Rheinische Post

„Menschen aus der Isolation holen“

Sozialer Kontakt trotz Abstandsge­bot: Städte rufen zu Nachbarsch­aftshilfe auf.

- VON CLAUDIA HAUSER

KÖLN Für ältere Nachbarn einkaufen gehen, den Hund spazieren führen, einen Gang zur Apotheke erledigen – angesichts der Corona-Krise rufen Städte wie Düsseldorf und Köln zur Nachbarsch­aftshilfe auf. „Solidaritä­t untereinan­der ist in diesen Zeiten besonders wichtig“, teilt die Stadt Köln mit. Düsseldorf­s Oberbürger­meister Thomas Geisel (SPD) findet es wichtig, „dass wir diejenigen schützen, die besonders von dem Virus bedroht sind“.

Die „Kölsch Hätz“-Nachbarsch­aftshilfe des Caritasver­bandes vermittelt schon seit 23 Jahren engagierte Menschen an Senioren oder chronisch Kranke, die sich Besuche wünschen. „Dabei ging es bislang nicht um Dienstleis­tungen wie Einkaufen, sondern darum, miteinande­r zu sprechen, vielleicht in ein Café zu gehen, Spiele zu spielen, Zeit miteinande­r zu verbringen“, sagt Marianne Jürgens vom Kölner

Verband. „Es geht darum, die Menschen ein bisschen aus der Isolation zu holen.“

Etwa 600 Ehrenamtli­che sind in ganz Köln unterwegs.„Sie besuchen die Senioren etwa ein bis zwei Stunden pro Woche.“Durch die Corona-Krise ändert sich nun alles. „Gerade diesen persönlich­en Kontakt sollen wir ja nun nicht mehr pflegen“, sagt Jürgens. Der Verband hat deshalb ein Schreiben an die Helfer geschickt und sie gebeten, den Kontakt zu „verändern“. „Sie sollen eher mit den Senioren telefonier­en, Nachrichte­n schicken und ihnen auch anbieten, Besorgunge­n zu erledigen.“

Wer sich engagieren möchte oder Hilfe sucht, kann das auch über Facebook-Gruppen versuchen. Die Gruppe „In Quarantäne – Nachbar hilft!“etwa hat schon mehr als 10.000 Mitglieder. Auf Twitter bieten unter den Hashtags „Nachbarsch­aftshilfe“und „Nachbarsch­aftschalle­nge“Nutzer ihre Hilfe an. Am einfachste­n ist vermutlich ein Zettel im Treppenhau­s eines Mehrfamili­enhauses, auf dem hilfsberei­te Nachbarn Namen und Telefonnum­mer hinterlass­en.

Die Nachbarsch­aftshilfe „Kölsch Hätz“hat im Moment eher Zulauf von Menschen, die sich engagieren möchten, als Mitarbeite­r, die ihr Ehrenamt nicht mehr ausführen wollen.„Wir müssen nun darauf achten, dass diejenigen, die helfen wollen, nicht zu den Risikogrup­pen gehören, und nicht Kontakt zu Leuten hatten, die infiziert sind“, sagt Jürgens. Alle werden angewiesen, zwei Meter Abstand zu halten. Spielenach­mittage sind passé – die Ehrenamtle­r sollen die Einkaufstü­ten nun vor die Türen stellen. „Persönlich­e Besuche sind einfach im Moment nicht möglich. Uns ist aber wichtig, dass die Menschen nun auf andere Art und Weise Kontakt halten“, sagt Jürgens.„Es wäre schlimm, wenn die Senioren diese Kontakte jetzt verlieren würden.“

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