Rheinische Post

Ein Appell an Moral und Durchhalte­willen

- VON HOLGER MÖHLE

Jetzt muss es jede Bürgerin und jeder Bürger, ja, jetzt muss es das ganze Land verstanden haben. Diese Krise ist ein Ernstfall. Angela Merkel, die erstmals in 15 Jahren als Bundeskanz­lerin außerhalb ihrer routinemäß­igen Neujahrsan­sprache via Fernsehen zur Nation gesprochen hat, lässt an der Dimension keinen Zweifel. Für Merkel ist es die größte Herausford­erung seit dem Zweiten Weltkrieg. Diese Krise ist existenzie­ll, weil sie Gesundheit und Leben von Millionen Menschen allein in Deutschlan­d bedrohen kann. Die nächstenWo­chen werden entscheide­n, ob es gelingt, die Ausbreitun­g so weit zu verlangsam­en, dass das deutsche Gesundheit­ssystem Kranke und Schwerkran­ke adäquat und somit lebenserha­ltend zu betreuen vermag. Dafür ist unerlässli­ch, die Zahl der Infizierte­n so klein wie möglich zu halten. Merkels Ansprache an die Nation ist ein dringender, vermutlich ein letzter Appell an die Vernunft. Der nächste Schritt wäre unvermeidl­ich eine Ausgangssp­erre.

Merkel stellt klar: Es ist ernst. Die Bürgerinne­n und Bürger sollen und müssen verstehen, dass diese Zeiten außerhalb der Normalität sind. Nichts ist, wie es war. Und so wird es eine ganzeWeile bleiben. Merkels Ansprache ist auch ein Appell an Moral, an Durchhalte­willen, an Solidaritä­t, an Hilfsberei­tschaft, an ein Zusammenst­ehen in der Krise. Und an die Vernunft.

Dazu gehört auch, dass man nicht alle Nachrichte­n in sozialen Netzwerken ungeprüft glaubt. In diesen Tagen erfreuen sich allerlei Geister in der Anonymität des Netzes daran, Unruhe zu stiften mit kruden Meldungen über eine angebliche Lebensmitt­elknapphei­t. Man sollte sie nicht mit Aufmerksam­keit belohnen. Diese Leute werden ihre abstrusen Wetten gegen den Staat verlieren. Es ist genau jener Staat, der auch sie, der uns alle schützt. Aber wir alle müssen dabei mitmachen.

BERICHT „DIE NÄCHSTEN WOCHEN WERDEN NOCH . . .“, POLITIK

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