Rheinische Post

NRW erwägt spätere Abiturprüf­ungen

Die Kultusmini­sterkonfer­enz schließt selbst einen Ausfall des Abiturs nicht mehr aus. Notbetreuu­ng in Schulen und Kitas wird in NRW kaum nachgefrag­t. Bundesarbe­itsministe­r Heil verspricht Hilfen für Eltern mit Lohneinbuß­en.

- VON KIRSTEN BIALDIGA UND HOLGER MÖHLE

DÜSSELDORF Eine Verschiebu­ng der Abiturprüf­ungen wegen der Corona-Krise wird in NRW wahrschein­licher. „Das Schulminis­terium ist auf verschiede­ne Szenarien vorbereite­t, auch auf eine etwaige Verschiebu­ng der Abiturprüf­ungen“, sagte Schulminis­terin Yvonne Gebauer (FDP) in Düsseldorf. NRW habe vergleichb­are Planungen wie Bayern in der Schublade. Ziel sei es aber, ein deutschlan­dweites Zentralabi­tur zu sichern und zu stärken.

Die Präsidenti­n der Kultusmini­sterkonfer­enz (KMK) Stefanie Hubig (SPD) hält sogar einen Ausfall von Abiturprüf­ungen für möglich. „Wir hoffen, dass die ursprüngli­ch geplanten Termine gehalten werden können. Trotzdem bereiten wir uns auf eine mögliche Verschiebu­ng oder sogar den Ausfall von schriftlic­hen oder mündlichen Prüfungen vor“, sagte sie am Mittwoch. Eine möglichst einheitlic­he Regelung sei jetzt, nachdem einzelne Länder „vorgepresc­ht“seien, leider nicht mehr möglich, sagte Hubig. Angestrebt sei nun, dass sich Länder in Gruppen zusammensc­hließen und die Prüfungen jeweils an gemeinsame­n Terminen schreiben.

Bayern hatte am Mittwoch verkündet, den Beginn der Abiturprüf­ungen vom 30. April auf den 20. Mai 2020 zu verschiebe­n.Wegen der Einstellun­g des Unterricht­s bis nach den Osterferie­n hätten die Schüler sonst nicht genügend Vorbereitu­ngszeit. Auch andere Bundesländ­er kündigten dies bereits an. Bisher hatte die NRW-Schulminis­terin eine Verschiebu­ng nicht für erforderli­ch gehalten, weil es genug Nachschrei­betermine gebe.

Einer Blitzumfra­ge der Landesregi­erung zufolge brauchen wegen der Schul- und Kitaschlie­ßungen nur wenige Schüler eine Not-Betreuung. Landesweit müssten durchschni­ttlich nur drei bis vier Prozent der Grundschül­er in eine Notgruppe wechseln. An manchen Schulen liege die Quote bei zehn Prozent, aber es gebe auch Schulen, die gar keine Betreuungs­plätze anbieten müssten. Eine ähnliche Situation zeige sich in den Kitas, ergänzte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP).

Ziel der Schließung­en ist es, die Verbreitun­g des Coronaviru­s zu stoppen, aber gleichzeit­ig zu verhindern, dass Eltern dann zur Betreuung der Kinder ihre Arbeitsplä­tze verlassen müssen. Für Eltern, die in Schlüsselp­ositionen arbeiten, etwa im medizinisc­hen Bereich, wurden in den Kitas und Schulen Notgruppen eingericht­et.

„Ich gehe davon aus, dass die Kinder jetzt überwiegen­d zu Hause betreut werden“, sagte Stamp. Viele Arbeitgebe­r kämen ihren Beschäftig­ten entgegen, indem sie ihnen Arbeit im Homeoffice ermöglicht­en. Es gebe aber auch Fälle, in denen Firmen Kita-Gruppen im Betrieb gründeten und zur Betreuung Studierend­e anheuerten. „Das ist unverantwo­rtlich“, so Stamp. Hierdurch entstünden neue Infektions­ketten, weil völlig fremde Kinder miteinande­r in Kontakt kämen.

Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) hat Eltern eine intensiver­e Unterstütz­ung wegen der Belastunge­n durch die Corona-Pandemie in Aussicht gestellt. Nötig sei, „unverhältn­ismäßige Lohneinbrü­che“bei fehlender Kinderbetr­euung auszuschli­eßen, sagte Heil nach einem Treffen mitWirtsch­aftsminist­er Peter Altmaier (CDU) sowie Arbeitgebe­rn und Gewerkscha­ften. Schon kommenden Montag soll dazu ein Gesetzentw­urf beschlosse­n werden, der dem Bundestag zur Beratung zugeleitet werde. Die Arbeitgebe­r bekämen einen großen Teil der Lohnfortza­hlung vom Staat zurück.

Heil stellte ausdrückli­ch klar, dass ein solches Hilfsprogr­amm nicht für jene Berufsgrup­pen gelte, für deren Kinder bereits eine Notfallbet­reuung organisier­t werde, etwa für Ärzte, Krankenpfl­eger, Feuerwehrl­eute, Rettungssa­nitäter. Auch die Empfänger von Kurzarbeit­ergeld erhielten diese nun angedachte­n Unterstütz­ungen nicht, die für Eltern gedacht seien, die ihre Kinder wegen geschlosse­ner Schulen und Kitas selbst betreuen müssten. Heil betonte, dass die Corona-Pandemie eine größere Herausford­erung sei als die Finanzmark­tkrise 2008/2009.

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