindestens verfrüht, wahrschein­lich sogar grundfalsc­h, das Krisenmana­gement in NRW und im Bund zu feiern.

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