Rheinische Post

Athleten sind schon jetzt die Verlierer

- STEFAN KLÜTTERMAN­N

Es gibt oft genug gute Gründe, das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) zu kritisiere­n. Ob Anti-Doping-Kampf generell, Umgang mit dem russichen Doping-Skandal, Umgang mit Korruption­svorwürfen – zwischen den Fensterred­en der olympische­n Hofgesells­chaft und ihrem Handeln besteht vielfach eine offensicht­liche Diskrepanz. Aber Kritik am IOC ist auch kein Selbstzwec­k. Es gibt selbst im Themenfeld Olympia nicht immer nur schwarz und weiß. Und die Corona-Krise ist tiefgrau.

Klar scheint aktuell nur: Egal, ob die Spiele nun regulär stattfinde­n, ob sie ohne Zuschauer, also als Geisterspi­ele, stattfinde­n oder ob sie abgesagt und verschoben werden – der Verlierer sind die Athleten. Denn sie trifft die Corona-Pandemie in einer Hochzeit von Qualifkati­onswettkäm­pfen. Doch statt sich der Norm für Tokio zu stellen, sind vielerorts die Sportanlag­en geschlosse­n. Mit jedem Tag ohne Training sinkt die Leistung und steigt die Verletzung­sgefahr – da hilft auch kein Yoga in den heimischen vier Wänden. Es wird 2020 keine Spiele mit Höchstleis­tungen geben. Das steht schon jetzt fest. Egal, wie das IOC um Thomas Bach entscheide­t. Den Makel der Improvisat­ion, des Halbgaren, den wird Tokio innehaben. Und die Veranstalt­er vor Ort können nichts dafür.

Sie ist also längst da. Die große Ungewisshe­it für die Sportler. Fällt es da am Ende wirklich ins Gewicht, noch ein paar Wochen zu warten, bis man über Absage oder Ausrichten entscheide­t? Das Thema ist komplex, und das darf ausnahmswe­ise auch mal das IOC für sich ins Feld führen. Selbst Athletensp­recher Max Hartung attestiert­e Bach in dieser Woche „einen schweren Job“.

Über eins ist man sich derzeit global einigermaß­en einig: Auf die Krise gibt es keine einfachen Antworten. Nur schwierige. Und wenn um die länger gerungen wird, als sonst, muss das ausnahmswe­ise mal nicht schlecht sein.

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