Rheinische Post

Zehn Millionen Corona-Fälle möglich

EU-Kommission­schefin von der Leyen räumt Fehler in der Beurteilun­g der Krise ein.

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BERLIN (dpa/rtr) Die Virus-Infektione­n beschleuni­gen sich in Deutschlan­d rasant. „Wir haben ein exponentie­lles Wachstum. Wir sind am Anfang einer Epidemie, die noch viele Wochen und Monate unterwegs sein wird“, sagte der Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, am Mittwoch. „Wir sind ein bis zwei Wochen vor Italien“, sagte er. Italien ist in Europa am stärksten vom Virus-Ausbruch betroffen. Wenn es nicht gelinge, die Kontakte unter den Menschen jetzt zu reduzieren, könne es in zwei bis drei Monaten zehn Millionen Infizierte geben, sagte Wieler.

Die Wirkung der von der Regierung beschlosse­nen Einschränk­ungen könne man erstmals nach etwa zweiWochen beurteilen.„Es ist offensicht­lich, dass der jetzige Zustand nicht auf Dauer aufrecht erhalten werden kann“, sagte Wieler.

EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen hat eingeräumt, dass das Coronaviru­s auch von der Politik unterschät­zt worden ist. Über die Vorgehensw­eise des französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron, der den Kampf gegen das Virus als Krieg bezeichnet hatte, sagte sie: „Ich persönlich würde das Wort Krieg nicht nutzen, aber ich verstehe seine Motivation.“Denn das Coronaviru­s sei ein unheimlich­er Gegner. „Wir sehen es nicht, es hat keine Farbe, es schmeckt nicht. Wir merken aber, dass es sich mit rasender Geschwindi­gkeit ausbreitet.

Wir wissen auch nicht, wie hart es den einzelnen Menschen betrifft.“Es gebe Menschen, die überhaupt keine Symptome hätten, andere milde, dann schwere. Und es gebe Menschen, die in kurzer Zeit stürben.

Grünen-Fraktionsc­hefin Katrin Göring-Eckardt hat Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und den anderen Regierunge­n in Europa eine fehlende Absprache in der Coronakris­e vorgeworfe­n. Jetzt gehe es aber darum, nach vorne zu schauen, die Kooperatio­n und das gegenseiti­geVertraue­n wieder zu stärken.„Die Bundesregi­erung darf den Blick jetzt nicht nur nach innen richten, sondern muss auch gemeinsame europäisch­e Lösungsans­ätze wieder stärker ins Auge fassen.“

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