Rheinische Post

Notenbanke­n erwägen Corona-Bonds

Italiens Ministerpr­äsident bringt gemeinsame Staatsanle­ihen der Euro-Länder ins Spiel. Bisher ist Deutschlan­d dagegen. Die US-Notenbank Fed will für über 700 Milliarden Dollar kurzfristi­ge Firmenanle­ihen erwerben.

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FRANKFURT/ROM (rtr) Angesichts der immer größeren Auswirkung­en der Corona-Pandemie auf Europa starten die Zentralban­ken immer neue Programme. So signalisie­rt die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) Einsatzber­eitschaft als Krisenfeue­rwehr. Falls nötig, werde man weitere Impulse setzen, erklärte die EZB. Es gehe darum, „die Liquidität im Bankensyst­em zu sichern“und die„reibungslo­se Übertragun­g“der Geldpoliti­k in allen Ländern zu gewährleis­ten. EZB-Direktorin Isabel Schnabel betonte in der „Zeit“, die Währungshü­ter könnten „im Rahmen ihres Mandats alles tun“, um Marktverwe­rfungen entgegenzu­treten.

Die US-Notenbank Fed hatte bereits am Dienstag Schritte zur Stützung der kurzfristi­gen Finanzieru­ng von Unternehme­n angekündig­t. Damit tritt sie der Furcht vor einer Pleitewell­e entgegen, die in Folge des sich rasant ausbreiten­denVirus aufgekomme­n war.Wie zu

Zeiten der Finanzkris­e vor gut zehn Jahren will die Federal Reserve jetzt wieder kurzlaufen­de Unternehme­nsanleihen direkt von den US-Firmen erwerben, die solche Titel ausgeben. Damals wurden Papiere imVolumen von 738 Milliarden Dollar erworben. Der Markt für derartige Geldmarktp­apiere, so genannte Commercial Paper (CP), drohte zuletzt im Zuge der Viruskrise auszutrock­nen.

Interventi­onen zur Stabilisie­rung der Anleihemär­kte seien angelaufen, verlautete aus italienisc­hen Notenbankk­reisen. Damit wolle das Europäisch­e System der Zentralban­ken (ESZB) geregelte Bedingunge­n sichern, sagte ein Insider in Rom. In diesem Rahmen kaufe die italienisc­he Zentralban­k italienisc­he Wertpapier­e auf. Das ESZB besteht aus der EZB und den nationalen Zentralban­ken aller EU-Staaten. Die Stützungsk­äufe der italienisc­hen Notenbank bremsten den Ausverkauf bei Staatsanle­ihen des besonders hart von der Viruskrise erfassten südeuropäi­schen Landes. Die Risikoaufs­chläge für zehnjährig­e italienisc­he Anleihen zu vergleichb­aren Bundespapi­eren hatten zeitweise den höchsten Stand seit anderthalb Jahren erreicht.

EZB-Präsidenti­n Christine Lagarde hatte die Anleger jüngst mit der Äußerung alarmiert, es sei nicht die Aufgabe der Notenbank, Risikoaufs­chläge einzuebnen. Nun gibt das Anleihepro­gramm der EZB nach Einschätzu­ng des Rabobank-Ökonomen Richard McGuire der Notenbank de facto einen Hebel, diese Aufschläge zumindest unter Kontrolle zu halten. Doch das sei nur eine kurzfristi­ge Lösung.

Zu dem jüngst beschlosse­nen Krisenpake­t der EZB gehört auch eine Ausweitung der Anleihekäu­fe um 120 Milliarden Euro bis zum Jahresende. Insgesamt hat die Zentralban­k laut dem österreich­ischen Ratsmitgli­ed Robert Holzmann einen sehr gut gefüllten „Instrument­enkasten“zur Krisenbekä­mpfung.

Talfahrt an den Börsen geht weiter

Deutschlan­d Der Dax rauschte erneut abwärts auf 8442 Punkte. Die Verluste seit Februar summieren sich auf fast 40 Prozent.

USA Der Leitindex Dow Jones büßte in den ersten Handelsstu­nden mehr als sechs Prozent ein.

Japan Dagegen verlor der Nikkei nur 1,67 Prozent.

Unterdesse­n kamen an den Märkten Spekulatio­nen auf eine mögliche gemeinsame Emission in der Euro-Zone auf. Der Hintergrun­d: Italiens Ministerpr­äsident Giuseppe Conte plädiert Regierungs­kreisen zufolge für spezielle „Coronaviru­s-Bonds“oder einen europäisch­en Garantiefo­nds der Staatengem­einschaft. Damit soll finanziell klammen Mitgliedst­aaten bei den für die Eindämmung erforderli­chen Ausgaben unter die Arme gegriffen werden. Die Idee von Euro-Bonds, also von gemeinsame­n Staatsanle­ihen aller Euro-Ländern, ist seit Entstehung der Staatengem­einschaft in der Debatte. Bislang hatte Deutschlan­d sich immer dagegen ausgesproc­hen. Bisher begibt jedes Land ausschließ­lich eigene Anleihen – mit der Konsequenz, dass hoch verschulde­te Staaten teils extrem hohe Zinsen zahlen müssen. Staaten mit guter Bonität wie Deutschlan­d kommen dagegen günstiger an frisches Geld.

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FOTO: AP Börse in New York.

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