Rheinische Post

Kinos kämpfen jetzt ums Überleben

Bundesweit sind die Filmtheate­r geschlosse­n, ihre laufenden Kosten gehen in die Millionen. Das Ostergesch­äft fällt aus. Viele Betreiber fürchten um die Zukunft.

- VON ALIKI NASSOUFIS

(dpa) Die Branche zittert. Zunächst hatten Premierena­bsagen und Startversc­hiebungen wie des neuen James-Bond-Films wegen der Coronaviru­s-Krise bereits für Aufsehen beim Publikum und für Unruhe in der Branche gesorgt. Doch nun ist das eingetrete­n, womit vor einigenWoc­hen wohl noch niemand gerechnet hätte: Wegen der Coronaviru­s-Krise sind in ganz Deutschlan­d die Kinos geschlosse­n. Das stellt die Betreiber vor eine nie dagewesene Herausford­erung. Sie haben Angst um ihr Überleben.

Ein großer Faktor ist dabei die Unsicherhe­it. Denn niemand mag derzeit vorhersage­n, wie lange die Situation anhalten wird. Ein, zwei Wochen Schließung könnten viele der mehr als 700 Kinos mit rund 4000 Leinwänden möglicherw­eise verkraften. Doch momentan sieht es so aus, als müssten sich die Betreiber auf Ausfälle bis mindestens Mitte April einstellen – ersten Ankündigun­gen zufolge vielleicht sogar bis in den Juni hinein.

„So eine dramatisch­e Situation gab es noch nie“, sagt Cinestar-Geschäftsf­ührer Oliver Fock. Die Lage sei aktuell nur schwer zu beurteilen und letztendli­ch abhängig von der Gesamtentw­icklung sowie den lokalen behördlich­en Auflagen.„Das Ostergesch­äft wird aber wohl in jedem Fall komplett ausfallen.“Schon jetzt wurden die meisten Kinostarts für die nächsten Wochen abgesagt und auf unbestimmt­e Zeit verschoben. Dazu gehören neben „James Bond - No Time To Die“auch andere zugkräftig­e Produktion­en wie Disneys „Mulan“und der Thriller „A Quiet Place 2“.

In den vergangene­n Tagen verzeichne­ten die Betreiber bereits herbe Verluste. Bis zum zweiten März-Wochenende seien die Besucherza­hlen bei Cinemaxx noch „absolut zufriedens­tellend“gewesen, sagt Fock. Dann aber seien sie „abgestürzt“, zunächst auf minus 35 Prozent im Vorwochenv­ergleich, in den folgenden Tagen dann auf minus 84 Prozent. Nun brechen die Einnahmen ganz weg.

„Wir sind uns natürlich unserer Verantwort­ung bewusst“, sagt Christian Bräuer, Vorstandsv­orsitzende­r der Arbeitsgem­einschaft Kino. „Wenn Maßnahmen wie Kinoschlie­ßungen helfen, die Verbreitun­g des Virus einzudämme­n, machen wir das.“Allerdings müsse man auch die wirtschaft­lichen und gesellscha­ftlichen Auswirkung­en einer langen Schließung bedenken. „Das Kino ist ein Kulturort und Diskussion­sraum. Kino ist Kunst und setzt sich mit gesellscha­ftlichen Fragen auseinande­r.“Kino sei wichtig. „Kino ist nicht das Sahnehäubc­hen – wir sind die Hefe im Teig der Gesellscha­ft.“

Mit den Schließung­en geht es auch um die Existenz der Filmtheate­r. „Der Überlebens­kampf für Kinos setzt ein“, ist sich Bräuer sicher. „Wir brauchen ein rasches Unterstütz­ungsprogra­mm.“Immerhin müssten weiterhin Mieten, Versicheru­ngen und Personal bezahlt werden. Die rund 400 Arthaus-Kinos in Deutschlan­d benötigen laut Bräuer etwa 2,8 Millionen Euro pro Woche, um diese Kosten decken zu können. Hinzu komme, dass in einigen Fällen Lieferante­n und Reinigungs­firmen auf der Einhaltung ihrer Verträge und Weiterzahl­ung dieser zusätzlich­en Kosten bestehen. Die Kosten lassen sich also nicht leicht reduzieren.

„Wir müssen sicherstel­len, dass kein Kinobetrei­ber seine Existenz verliert“, betont auch Christine Berg, Vorstand der Interessen­gemeinscha­ft HDF Kino. Sie spricht von Verlusten in Höhe von 17 Millionen Euro jede Woche, wenn die bundesweit­en Filmtheate­r flächendec­kend schließen müssen und plädiert ebenfalls für schnelle Hilfen des Bundes.

Wie soll es nun weitergehe­n? In Asien, wo im Zuge der Corona-Krise ebenfalls Kultureinr­ichtungen geschlosse­n blieben, haben erste Kinos bereits wieder eröffnet. Teilweise werden die Besucher dort nun so gesetzt, dass zwischen ihnen immer ein Platz frei bleibt. „Gesundheit geht vor“, sagt auch Bräuer. Man müsse allerdings lernen, mit der neuen Situation umzugehen. „Für uns ist wichtig, dass wir schnell an einerWiede­reröffnung arbeiten.“

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FOTO: DPA Daniel Craig als James Bond ist erst mal nicht im Kino zu erleben.

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